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      Erneut weinte Signora Angelo los.

      Paola konnte es nicht mehr mit ansehen und brach die Befragung ab.

      »Signora Angelo, Sie wollen doch bestimmt zu Ihrer Tochter?«

      Die Signora weinte noch immer, dennoch nickte sie hinter ihrem Taschentuch hervor. »Sì!«

      »Können Sie Ihren Mann telefonisch erreichen?«

      Signora Angelo schaute auf die Uhr.

      »Er müsste eigentlich gleich nach Hause kommen. Wieso?«

      »Wir sehen doch wie stark sie das alles belastet, dürfen wir Sie zum Krankenhaus bringen?«

      In dem Moment drehte sich ein Schlüssel im Schloss und eine Stimme war zu hören: »Ciao, ihr Beiden! Ich habe mich beeilt, wo seid ihr… «

      Signor Angelo stand im Türrahmen zur Küche und schaute die beiden Polizistinnen fragend an. Paola und Maria erhoben sich von ihren Stühlen, zückten ihre Dienstausweise und Paola stellte sich und ihre Kollegin vor.

      »Buonasera, Signor Angelo, mein Name ist Commissario Rossi, das ist meine Kollegin Ispettore Nero. Wir sind die ermittelnden Beamten im Überfall auf Ihre Tochter Clarissa.«

      Sofort schossen Signor Angelo Tränen in die Augen, er schwankte. Paola hatte Sorge, dass er umfallen könnte. Sie nahm den Stuhl, auf dem sie zuvor gesessen hatte und schob ihn Signor Angelo unter.

      »Setzen Sie sich erst einmal.«

      Paola schaute zu Ispettore Nero und zeigte auf die Flasche Wasser. Maria verstand sofort, was sie meinte, goss in einem sauberen Glas etwas Wasser ein und reichte es dem Vater. Signor Angelo nahm es, trank einen Schluck und kaum, dass er das Glas geleert hatte, fing er zu fragen an.

      Paola berichtete auch ihm den Tathergang und in welchem Krankenhaus seine Tochter aufgenommen worden war. Bei der Schwere der Verletzungen fiel es ihr bei Gott nicht leicht, sachlich und ruhig zu bleiben. Der Vater war sichtlich betroffen und starrte ins Leere. Er verharrte in einer Art Schockzustand, anders als die Mutter, die nun erst richtig zu weinen begann. Paola ging mit Maria in den Flur, um sich zu besprechen.

      »Kannst du schon einmal vorfahren ins Krankenhaus und schauen, ob der zuständige Arzt noch da ist und ihn befragen«, sagte Paola.

      »Ich würde gerne das Ehepaar Angelo in das Krankenhaus begleiten, du siehst ja selbst wie durcheinander sie sind. Dann kann ich den beiden noch ein paar Fragen im Auto stellen und im Krankenhaus bringe ich sie zum Zimmer ihrer Tochter. Danach komme ich zu dir und du bringst mich auf den neuesten Stand.«

      Ispettore Nero nickte, »Weißt du, auf welche Station sie gebracht wurde? Hast du schon die Info?«

      »Warte!«, Paola zog ihr telefonino aus der Tasche.

      »Ja, habe ich! Ich schick dir die Nachricht weiter.«

      Im nächsten Moment hörte man ein Piepsen, Maria Nero schaute auf ihr telefonino und sagte:

      »OK. Alles da. Perfetto! Ich fahre los und wir sehen uns im Krankenhaus.«

      »So machen wir das. Ich rufe mal schnell Francesco an und sage ihm, dass es länger dauert als gedacht…«, erwiderte Paola.

      Ispettore Maria Nero verabschiedete sich vom Ehepaar Angelo und winkte ihrer Kollegin beim Verlassen der Wohnung zu. Paola rief bei Francesco an. Nach dem Gespräch lief sie zurück in die Küche. Die Eltern standen engumschlungen und man sah, dass beide emotional am Ende waren. Bei jedem Schluchzen vibrierten die Körper der beiden. Paola räusperte sich und klopfte an den Türrahmen. Sofort ließen sie einander los und schauten Commissario Rossi traurig und verweint an.

      »Wollen wir losfahren?«, fragte Paola.

      Beide nickten ihr zu. Händchenhaltend gingen sie langsam aus ihrer Küche und man sah ihnen an, wie viel Angst und Sorge sie vor dem Besuch im Krankenhaus hatten.

      »Commissario, bitte tun Sie alles, was in ihrer Macht steht, um den Täter zu schnappen. Sie können uns alles fragen, wir wollen Gerechtigkeit für unseren Engel.« Der Vater machte einen entschlossenen Gesichtsausdruck, als er dies sagte.

      »Ich verspreche Ihnen beiden, ich werde alles in meiner Macht Stehende unternehmen, um den Täter zu überführen. Ich danke Ihnen für ihre Zusammenarbeit. Lassen Sie uns jetzt gehen.«

      Paola ging voraus.

      Die Eltern des Mädchens gingen sehr gekrümmt und man sah ihnen ihr Leid in jeder Faser ihres Körpers an. Zum Glück stand Paolas Wagen in einer Seitenstraße und sie mussten nicht an dem eigentlichen Tatort vorbei. Sie öffnete die Türen des Autos und die beiden nahmen Platz.

      Paola fuhr los.

      Eine ungeheure Stille machte sich breit.

      Paola verbannte den Gedanken, den Eltern weitere Fragen zu stellen. Das würde sie am nächsten Tag machen. Das Wichtigste hatte sie bereits notiert. Nach einer kurzen Fahrt kamen sie am Krankenhaus an. Paola schaute auf ihr Display und suchte die Nachricht heraus. Dann gingen sie alle drei zum Fahrstuhl und fuhren in den dritten Stock. Als die Fahrstuhltür sich öffnete, sah Paola am Ende des Gangs ihre Kollegin stehen, die mit einem Arzt redete. Sie beschloss kurzerhand, die Eltern des Opfers in einer kleinen Nische Platz nehmen zu lassen. Dort standen ein paar Stühle. Sie deutete mit dem Finger auf ihre Kollegin und sagte zu Signora und Signor Angelo:

      »Warten Sie bitte einen Moment hier. Ich spreche nur kurz mit meiner Kollegin und hole Sie gleich ab.«

      Mario Angelo nickte, er umfasste die Hand seiner Frau und zog sie an den Stuhl heran. So saßen die beiden und schauten Paola hinterher.

      »Ciao, Maria! Buonasera, Pierluigi! Come stai? Bist du der behandelnde Arzt von Clarissa Angelo? Ihre Eltern sind da!«

      Paola drehte sich in die Richtung der wartenden Eltern um.

      »Ciao, Paola, das ist schön dich zu sehen, wenn auch der Umstand schrecklich ist!«

      Er drückte ihre Hand und gab ihr erst einen Kuss auf die linke und dann auf die rechte Wange.

      Dottore Pierluigi Manzoni war ein Kollege von Francesco, ihrem Mann, und ebenfalls Chirurg.

      »Können die Eltern zu ihrer Tochter?«

      Pierluigi drehte seinen Kopf, kniff die Lippen zusammen.

      »Aber nur kurz. Es geht ihr sehr schlecht. Wir wissen noch nicht, ob sie es schaffen wird.«

      Paola schaute besorgt.

      »So schlimm?«

      Pierluigi machte durch seinen Blick keinen Hehl daraus und sagte nur:

      »Schlimmer!«

      »Können wir gleich reden? Ich will die Eltern nicht länger warten lassen. Die beiden gehen gerade durch die Hölle.«

      Paola sah ihn flehentlich an.

      »Ich komme mit und bereite die Eltern auf den Anblick vor.«

      »Madonna!«, entwich es Paola.

      Dottore Manzoni schritt voran und stellte sich dem Ehepaar Angelo als behandelnder Arzt vor. Er erzählte kurz und knapp, dass ihre Tochter notoperiert wurde, sehr viel Blut verloren hatte und eventuell noch weitere Operationen anstehen könnten, doch jetzt müsse man erst einmal die Nacht abwarten. Sie sei sehr schwach. Die genauen Umstände wollte der Arzt ihnen später in einem Gespräch mitteilen.

      Signora Angelo hielt sich die Hand vor den Mund und probierte ihre Tränen herunterzuschlucken. Ihr Mann versuchte gefasst zu bleiben, aber man sah ihm an, wie er mit seinen Emotionen kämpfte. Die Eltern machten sich auf den Weg zum Krankenzimmer, ihr Gang war verhalten. Beide mussten einen Kittel, Überschuhe und einen Mundschutz anziehen, erst dann öffnete Dottore Manzoni leise die Tür und ließ sie hinein.

      Dottore Manzoni kam heraus und drehte sich zu Paola und Maria um.

      »Paola

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