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Das wundersame Leben des Justin Hoppa. Clochard Raade
Читать онлайн.Название Das wundersame Leben des Justin Hoppa
Год выпуска 0
isbn 9783847673897
Автор произведения Clochard Raade
Издательство Bookwire
"So soll ich ihn also nicht haben, meine Herren?" fragte Jörgensen.
"Nein", antwortete Herr Labskaus, "oder Sie müssten mit einer kleineren Summe zufrieden sein, da es doch ein zu schmutziges Handwerk ist."
"Was wollen Sie geben, meine Herren? Seien Sie nicht zu hart gegen einen armen Mann!"
"Nun, ich meine, drei Pfund und zehn Schillinge wären genug", sagte Herr Labskaus.
"Schon zehn Schilling zu viel", bemerkte der Herr mit der grünen Weste.
"Also, sagen wir vier Pfund, meine Herren", entgegnete Jörgensen, "und Sie sind den Jungen für immer los. Vier Pfund, das ist anständig."
"Drei Pfund und zehn Schillinge", wiederholte Herr Labskaus unbeugsam.
"Wir wollen die Differenz teilen, meine Herren, drei Pfund und fünfzehn Schillinge also!"
"Nicht einen Schilling mehr", lautete die feste Antwort Herrn Labskaus.
"Sie sind mächtig hart zu mir", sagte Jörgensen kleinlaut.
"Unsinn", sagte der Herr mit der grünen Weste. "Es wäre ein feines Geschäft auch ohne jeden Zuschuss.
Greifen Sie zu, Mann. Er ist gerade der richtige Junge für Sie. Ab und zu hat er den Rohrstock nötig, und sein Essen braucht auch nicht üppig zu sein, denn er ist von seiner Geburt an nie überfüttert worden. Ha! Ha! Ha!"
Der Handel wurde also geschlossen, und Braun bekam den Auftrag, Justin Hoppa noch am selben Nachmittag vor den Friedensrichter zu führen, um seinen Lehrbrief genehmigen und unterzeichnen zu lassen. Der kleine Justin wurde daher zu seinem großen Erstaunen aus der Haft entlassen und erhielt den Befehl, ein reines Hemd anzuziehen. Er hatte kaum diese ungewohnte gymnastische Übung beendet, als ihm Herr Braun eigenhändig einen Napf voll Haferschleim und das sonntägliche Stück Brot brachte. Bei diesem Anblick fing Justin kläglich an zu weinen, denn er dachte nichts anderes, als dass die Behörde ihn zu irgendeinem nützlichen Zwecke schlachten lassen wollte, da sie ihn wohl sonst kaum in dieser Weise mästen würde.
"Weine dir nicht die Augen rot, Justin, sondern iss und sei dankbar", sagte Herr Braun würdevoll. "Du sollst Lehrling werden, Justin!"
"Lehrling, Herr?!" rief der Junge zitternd.
"Jawohl, Justin, die guten Herren, die an dir Elternstelle vertreten haben, wollen dich in die Lehre geben, damit du später im Leben vorwärts kommst und ein tüchtiger Kerl wirst. Das kostet der Gemeinde drei Pfund und zehn Schillinge, denke mal, Justin, drei Pfund zehn Schillinge - siebzig Schillinge! - hundertvierzig Pence - und all das für einen ungezogenen Waisenjungen, den keiner leiden kann."'
Als Herr Braun innehielt, um Atem zu schöpfen, rannen dem armen Justin nur so die Tränen über die Backen, und er schluchzte bitterlich.
"Weine nicht!" sagte Herr Braun, der von der Wirkung seiner Beredsamkeit sehr befriedigt war. "Wisch dir die Tränen mit dem Ärmel ab und lass sie nicht in die Suppe fallen. Das ist töricht." Das stimmte, denn in der Suppe war ohnehin schon Wasser genug. Auf dem Wege zum Friedensrichter belehrte Herr Braun seinen kleinen Begleiter, dass er dort weiter nichts zu tun habe, als recht glücklich auszusehen. Wenn ihn dann der Herr frage, ob er in die Lehre gehen wolle, so müsse er sagen, furchtbar gern. Justin versprach zu gehorchen, um so mehr als Herr Braun die zarte Andeutung fallen ließ, er könne nicht sagen, was man ihm antun würde, wenn er nicht diesen seinen Unterweisungen getreulich nachkäme. Als sie an Ort und Stelle eintrafen, wurde Justin in ein kleines Zimmer gebracht und von Herrn Braun ermahnt, dort so lange zu verweilen, bis er ihn holen würde. Klopfenden Herzens wartete der Junge bereits eine halbe Stunde, als endlich Herr Braun seinen Kopf, der jetzt der Zierde des dreieckigen Hutes entbehrte, durch die Tür steckte und laut sagte:
"Nun, liebes Kind, komm zu dem Herrn." Dabei warf er Justin einen drohenden Blick zu und flüsterte ihm zu: "Denke dran, was ich dir sagte, Bengel."
Justin sah bei diesem sich widersprechenden Ton der Anreden unschuldig zu Herrn Braun auf. Dieser führte ihn sogleich in ein Nebenzimmer, dessen Tür offen stand. Hinter einem Pult saßen dort zwei alte Herren mit gepuderten Perücken. Einer las eine Zeitung, der andere studierte mit Hilfe einer Nickelbrille ein kleines vor ihm liegendes Pergament. Herr Labskaus stand vorn an einer Seite des Pultes und Meister Jörgensen mit teilweise gewaschenem Gesicht auf der anderen. Der alte Herr mit der Brille war über seinem Pergament eingenickt, und es entstand eine kurze Pause, nachdem Herr Braun Justin vor das Pult geführt hatte.
"Das ist der Junge, Euer Gnaden", sagte Herr Braun.
Der die Zeitung lesende Herr sah auf und zupfte den andern alten Herrn am Ärmel, worauf dieser erwachte.
"Ach, das ist also der Junge?" fragte er.
"Ja, Euer Gnaden", entgegnete Herr Braun. "Mach dem Herrn Richter eine Verbeugung, Justin."
Justin machte seinen schönsten Diener.
"Der Junge will also gern Kaminfeger werden?" sagte der Friedensrichter.
"Er ist ganz verrückt danach, Euer Gnaden", sagte Braun, "er würde davonlaufen, wenn wir ihn zwingen wollten, etwas anderes zu lernen!"
"Und dieser Mann da soll sein Meister sein, nicht wahr? Sie werden ihn doch gut behandeln, und was das Essen und die Kleidung anbelangt, nicht Not leiden lassen, versprechen Sie das?"
"Wenn ich einmal gesagt habe, ich will, so werde ich es auch tun", entgegnete Jörgensen mürrisch.
"Ihre Ausdrucksweise ist nicht gerade fein, mein Freund, aber Sie scheinen ein offener, ehrlicher Mensch zu sein", sprach der Richter, den Meister dabei durch seine Brillengläser flüchtig anguckend. Wäre er nicht halb blind und beinahe schon kindisch gewesen, so hätte ihm die Brutalität in Jörgensens Gesicht auffallen müssen.
"Ich denke das zu sein", entgegnete der Meister mit einem hässlichen Blick.
"Daran zweifle ich nicht, mein Freund", fuhr der alte Herr fort und suchte nach dem Tintenfass auf dem Pult. Es war für Justins Schicksal ein kritischer Augenblick. Hätte das Tintenfass da gestanden, wo es der alte Herr vermutete, so hätte er seine Feder eingetaucht und den Lehrbrief unterzeichnet. Jörgensen hätte dann Justin gleich mitgenommen. Aber da es unmittelbar vor seiner Nase stand, so suchte er natürlich vergebens nach ihm auf dem Pulte herum. Er begegnete dabei dem verstörten Blick Justins, der trotz aller ermahnenden Winke und Knüffe Brauns seinen künftigen Lehrherrn mit Furcht und Schrecken betrachtete. Halb blind wie er war, fiel es doch dem Friedensrichter auf. Er hielt daher inne, legte die Feder hin und schaute von Justin zu Herrn Labskaus hinüber, der unbefangen zu erscheinen versuchte und lächelnd eine Prise nahm.
"Mein Junge", sagte der alte Herr und beugte sich über das Pult. Justin fuhr bei diesem Tone zusammen, denn er war einer freundlichen Anrede nicht gewohnt. "Mein Kind, du siehst blass und verstört aus. Was ist dir?"
"Tretet ein wenig auf die Seite, Braun", sagte der andere Ratsherr, die Zeitung weglegend. Er sah Justin teilnahmsvoll an und sprach: "Junge, sag uns, was dir ist, habe keine Angst!"
Justin fiel auf die Knie und bat mit gefalteten Händen, man möge ihn lieber in die finstere Kammer sperren, ihm nichts zu essen geben, ihn prügeln, ja totschlagen, nur solle man ihn nicht mit diesem schrecklichen Mann fortschicken.
"Nun", sagte Herr Braun, indem er feierlich Augen und Hände gen Himmel hob, "von allen lügnerischen, hinterlistigen Waisenkindern, die mir je vorgekommen sind, bist du der frechste."
"Haltet den Mund, Gemeindediener!" sagte der zweite alte Herr, als sich Herr Braun in dieser Weise Luft
gemacht hatte.
"Verzeihung, Euer Gnaden!" entgegnete Braun, der seinen Ohren nicht traute, "haben Euer Gnaden mich gemeint?"
"Jawohl. Sie sollen den Mund halten!"
Herr Braun war starr. Einem Gemeindediener den Mund zu verbieten Das war ja Revolution. Der Friedensrichter guckte seinen Kollegen bedeutungsvoll an und sagte dann:
"Wir versagen dem Lehrbriefe unsere Genehmigung"; damit schob