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Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
Читать онлайн.Название Sagenbuch der Bayrischen Lande
Год выпуска 0
isbn 9783742772664
Автор произведения Alexander Schöppner
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
ihren Armen. »Eppelin! Eppelin!« war der einzige
Laut, den sie hervorbringen konnte. Und die Knaben
eilten herbei und sprangen laut jubelnd an dem Vater
empor und das zarte Mägdlein schmiegte sich an
seine Knie. Er aber starrte Alle an und drängte sie zurück.
Das Brod und den Weinschoppen, welches beides
die Müllerin aus dem Fenster hielt, riß er an sich
und ein weißes, feines Tüchlein, womit die Burgfrau
ihre Thränen getrocknet hatte, und ihren Schleier noch
dazu, und rannte damit in das Dickicht zurück. Aber
Frau Hedwig, die den Gatten nur zu wohl erkannt
hatte, folgte mit ihren Kindern jählings nach. Und da
wo das Gebüsch sich nach dem Wege öffnete, hart am
Rande des Waldes, sahen sie den Ritter zu einem Gegenstand
hineilen, der am Boden lag. Es war ein Roß.
Er warf sich neben ihm auf die Knie nieder, benetzte
seine mattschnaubenden Nüstern mit Wein und steckte
ihm Brod, das gleichfalls damit befeuchtet war,
zwischen die Zähne. Dann zerriß er den Schleier und
das Tuch, tauchte sie in den nahen Fluß und schlang
sie um die blutenden Beine des Gaules, während er
ihm zuweilen die Seiten und den Hals klopfte. Staunend
sahen solches Frau Hedwig und ihre Kinder mit
an. Sie erkannten jetzt wohl das braune Streitroß des
Gatten, des Vaters; aber fast war es schwer zu erkennen,
Blut und Schaum bedeckte es und ohnmächtig
streckte es seine starken und schönen Glieder. »Eppelin!
Eppelin!« rief jetzt Frau Hedwig noch einmal,
»du siehst dein Weib und deine Kinder nicht vor dem
Rosse und hast uns zurückgestoßen seinetwegen. Verwundet
ist es, wie es scheint, es gibt ja der Rosse
mehr, sollte man glauben.« Da wandte sich Eppelin
um und umarmte sein Weib. »Nur keines mehr wie
dieses,« erwiederte er auf ihren liebenden Vorwurf.
»Weib! Kinder! geht hin, liebkoset das Roß in seinen
letzten Zügen, denn ihm verdankt ihr, daß ihr mich
wieder sehet. Ueber den Burggraben der Nürnberger
Veste hat es mich getragen.« Und sie thaten, wie er
gebot. Mit zarten Händen streichelten sie das treue
Thier und thaten ihm wohl und suchten sein fliehendes
Leben zu halten, aber der Sprung war zu gewaltig
gewesen, und hatte seine Sehnen zerrissen. Nur bis
hierher noch reichte seine Kraft, den Herrn im flüchtigen
Laufe zu tragen, jetzt war sie erschöpft. Noch einmal
wieherte das Roß aus tiefer Lunge auf, noch einmal
wandte es den Kopf nach seinem Herrn und wieder
von ihm ab, dann brach es im Todeskampfe. Eppelin
von Gailingen ließ an der Stelle, wo das treue
Thier starb, einen Stein errichten.
153. Die Mistelgauer.
M i s t e l g a u Dorf, Ldg. B a i r e u t h . – A . C .
C a m m e r e r Naturwunder S. 129.
Von den Bewohnern der Umgegend werden die Mistelgauer
spottweise H u m m e l n geheißen. Von
dem Herkommen dieses Namens geht folgende Sage.
Einmal schickten die Mistelgauer einen aus ihrer
Mitte nach Nürnberg, um daselbst schönes Wetter zu
kaufen. Man gab ihm zu Nürnberg eine Schachtel mit,
mit dem Auftrage, sie nicht zu öffnen. Doch war der
Mensch neugierig und öffnete die Schachtel. Da
summte eine Hummel heraus und freute sich des Lebens.
Jener aber lief ihr nach und schrie beständig:
»Hummel, Hummel, nach Mistelgau!«
154. Die Wunderquelle bei Weidenberg.
Erzählt von K. T e u p s e r in B. G ö r w i t z
Sagenschatz v. Oberfr. S. 58.
Die Wunderquelle des Heilbrunnens unweit der Ruine
des Pfeiferschlosses bei Weidenberg, wurde im Jahre
1660 von einer Frau, mit Namen Agnes Herrmann,
aus dem Filialdorf Warmensteinach, entdeckt. Diese
litt seit längerer Zeit an einem kranken Arm, der ihr
unsägliche Schmerzen verursachte.
Oft geschieht es, daß man in verzweifelten Lagen
Hoffnung und Heil in Unmöglichkeiten und fabelhaften
Fügungen sucht – so auch die arme Frau. Als sie
nämlich am fürchterlichsten litt, sagte sie zu ihrem
kaum sechsjährigen Söhnlein: »du mußt mir helfen,
Kind, sonst bin ich verloren!« – da lächelte der Kleine
freundlich und sagte: »Ei freilich will ich dir helfen,
Mütterchen, wozu hätte mir denn sonst das weiße
Männchen im Traume das heilsame Brünnlein gezeigt.
Ich weiß den Weg dahin genau und will dich
führen.«
Obwohl der Knabe noch niemals diesen Pfad gegangen
war, so leitete er doch wirklich die gläubige
Mutter an die verheißene Quelle, darin sie den kranken
Arm baden sollte. Sie that es und wurde ihres Uebels
ledig. Die Genesene verbreitete mit dankbarem
Herzen die Kunde von der Wunderkraft des Heilbrunnens
und viele Leidende bestätigten diese. Man stellte
nachmals einen Opferstock auf, der reiche Spenden
für das Gotteshaus Weidenberg aufnahm und endlich
die Mittel zu den zwei großen, im Jahre 1738 gegossenen
Glocken darbot.
155. Die Königsheide.
Unweit B e r n e c k . – J.v. P l ä n c k n e r Piniferus S.
168.
Von der Königsheide auf dem Fichtelberg wird erzählt,
daß daselbst ein alter König entweder seine Residenz
und Begräbnißplatz gehabt, oder eine Schlacht
gethan habe, welches auch bezeugen die Gebeine,
Hirnschalen, alte, rostige Degen, Schild, Helm und
andere Kriegsrüstung so in den letzteren Jahrhunderten
noch von dem Landvolk hin und wieder auf dem
Felde ausgegraben und gefunden worden. Dieser
König soll nebst seinen vornehmsten Helden an einer
Quelle begraben