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Syndrom nennt) hatte, spielte für ihn dabei keine Rolle.

      Dieser Moment bildete den entscheidenden Wendepunkt in meinem Denken und meinem Handeln. Ich beschloss in dieser Sekunde, an Stelle des Arztes mir selbst zu vertrauen und meine Gesundheit mir selbst zu übergeben. In diesem Moment begann ich meinen Weg zurück zu mir.

      Der Glaube an mich selbst und der Glaube an meinen Mut ließen mich die Verantwortung für mein Leben übernehmen. Ich ließ die Praxis des Hämatologen hinter mir zurück. Ich beschloss, nie mehr dorthin zurückkehren.

      Bis ich jedoch soweit war, mich für bewusste Eigenverantwortung zu entscheiden, hatte ich noch zahlreiche skurrile Momente mit diesem Facharzt.

      Und bevor ich endgültig den Mut aufbrachte, eigenverantwortlich für mein Leben zu handeln, durfte noch viele andere „Frösche küssen“ …

      September 2015

      Im September 2015 war ich bereits in meinem siebten Krankheitsjahr und voller Beschwerden und Symptome. Ich hatte jährlich diverse Arztbesuche unternommen: Ich war bei unterschiedlichen Fachärzten und bei Fachärzten in unterschiedlichen Städten. Die Diagnose war immer die gleiche: Kerngesund ist die junge Frau.

      Im September jedoch (nachdem ich nun mittlerweile kaum mehr laufen, geschweige denn mich selbst versorgen konnte!), wurde erneut ein Blutbild beim Allgemeinmediziner gemacht. Dieses Blutbild wurde dann in dem folgenden Gespräch etwa so besprochen:

      Der Allgemeinmediziner saß vor mir und schaute besorgt auf das Blutbild. Dann sah er mich an: „Junge Frau, wie alt sind Sie nochmal gleich?“

      „29 Jahre.“

      „Junge Frau“, sagte er schockiert, „Sie haben mindestens die Hälfte ihres Blutes verloren!“

      Im ersten Moment war ich schockiert. Kann ich denn ohne die andere Hälfte überhaupt leben?

      Mir wurde aber ziemlich rasch bewusst, dass meine Zustände über sieben Jahre ja auch nicht spurlos an meinem Körper vorbei gegangen sein konnten. So nach dem Motto: Irgendwas musste ja irgendwann passieren …

      Ich beschloss, auch diesem Arzt meine Beschwerden und meine ganze Krankheitsgeschichte zu erzählen.

      Der Allgemeinmediziner hörte besorgt und fasziniert zugleich zu.

      In diesem Moment dachte ich noch: OK, jetzt wird dir endlich geholfen!

      Dann sagte er jedoch: „Haben sie eigentlich irgendwo eine große, offene Wunde, über die Sie ihr Blut verlieren?“

      Wie bitte? WAS???

      Eine große, offene Wunde? Eine klaffende, blutende Wunde? – Nein, beides habe ich nicht! Mit einer großen, offenen Wunde würde ich jetzt auch nicht hier sitzen… Ich war fassungslos über solch eine Frage.

      Ich entgegnete, dass ich keine hätte.

      „Ja, nun, dann erzählen Sie doch noch einmal …“

      OK, dann NOCH EINMAL!, dachte ich. Ich fühlte mich unverstanden.

      Ich begann also erneut, von meiner Krankheitsgeschichte zu erzählen. Ich berichtete von allen Symptomen, allen Zuständen und davon, dass sich alles erst über die Jahre langsam aufgebaut hatte. Ich erzählte davon, was ich fühlte …

      …, dass mein Körper alles unter der größten Anstrengung am Laufen hält …

      …, dass ich das Gefühl hätte, mein Körper ist durch irgendetwas so stark belastet, dass er dabei ist, einige Funktionen einzustellen …

      …, dass ich das Gefühl nicht loswerden könne, mein Körper sei „vergiftet“ …

      Der Arzt hörte aufmerksam zu und betonte immer wieder, wie schrecklich sich mein Leidensweg doch anhörte.

      Eine Diagnose konnte er nicht stellen, aber er gab mir seinen ärztlichen Rat – und jetzt wird es wirklich skurril:

      „Junge Frau, nehmen Sie eigentlich die Pille?“

      Ich wusste wirklich nicht, was das mit meiner Situation zu tun haben sollte …

      „Nein, die nehme ich nicht!“

      „Also, dann schlage ich Ihnen vor, dass sie zum Frauenarzt gehen, sich die Pille verschreiben lassen und Eisentabletten nehmen. Die bekommen sie in der Apotheke!“

      „Ach, ja, wenn Sie hier in der Stadt einen Termin haben wollen, dann wird das so circa fünf Monate dauern. Meine Frau ist dort tätig. Ich wünsche Ihnen alles Gute.“

      Das war es.

      Ich denke, es leuchtet ein, dass ich mir bei diesem Arzt jedes weitere Wort ersparte.

      Ich war erst einmal platt. Ich bedankte mich und ging. Ich musste nachdenken.

      Wo Schatten ist, ist auch Licht

      An dieser Stelle soll es für dich nun darum gehen, die andere Seite zu sehen und damit die Möglichkeiten, die jedem Einzelnen von uns zur Verfügung stehen (selbst, wenn man sie auf Anhieb nicht sofort sieht).

      Was habe ich also getan?

      Ich habe – ohne es damals bewusst wahrgenommen zu haben – damit begonnen, die Verantwortung für mich zu übernehmen. Ich vertraute MIR SELBST und meinem Bauchgefühl. Denn, instinktiv wusste ich genau, dass die Diagnose und die Weiterempfehlung an einen Gynäkologen, nicht die richtige Anlaufstelle für mich war.

      Besonders dieses Gespräch lehrte mich eines:

      NIEMAND wird die Verantwortung für meine Gesundheit tragen, wenn ich es nicht tue – schon einmal gar nicht der Arzt.

      Überlege doch einmal selbst: Was würden die Ärzte tun, wenn du das eine oder andere Präparat nicht verträgst? Wenn du dadurch noch stärkere Beschwerden bekommst? Richtig! – Gar nichts. Oder sie würden dir noch ein anders Mittel obendrauf verschreiben! Die Ursache für dein gesundheitliches Leid suchen sie ganz sicher nicht!

      Mir wurde bewusst, dass ich, wenn ich wirklich Hilfe wollte, mir selbst helfen musste. Eigenverantwortung war also die einzige Option, die ich hatte und die ich wählte.

      Sinnvoll erschien mir, einen Facharzt für das Blut aufzusuchen.

      Wie du siehst, ist es niemals nur dunkel – es gibt immer Licht. Besonders dann, wenn man sich als Mensch dazu entschließt, auf sich und seine Wahrnehmung zu vertrauen. Sich entschließt mutig zu sein, sich selbst etwas zuzutrauen und für sich selbst einzustehen.

      Ich war zu dem damaligen Zeitpunkt wirklich am Ende, aber ich habe mich aus meinem freien Willen für mich entschieden. Dadurch hatte ich immer wieder Hoffnung (auch, wenn ich erst einige Monate später vollständig erkannte, dass ich die Heilung, nach der ich suchte, in mir selbst und in der Natur fand).

      Bin ich hier bei „Versteckte Kamera“? – Die Arztbesuche beim Hämatologen im Jahr 2015

      Beim Hämatologen, dem Facharzt für das Blut, blieb ich insgesamt ein halbes Jahr. In dieser Zeit wurde mir eigentlich gar nicht geholfen. Es wurden im Großen und Ganzen eigentlich nur Symptome betrachtet und abgewartet, ob sich mit meinem Blut irgendetwas tut. Als das dann nicht der Fall war, wurde ich letztendlich dahingehend beraten, eine Chemotherapie zu machen – und das ohne „geklärte Diagnose“. So nach dem Motto: Wenn nichts hilft, hilft das!

      Dieses halbe Jahr glich eigentlich einer Satire, in der ich permanent aufgefordert wurde, selbst zu handeln. Der Arzt und ich bildeten dabei die Protagonisten. Der Arzt war derjenige, der permanent nachhakte, ob es noch ein bisschen mehr sein darf und, ob ich noch einen Nachschlag in Sachen Inkompetenz, Oberflächlichkeit oder Unmenschlichkeit wünschte. Ich hatte die zweite Hauptrolle und ich antwortete jedes Mal: „Ja, ich wünsche noch einen Nachschlag, bitte! – Das tat ich einige Male.

      Wie schon gesagt, ich brauchte dieses halbe Jahr, in dem ich mir vorkam wie bei „Versteckte Kamera“. Dieses Jahr sollte seinen Höhepunkt in der Chemotherapie erreichen, damit ich endlich verstand, dass ich selbst aufgefordert war, zu handeln, um wirklich gesund

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