ТОП просматриваемых книг сайта:
Das wundersame Leben des Justin Hoppa. Clochard Raade
Читать онлайн.Название Das wundersame Leben des Justin Hoppa
Год выпуска 0
isbn 9783847673897
Автор произведения Clochard Raade
Издательство Bookwire
Mit diesen Worten schob er sie aus dem Zimmer, und nachdem er hinter ihnen die Tür doppelt verschlossen und verriegelt hatte, holte er das Kästchen aus seinem Versteck hervor und verbarg in aller Eile Uhren und Juwelen unter seinen Kleidern.
"Bis jetzt hat er noch nichts ausgeplaudert", sprach der Russe zu sich, indem er in seiner Arbeit fortfuhr.
"Wenn er uns aber bei seinen neuen Freunden zu verpfeifen gedenkt, so werden wir ihm wohl noch das Maul stopfen können."
Eine Prophezeiung
Justin erholte sich bald wieder von der Ohnmacht, in die er bei Herrn Braunaus plötzlichem Ausruf gefallen war. Der alte Herr und Frau Lessow vermieden es sorgfältig, im Gespräch wieder auf das Gemälde zurückzukommen. Der Junge war noch zu schwach, um zum Frühstück zu gehen. Als er am nächsten Tage in das Zimmer der Haushälterin hinuntergebracht wurde, suchten seine Blicke sofort das Bildnis der schönen Dame. Das Gemälde war aber entfernt worden.
"Ja", sagte Frau Lessow, "es ist fort, wie du siehst."
"Oh, warum hat man es weggenommen?" entgegnete Justin mit einem Seufzer.
"Weil Herr Braunau sagte, dass es dich zu beängstigen scheine und daher deiner Wiederherstellung hinderlich sein könnte", entgegnete die alte Dame.
"Ach nein, es beängstigte mich gar nicht", sprach Justin, "ich mochte es gern ansehen."
"Nun, nun, liebes Kind, mache nur, dass du bald wieder gesund wirst", sagte die gute Frau. "Man wird es dann wieder aufhängen, das verspreche ich dir. Doch jetzt wollen wir von etwas anderem sprechen."
Justin hörte aufmerksam zu, als ihm Frau Lessow von ihrem verstorbenen Mann und ihren wohlerzogenen Kindern erzählte. Sie plauderte munter drauflos, bis die Zeit zum Teetrinken herankam. Nachdem dieser eingenommen war, unterrichtete sie Justin im Kartenspielen, was er ebenso schnell auffasste, wie sie zu lehren imstande war. Dann vertieften sie sich angelegentlich in diese Beschäftigung, bis es für den Patienten Zeit war, ins Bett zu gehen. Die Tage der Genesung waren für Justin Tage des Glückes. Jedermann war so lieb und gütig zu ihm, dass er im Himmel zu sein glaubte. Er hatte kaum wieder soviel Kräfte erlangt, um sich ankleiden zu können, als ihm Braunau einen neuen Anzug anfertigen ließ. Da man Justin sagte, er könne mit den alten Kleidern anfangen, was er wolle, so schenkte er sie einem Dienstmädchen, die sehr gut zu ihm gewesen war. Er riet ihr, die Lumpen an einen Russen zu verkaufen und dadurch zu etwas Geld zu kommen. Eines Abends, als Justin plaudernd bei Frau Lessow saß, ließ Herr Braunau sagen, dass er Justin in seiner Bibliothek sprechen möchte. Frau Lessow putzte ihn schnell schön heraus und führte ihn bis an die Tür des Zimmers. Justin klopfte an, und als Herr Braunau "Herein" rief, trat er in ein kleines, ganz mit Büchern angefülltes Gemach, durch dessen Fenster man in einige schöne, kleine Gärten sah. Vor dem Fenster stand ein Tisch, an dem Herr Braunau lesend saß. Bei Justins Eintritt schob er das Buch von sich und hieß den Jungen, näherzukommen und sich zu setzen. Justin gehorchte, nicht wenig verwundert, wo all die Leute herkommen sollten; eine derartige Menge von Büchern zu lesen. Bücher, die geschrieben schienen, um die Welt weiser zu machen. Eine Verwunderung, die tagtäglich erfahrenere Leute mit unserm Helden teilen.
"Das ist ein ansehnlicher Haufen Bücher, nicht wahr, mein Junge?" fragte Herr Braunau, als er die Neugierde gewahrte, mit der Justin die vom Boden bis zur Decke reichenden Bücherschränke betrachtete.
"Ach ja, ich habe noch nie so viele gesehen!"
"Wenn du immer hübsch artig bleibst, so sollst du sie auch lesen. Das wird dir besser gefallen, als das bloße Anschauen des Einbandes - das heißt nicht immer. Es gibt nämlich auch Bücher, an denen die Außenseite das Beste ist."
"Das sind gewiss diese schweren da", erwiderte Justin, indem er auf einige dicke Wälzer mit reicher Vergoldung des Einbandes deutete.
"Nicht immer", sagte der alte Herr lächelnd.
"Möchtest du wohl gern ein Gelehrter werden und Bücher schreiben, wie?"
"Ich würde es vorziehen, sie lieber zu lesen."
"Wie? du willst kein Bücherschreiber werden?"
Justin sann eine Weile nach, dann sagte er, es stände Ihn weit besser, Buchhändler zu sein. Der alte Herr lachte herzlich und bemerkte, er hätte etwas sehr Gescheites gesagt. Justin freute sich darüber, obgleich er nicht wusste, was das Gescheite war.
"Nun", sagte der alte Herr wieder ernst, "hab keine Angst. Wir wollen keinen Schriftsteller aus dir machen, solange es noch ein ehrliches Handwerk oder Gewerbe zu erlernen gibt."
"Ich danke Ihnen", entgegnete Justin, und der alte Herr lachte von neuem, und zwar über den Ernst, mit dem unser Held diese Antwort vorbrachte. Er ließ auch noch einige Worte von einem merkwürdigen Instinkt fallen, auf die aber Justin nicht besonders acht gab, da er sie nicht verstand.
"Nun, mein Sohn", fuhr Herr Braunau in einem ernsteren Tone fort, "du musst jetzt wohl auf das achten, was ich dir zu sagen habe. Ich will ohne Rückhalt mit dir reden, denn ich glaube, du wirst mich so gut verstehen können, wie manche ältere Person!"
"Ach, sagen Sie nur nicht, dass Sie mich fortschicken wollen. Weisen Sie mir nicht die Tür, dass ich wieder auf den Straßen herumwandern muss. lassen Sie mich hier bleiben und Ihnen dienen. Erbarmen Sie sich über einen armen Jungen, bitte!"
"Mein liebes Kind", sagte der alte Herr gerührt, "hab keine Furcht, ich werde dich nicht fortjagen, wenn du mir keinen Anlass dazu gibst."
"Nie werde ich das, niemals."
"Ich hoffe es nicht und glaube auch nicht, dass du es je tun wirst", entgegnete der alte Herr. "Ich habe mich zwar früher oft in denen getäuscht, welchen ich Wohltaten erweisen wollte. Dir will ich jedoch vertrauen, weil ich wärmeren Anteil an dir nehme, als ich mir selbst erklären kann. Diejenigen, welche ich am innigsten geliebt habe, schlummern längst in den Gräbern, aber obgleich das Glück und die Freude meines Lebens mit ihnen begraben sind, habe ich doch mein Herz zu keinem Sarg gemacht und meine schönsten Gefühle drin verschlossen."
Der alte Herr sprach dies leise vor sich hin, mehr zu sich als zu Justin, der kaum zu atmen wagte. Nach einer kleinen Weile fuhr er in heiterem Tone fort:
"Genug, ich sage das nur, weil dein Herz jung ist und ich hoffe, dass du dich um so mehr vorsehen wirst mich zu betrüben, wenn du weißt, dass ich bereits großen Kummer und viele Leiden erduldet habe. Du sagst, du bist eine Waise und ohne Verwandte in der Welt. Erkundigungen, die ich angestellt habe, bestätigen deine Angaben. Erzähle mir jetzt deine Geschichte - woher du kommst wer dich erzogen hat und wie du in die Gesellschaft geraten bist, in der ich dich gefunden habe. Sprich aber die Wahrheit. Wenn ich sehe, dass du kein Verbrechen begangen hast, wirst du an mir zeitlebens einen Freund und Beschützer haben."
Justins Schluchzen erstickte eine Weile seine Worte. Als er gerade anfangen wollte zu erzählen, kündigte das Dienstmädchen den Besuch des Herrn Grimm an.
"Kommt er herauf?" fragte Herr Braunau das Mädchen.
"Ja", entgegnete das Mädchen. "Er fragte, ob es Keks im Hause gäbe, und als ich bejahte, sagte er, er wolle hier Tee trinken."
Herr Braunau lächelte und erklärte Justin, dass Grimm ein alter Freund von ihm wäre, ein ungeschliffener Diamant.
"Soll ich mich entfernen?" fragte Justin.
"Nein, du kannst hierbleiben."
In diesem Augenblick trat, auf einen starken Stock gestützt, ein starker, alter Herr ins Zimmer. Er war auf einem Bein etwas gelähmt und humpelte. Im ausgestreckten Arm hielt er seinem Freunde ein Stückchen Orangenschale entgegen und rief polternd:
"Da, sehen Sie das? Ist es nicht zum Wahnsinnig werden, dass ich in keines Menschen Hause vorsprechen kann, ohne so was auf der Treppe zu finden. Durch eine Orangenschale bin ich lahm geworden, und eine Orangenschale wird noch mal mein Tod sein. Ich will meinen eigenen Kopf aufessen, wenn mich nicht eine 0rangenschale noch unter die Erde bringt.