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die Woche, immer im voraus. Alle vier Wochen wird frisch bezogen. Und wenn de Frühstück haben willst, kost' es 'ne Mark fünfzig extra, aber bloß Brot, mit Schrippen fresst ihr mir arm! Einverstanden?«

      »Det is jerecht, Karl«, sagte Rieke. »Det is in Ordnung. Da schlag in und jib ihr jleich det Jeld for de erste Woche! Wie de dir sonst beköstigst, davon reden wa noch. Ick denke, du ißt bei mir und jibst mir Kostgeld! – Hier is ooch det Mehl, Brommen, wat se Vata'n jeliehen haben!«

      »Na, so eilig war det nu ooch nich jewesen, Rieke. Det ist ja nich so bei mir, Rieke, det ick een halbet Pfund Mehl direkt entbehren tu!«

      »Det weeß ick doch, Brommen. Et is nur von wejen die Ordnung.«

      »Ja, ordentlich biste, Rieke!«

      »Aba kieken Se sich det Mehl an, Brommen, det is een Mehl! Det ha' ick von Tante Bertha'n mitjebracht, so'n Mehl kriejen Se nich mal bei Tamaschke!«

      Und nun ergingen sich die beiden über die Vorzüge ländlichen Mehls, und dann berichtete Rieke von ihren Anschaffungen bei Tante Bertha, und Karl Siebrecht stand stumm und ein wenig verdrossen und übermüdet dabei. Vorläufig konnte er noch nirgends mitreden, es war eine zu fremde Welt. Aber er fand doch, Rieke hätte nun Schluss machen und ins Bett gehen können, sie beide hatten den Schlaf nötig. Aber damit bewies Karl Siebrecht nur, daß er wirklich ein ahnungsloser Knabe war. Man fällt nicht mit der Tür ins Haus, weder auf dem Lande noch in der großen Kaiserstadt Berlin. Rieke wußte wohl, was sich schickt, und die Brommen wußte es auch. Eine ganze Weile verging, ehe die Bromme fragte: »Und wat sagt denn der Olle dazu, Rieke? Hat er sich denn jefreut über all det jute Essen, wat du anjeschafft hast? Da habt ihr doch den janzen Winter jut von!«

      »Heute noch nich, Brommen«, antwortete Rieke Busch. »Aber det kommt noch.«

      Eine kleine Pause entstand, dann sagte die Brommen: »Na ja, wenn't man kömmt! Unsereener is ja Warten jewohnt, wat, Rieke?«

      »Det ja. Aber manchmal wart' man ooch umsonst, Brommen.«

      »Ach nee –?« Sehr gedehnt: »Du meinst –?«

      »Ja, det meen ick, Brommen. Vata will nich.«

      »Ach so!« Tiefes gedankenvolles Schweigen. Dann: »Der Ernst hat mir jesagt, der Olle spinnt heute ...«

      »Det ooch, Brommen.«

      »Det jibt sich doch, Rieke!«

      »Det nich, Brommen, det nich! Der Umstand ist der: sie hat's ihm verboten!«

      »Wat hat se ihm vaboten? Mir hat se ihm vaboten?! Haste Töne, Rieke? Sich hat se doch nischt vaboten, oder –?«

      »Nee, det nich! Aba, Brommen, det bild er sich doch bloß in!«

      »Denn red ihm doch seine Inbildungen aus!«

      »Det kann ick nich! Er sieht ihr wirklich, und er hört ihr ooch, da kann man nich gegen an reden.«

      »Spricht se denn wirklich mit ihm? Nee so wat!«

      »Ick weeß nich, ob er sich mit ihr unterhält, det jloobe ick eijentlich nich.«

      »Wat hat se ihm denn jesagt?«

      »Ick weeß ooch nich so. Det er keen Weib berühren soll oder so!«

      »Nu schlägt's dreizehn! Die spinnt wohl? Wenn der Olle spinnt, die spinnt noch zehnmal mehr. Det is doch direkt unjesund, der Mann is doch in den besten Jahren! Nee, so wat ha' ick noch nich jehört! Uff wat die nich noch im Jrabe kommt – und gerade die!«

      Und die geduldige, so müde Stimme Riekes: »Vata bild sich det doch bloß in, Brommen!«

      »Det sage nich! So wat kann sich keen Mensch inbilden! Det is se, wie se leibt und lebt!«

      »Na ja, Brommen, wie Se denken, Se können ja recht haben. Aba ick meine imma, wa lassen Vata erst mal zufrieden. Det se erst wieda Ruhe jibt. Der Mann is ja ganz durcheinander.«

      »Da haste recht, Rieke! Den Jefallen tun wa ihr nich, det se ihn noch weiter ängstigt. Die soll man bleiben, wo se ist. Da liegt se gut. Und am Sonntag mach ick mal raus uff den Friedhof bei ihr und bring se Blumen, det besänftigt se valleicht.«

      »Det tun Se man, Brommen, det is ne jute Idee. Jute Nacht, Brommen! Jute Nacht, Karl! Schlaf ooch schön, Karl!«

      »Schlaf du auch schön, Rieke!«

      »Hier is dein Bette, Jung!« sagte die Brommen und führte, eine Kerze in der Hand, den Karl in eine Dachkammer, unter deren schräger Decke zwei Betten standen. Das seine stand aber ganz unter der Schrägung, so daß er im Bett nicht würde aufrecht sitzen können, das sah er gleich. »Det andre Bett hat Ernst, der is noch unterwejens. Deine Sachen legst du übers Bette, det wärmt ooch noch. Det zucht hier een bißcken durch't Dach. Na, du hast ja junget Blut, da macht det noch nischt. – Jute Nacht ooch.«

      »Also denn jute Nacht, Frau Bromme!«

      Das Bett war feuchtkalt. Karl Siebrecht hatte gemeint, sofort einschlafen zu können, aber nun zitterte er vor Frost. Der Wind stieß so nahe an die Schieferplatten, und unter der Decke war immer wieder ein Loch, durch das es eiskalt hereinkam, er mochte sich noch so fest einwickeln. Und schlief doch schon. Schlief und sah das weiße, wie mehlbestäubte Gesicht des Bäckers Ernst über sich, eine Hand lag fast ganz um die Kerzenflamme, ein schmaler Lichtstreif stach in seine Augen. Er blinzelte mühsam.

      »Du!« flüsterte der Bäcker. »Haste ooch schon wat mit die kleenen Mächen?« – Ich will bloß schlafen, dachte er. Was will denn der? Er hatte es vielleicht auch laut gesagt. – »Haste wat mit die Rieke?« flüsterte der Bäcker wieder. »Se hat dir so komisch anjekuckt, so hat se noch nie uff mir jesehen.« Er gab dem Karl Siebrecht einen Stoß. »Hörste, Jenosse –?!« – Aber Karl Siebrecht war trotz des Stoßes davon überzeugt, daß er nur träumte. Er warf sich herum gegen die Wand. – »Ick habe dir jewarnt«, hörte er den anderen noch. »Wenn ick wat merke, ick flüstre es dem Ollen, und der Olle bringt dir um!« Aber das war nur Traum, Traum, Traum. Das war nichts Wirkliches.

      Und am nächsten Morgen hatte Karl Siebrecht wirklich alles vergessen. Nur den Bäcker, den er am Abend doch noch ganz gerne gemocht hatte, konnte er nun nicht mehr ausstehen. Er wußte nur nicht warum.

      8. Auf der Arbeitsuche

      Der Junge meinte, kaum eingeschlafen zu sein, da riß die Brommen an seiner Decke und rief: »Sollst machen, mit dem ollen Busch uff Arbeet jehen! Die Rieke ist dajewesen!«

      Karl Siebrecht fuhr hoch im Bett und gegen einen Dachsparren, daß sein Schädel krachte. Durch das schräge kleine Fenster fiel noch kein Tageslicht, das Bett des Bäckers war leer. In Hosen schlurrte er in die Küche und wusch sich kalt ab. Die Brommen drehte ihm den Rücken. »Genier dir nich und zier dir nich«, versuchte sie zu singen. »Ick kieke nich. – Jott, ooch Zähneputzen? Det muß ick die Rieke erzählen, so'n feinen Schlafburschen ha' ick noch nich jehabt. – Mach zu mit's Kaffeetrinken, Jung, der olle Busch muß um achten an der Baustelle sind, weil's erst so spät helle wird, aber det muß er.«

      Der Kaffee schmeckte anders als der von Minna gekochte, und die Butter war keine Butter, sondern Margarine, aber Karl Siebrecht hatte den Appetit der Jugend und aß tüchtig. »Na, det is richtig, iß man tüchtig!« sagte die Witfrau Bromme. »Und nu jeh los, den Weg zu Buschens wirste ja wohl finden.«

      Es war aber gar nicht so einfach, diesen in der Nacht gemachten Weg wiederzufinden. Bei dem ersten schwachen Tagesschimmer sahen die Höfe womöglich noch trostloser, noch dunkler aus. Die vielen Eingänge verwirrten Karl. Erst als er eine Treppe bis ins oberste Stockwerk hinaufgelaufen war, merkte er, daß er sich geirrt hatte, und mußte noch einmal treppab und treppauf. Als ihm Rieke die Tür, öffnete, keuchte er vom Laufen. Es war wieder eine ganz andere, sehr kindhafte Rieke, mit einer Schultasche auf dem Rücken. »Ick muß in de Schule – sonst müssen wa wieda Strafe zahlen. Muß Tilda alleen bleiben, die wird schön wat plärren. Aber ick sage unserm Frollein Bescheid – ick ha' nich so viel Zeit wie die, zur Schule zu jehen!

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