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      Der Chefinspekteur besah sich die Wohnkabine, und drehte sich zu seinem Lehrling um.

      „Sie haben noch nicht alle Hygienebedingungen erfüllt. Außerdem sind Ihre Haare zu lang, dass könnte zu Verschmutzungen führen, wenn wir im Außenbereich unterwegs sind.“

      Nidmila blickte wieder nach vorne, und verdrehte dabei die Augen. Er war ja wirklich noch nicht so alt, aber ein wenig mehr Schwung seines Ausbilders hätte er sich schon gewünscht. Beim gemeinsamen Frühstück würde er versuchen das Missverständnis aufzuklären, aber jetzt hatte er einen knurrenden Magen.

      „Hab schon geduscht, mit allem drum und dran. Wir können nach der Mahlzeit sofort loslegen.“

      Bidmila stieg in den Gleiter ein, der sie sofort zur Messe brachte, wo der Versorgungsautomat bereits alle wichtigen Nährstoffe zusammengestellt hatte.

      Seit fast zwei Umlaufbahnen sah Bidmila zu, wie sein Gegenüber immer weiter Nährstoffe in sich hinein schaufelte, und es schien kein Ende zu nehmen. Unvermittelt ertönte eine Stimme aus dem „Off“.

      „Ich mache Nidmila 23 darauf aufmerksam, dass die Ballaststoffgrenze überschritten wurde, und weitere Flüssigkeit erforderlich wird. Ihr Energiehaushalt ist bereits bei 137 Prozent angelangt. Weitere Nahrung wird nicht benötigt.

      Mit einem Schmatzen quittierte Nidmila die Mitteilung, und holte sich ein weiteres Getränk aus dem Automat.

      „Ich liebe dieses Essen. Wie heißt es noch mal?“, fragte der Neuling, ohne von seiner Mahlzeit aufzusehen.

      „Vollkorntoast“, erwiderte Bidmila gewohnt tonlos, „und Ihr Getränk besteht aus einer Steinfrucht, die in unserer Heimat geerntet wird. Es sind Pflaumen. Warum wollen Sie das wissen? Die Nahrung wird doch vom Schiffslabor zusammengestellt. Allerdings in anderen Mengen“, ergänzte er. „Bitte beachten Sie, dass wir erst an der übernächsten Station eine Möglichkeit der Entleerung haben.“

      Nidmila trank den Becher auf einen Zug leer, und stellte ihn in den Aufbereiter, der sich um die Erneuerung des Geschirrs kümmerte. Er sah zu, wie sein leeres Trinkgefäß verschwand, presste Luft durch seine Kehle, und gab ein kollerndes Geräusch von sich.

      „Was war das?“, fragte der Chefastronom. „Haben Sie Schmerzen?“

      „Nein, mir geht es gut, sogar sehr gut. Ich habe nur gerülpst, mehr nicht. Sollten Sie auch mal versuchen. Das löst den Druck.“

      Weitere Erklärungen folgten nicht.

      „Den Druck wovon?“, echote Bidmila.

      „Herrje Bidi, wenn wir bis zu Ihrem Ruhestand zusammen arbeiten wollen, müssen Sie aber lockerer werden. Sie sollten bei Ihrem nächsten Heimaturlaub unbedingt die jüngere Geschichte unserer Nation studieren. Dann kommen Sie auch besser klar.“

      Wie immer hörte sein Vorgesetzter aufmerksam zu, denn so hatte er es einst in der Akademie gelernt. Damals war die Geschichte seiner Spezies nur ein kurzer Unterrichtsblock gewesen. Eigentlich ging es dabei im Wesentlichen um die Wanderungen seines Volkes, aber er war bereit für Neues, schließlich wollte er seinem zugeteilten Kadetten in nichts nachstehen.

      „Womit komme ich dann besser klar?“

      Der junge Schiffsoffizier verdrehte abermals an diesem Tag die Augen, blieb die Antwort schuldig, und verließ die Kantine, um sich auf den Einsatz vorzubereiten.

      „Erzählen Sie mir bitte alles, was ich über die heutige Arbeit wissen muss. Vor allem, was ich für Wandler einpacken soll.“

      Bidmila ließ die Sache auf sich beruhen, und nahm sich vor, bei der nächsten Gelegenheit einen Auffrischungskurs in moderner Kommunikation zu absolvieren. Sie stiegen in den Transporter, und ließen sich zu den Docks fahren, wo die Flugeinheiten geparkt waren. Er ließ keine Details aus, und bereitete seinen Zögling gründlich auf den ersten Einsatz vor. Dabei erinnerte er sich an seinen ersten Ausflug. Damals hatten sie den neuen Trabanten inspiziert, der für gleich bleibende Bedingungen sorgen sollte, und der dieses auch wie berechnet erledigte. Sein damaliger Ausbilder, Eidmila 2, hatte ihm von den Anstrengungen der Umformer-Crew erzählt, und wie lange diese dafür benötigt hatten. Ein ehrgeiziges Projekt, aber der Erfolg gab ihnen Recht, und erfüllte sie mit so etwas wie Zufriedenheit. Diesen Arbeitsethos wollte er ebenfalls vermitteln.

      Der Ausblick auf die Oberfläche war für den Chefinspekteur immer ein erhebendes Gefühl, denn jedes seiner Projekte genoss seine volle Aufmerksamkeit. Es war, wie ein neues Leben zu erschaffen, nur ohne die lästige Erziehung. Natürlich musste auch hier von Zeit zu Zeit eingegriffen werden, aber das Ergebnis stand schon im Vorfeld fest, anders als bei seinem Volk, wo die Resultate nicht immer den unternommenen Anstrengungen folgten.

      „Wie nennen wir dieses Projekt? Eiskristall? Ist die Gegend überhaupt für uns geeignet?“

      Bidmila hielt den Blick auf die weiße Oberfläche gerichtet, während er die Frage beantwortete.

      „Nein, er hat noch keinen Namen, und es wird noch eine Weile dauern, bis wir diesen Ort für uns nutzen können, aber es ist mein erster Eisplanet, deshalb dürfen wir ihm bestimmt einen Arbeitstitel geben, bis diese Welt irgendwann vollendet ist.“

      Der Kadett sah durch das Fenster, und konnte nichts erkennen, dass so faszinierend gewesen wäre, um zu rechtfertigen, dass er ebenso erstaunt gucken sollte, wie sein Ausbilder es tat. Er hatte schon bessere, und vor allem schönere Orte gesehen, aber vielleicht war sein Boss schon zu lange unterwegs, um sich an interessanteren Dingen zu erfreuen.

      Er spürte ein merkwürdiges Ziehen in seinem Bauch, schob dies jedoch auf den rasanten Sinkflug mit ihrem Inspektionsgleiter, der auf die Oberfläche zuraste. Das drei Kilometer lange Mutterschiff, hatten sie in einem oberen Orbit hinter sich gelassen, und es war schon nicht mehr zu sehen, da die äußere Hülle, aufgrund ihrer Struktur und Farbe, unsichtbar blieb.

      „Die durchschnittliche Temperatur liegt bei 28 Prozent des absoluten Nullpunktes. Wir sollten also keine Schwierigkeiten haben, wenn wir Proben auf der Oberfläche nehmen. Da die gesamte Landmasse zusammen hängt, werden wir für die Flüge nicht lange benötigen, und sind hier in wenigen orbitalen Umkreisungen fertig.“

      Der erfahrene Bidmila ließ seine Hände über die Kontrollen huschen, und gab den Kurs für den ersten Anflugpunkt ein. Der Solargleiter steuerte auf eine Ebene zu, und landete sanft auf einem Luftkissen, bevor sich die Stützen ausfuhren. Die Ausleger verankerten sich im Boden, und wirbelten dabei die kristalline Wassermasse auf, die zu 95 Prozent aus Luft bestand.

      Wenig später standen sie neben ihrem Schiff, und blickten über die weiß glänzende Fläche, bis zum Horizont des Planeten. Die Anzüge erlaubten den beiden Umweltingenieuren maximale Beweglichkeit, und der gläserne Helm sorgte für eine perfekte Rundumsicht. Nidmila machte ein paar vorsichtige erste Schritte, tat einen kleinen Hopser, und konnte dabei ein Ausrutschen gerade noch verhindern.

      „Bis auf den glatten Untergrund, fühlt sich alles wie zu Hause an“, stellte er erstaunt fest. Der Chefingenieur zog seine Ausrüstung am Körper fest, und steuerte den berechneten Quadranten an, wo sie die Proben entnehmen würden.

      „Ja, der Trabant hat die Rotation auf das Niveau unseres Planeten gebracht, und die Vereisung hat die Oberfläche soweit abgekühlt, dass feste Landmassen entstanden sind“, erklärte Bidmila. „Wir hatten bereits die ersten Pflanzen und Einzeller ausgesetzt, und jetzt korrigieren wir noch die Atmosphäre. Danach folgen die ersten Besiedlungen. Weiter als wir, ist in der Wolke noch niemand mit einer neuen Heimat vorangekommen, und als Bonus wird dieses System mindestens für die nächsten fünf Milliarden Zyklen nutzbar bleiben.“

      Nidmila stieß ein schrilles Geräusch aus.

      „Was war das?“, fragte der Chefingenieur, und wandte sich zu seinem Lehrling um. „Verliert Ihr Anzug an Druck? Lassen Sie mich Ihr Biosystem checken.“

      „Nicht nötig, Bidi“, flötete der Novize, „ich habe nur durch die …, ich habe gepfiffen, mehr nicht.“

      Er stapfte an seinem Chef vorbei, und achtete

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