Скачать книгу

wandte sich an Michael. „Wie ich sehe, hast Du Dich schon ausgezogen, Michael!“

      „Ja, denn hier ist verdammt viel Östrogen im Saal. Ganz schön heiß!“

      Ein paar Frauen im Publikum lachten wieder.

      „Da haben wir Frauen es besser“, mischte sich Abi ein, „wir brauchen nicht in Oberhemd und Jackett rumlaufen um schick auszusehen.“

      Victor gab ihr recht. „Abigail, bist Du eigentlich in festen Händen?“

      „Nein.“

      „Du wohnst hier in London, richtig?“

      Abi nickte. „Ja, ist nicht weit. Bin mit dem Fahrrad da.“

      Einige Leute im Publikum lachten und Abi blickte sie verdutzt an. „Wieso? Parkplätze gibt es doch eh nie welche, wenn man sie braucht und die U-Bahn stinkt.“

      Sie hörte Huffner neben sich leise lachen und sah zu ihm rüber. Abi blickte direkt in leuchtend grüne Augen. Aber sie konnte ihn trotzdem nicht leiden. Auch wenn Ihr Herz wieder etwas wild schlug. Außerdem hatte er etwas Androgynes an sich, von dem Abi nicht wusste ob das sexy war oder einfach nur ekelig. Aber scheinbar standen Frauen ja reihenweise auf ihn.

      Abi hatte was verpasst, was Victor gesagt hatte, denn sie hörte Huffner neben sich laut auflachen.

      Seine Zähne waren weiß und gerade, aber, das war doch…. Ihre Mutter war Zahnärztin – natürlich konnte Abi eine Krone erkennen! Und mit Verblüffung stellte sie fest, dass sie sich über diesen Makel an ihm diebisch freute.

      „Sag mal, Abigail, Du bist auch eine begeisterte Leserin, nicht?“

      „Woher hast du das denn, Victor?“

      „Ich habe eine gute Redaktion.“

      „Nun, das stimmt. Ich lese unheimlich gerne.“

      „Was liest du?“

      „Henry James, Jane Austen, Biographien und für Inspiration ab und zu Frauenromane.“

      Victor grinste. „Wollen wir Michael mal dazu bringen eine Passage aus einem Jane Austen Roman zu lesen?“

      „Aus welchem denn?“, fragte Huffner Victor.

      Abi antwortete prompt. „Stolz und Vorurteil.“

      „Welche Passage?“

      „Den Korb von Elizabeth an Darcy.“

      „Aber dann musst Du mitlesen, Abigail“, gab Victor zu bedenken.

      Aber Abi hatte Spaß. „Natürlich.“

      Victor entfuhr ein Lacher. „Na schön. Abigail liest Elizabeth Bennet und Michael Mr. Darcy. So, Ihr beiden. Hier sind die Zettel mit Euren Texten.“ Er nahm die beiden Blätter von seinem Tisch, die die Regieassistentin gerade hingelegt hatte.

      Abi blickte auf ihren Zettel und wunderte sich, wie die Leutchen vom Sender das so schnell hingekriegt hatten. Huffner musste anfangen und da Abi den Text eh fast auswendig kannte, drehte sie sich zu ihm um.

      Huffner begann.

      Scheinbar war er sich auch recht sicher im Text, denn meist wandte er sich ihr auch beim Sprechen zu.

      Das Publikum war gebannt und gab keinen Mucks von sich. Victor auch nicht.

      Michael Huffner wäre ein phantastischer Mr. Darcy, fand Abi gerührt. Er hatte dieses Elegante, Hochgewachsene, Gelassene, das Mr. Darcy auch hatte.

      Huffner blickte ihr beim Sprechen direkt in die Augen und Abi sah Neugier darin. Aber worauf?

      Beide bekamen zum Schluss tosenden Applaus und Victor deutete eine Verbeugung an. „Ein würdiger Mr. Darcy bist Du, Michael.“

      „Und eine großartige Miss Bennet“, fügte Huffner hinzu und applaudierte Abi leicht.

      Victor wurde durch die Regie aufgefordert die Show zu beenden. Das tat er.

      Er reichte Abi die Hand und sie bekam ein Wangenküsschen rechts und links.

      Huffner und Victor reichten sich die Hand und klopften sich kumpelhaft auf die Schultern und mit dem Klatschen des Publikums war die Sendung zu Ende.

      Abi blickte auf ihre Armbanduhr, hatte plötzlich tierischen Hunger und befand, dass sie heim wollte. Wilks war bestimmt auch schon zu Hause und wartete mit dem Essen auf sie.

      So nahm sie sich das Mikro ab und drückte es einer jungen, dunkelhäutigen Frau in die offene Hand, auf deren Silberarmspange „Monice“ stand.

      Huffner entschuldigte sich bei Victor und verschwand in Richtung Make-up. Abi war entlassen.

      Sie schnappte sich ihre Umhängetasche von der Garderobe und verließ das Studio.

      Auf einem gesicherten Parkplatz vom Sender stand ihr altes, grünes, schäbiges Fahrrad gegen eine Wand gelehnt, weil es keinen Ständer mehr hatte.

      Abi fuhr heim.

      Auf dem Weg durch die abendlichen Straßen Londons dachte sie über die Show nach. Blamiert habe ich mich nicht. Glaub ich. Oder?

      Hab ich irgendwas Peinliches gesagt?

      Huffner ist aber auch wirklich ein Schönling vor dem Herrn! Und er ist zu dünn.

      Victor aber war nett. Auffällig schwul, ja. Und total nett!

      So kreisten Abis Gedankengänge um den Abend als sie das Schiebetor zur Garage ihrer Wohnung öffnete.

      Sie schob ihr Fahrrad in den Fahrradständer und hörte Wilks schon in der Küche laut „Eye of the Tiger“ singen. War ja klar. Abi grinste breit.

      In der Küchentür angekommen sah sie, dass Wilks sie nicht bemerkte. Er war am Kochen und sang und tanzte etwas weibisch herum. Sie stieg in den Gesang mit ein. Da drehte er sich um.

      Jedes Mal wenn Abi Wilks ansah ging es ihr einfach gut und sie betrachtete liebevoll den verstrubbelten Mann mit der großen Nase und den blauen, großen Augen vor sich.

      „Wie wars?“, fragte er während er sich die Hände am Trockentuch abwischte.

      „Beim Essen.“ Abi lief schon wieder aus der Küche raus. „Ich muss erst aufs Klo!“, brüllte sie noch. Dann fiel die Badezimmertür ins Schloss.

      Wilks hatte Fisch gebraten und Reis gekocht und Abi aß genüsslich. Dabei starrte sie auf den absolut gerechtfertigten Pokal auf dem Küchenregal, den sie Wilks mal geschenkt hatte. The worlds best cook.

      „So, jetzt erzähl mal“, drängte Wilks.

      „Es war ganz interessant. So’n Fernsehstudio ist echt nicht groß. Die Regieassistentin hat mir gesagt, es würden 600 Zuschauer reinpassen.“

      „Das ist doch groß.“

      „Naja. Das Studio sah aus wie ein Würfel. Total hoch. Victor Frankly ist auch groß, obwohl er so winzig aussieht im Fernsehen.“

      Wilks lachte. „Tja Abs, ist ja auch Fernsehen. Da sehen Leute kleiner drin aus.“

      „Witzig.“

      „Und wer war der andere Gast?“

      „Michael Huffner.“

      Wilks lachte laut auf. „Oh nee, oder?“

      „Oh doch!“

      „Oh je. Und wie war er so?“

      „Ganz ok.“

      Wilks lachte auf. „Und sonst?“

      „Er hat Zahnkronen.“

      „Aber er war nett soweit?“

      „Hm. Soweit. Er hat schon Falten auf der Stirn, obwohl er nur ein paar Jahre älter ist als wir.“

      „Ich habe auch schon Falten. Schau!“

      Abi

Скачать книгу