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entschlief. Am andern Morgen machte er sich auf und

       wollte wieder hinab nach Reichenhall, sah sich jedoch

       zuvor im Gehen ein wenig in die Weite um und siehe!

       plötzlich steht vor ihm ein barfüßiger Mönch, der

       betet aus einem Buche und trägt eine große Bürde

       Schlüssel auf der Achsel. Jetzt redet der Mönch ihn

       an: »Wo bist du gewesen? Wo gehst du hin? Hast du

       gegessen oder bist noch hungrig?«

       Lazarus antwortete schlecht und recht, und der

       Mönch hieß ihn mit sich gehen. Sie gingen aufwärts

       gegen den hohen Thron, kamen wieder an eine Felskluft,

       die war mit einer eisernen Thür versperrt, welche

       der Mönch mit einem seiner Schlüssel aufschloß,

       und dann traten sie in den Berg ein. Der Mönch

       sprach zu Lazarus Aigner: »Lege deinen Hut allda

       nieder, so kannst du wieder heraus; innen aber sprich

       zu Niemand ein Wort, es sage einer zu dir, was er

       wolle. Mit mir darfst du reden und mich fragen, was

       du willst. Merke auch wohl, was du siehest und hörest.

       « Innen zeigte sich ein großer Thurm mit einer

       goldgezierten Uhr. Da sprach der Mönch: »Schau auf

       die Uhr, auf welcher Stund' der Zeiger steht und um

       welche Stund es ist.« Es war sieben Uhr. Als Lazarus

       Aigner aufschaute, sah er ein herrliches Gebäu mit

       einem doppelten Glockenthurm, wie ein ansehnliches

       Kloster, das auf einer schönen weiten Wiese lag. Ein

       Brunnen war daneben mit schneekaltem Wasser,

       rundum war schöner grüner Wald. Der Wanderer kam

       mit dem Mönch in eine Kirche, die so weit war, daß

       er von der hintern Kirchthür kaum auf den Chor hinaufsehen

       konnte. Dort beteten Beide, und der Mönch

       hieß den Mann in einem Stuhle bleiben und sagte

       ihm, daß die Kirche zweihundert Altäre habe und

       über dreißig Orgeln. Als Lazarus in dem Stuhle saß,

       kamen eine Treppe herunter mehr als dreihundert

       Mönche, alte und junge, blickten ihn scharf an, gingen

       auf den Chor und sangen die Horas andächtiglich.

       Nun erklangen alle Glocken, und unzählbare Schaaren

       Andächtiger, angethan mit herrlichen Kleidern, erfüllten

       das unterirdische Gotteshaus. An allen Altären

       wurde Messe gelesen und das Hochamt gesungen, und

       alle Orgeln erdröhnten, und zahllose Instrumente wurden

       laut mit himmlischer Musik. Dann verlor sich das

       Volk und die Mönche wandelten wieder an dem Erstaunten

       vorüber. Hernach führte der Mönch Jenen

       eine Treppe von achtzig Staffeln hinauf in einen Speisesaal

       voll hoher doch unverglaster Kirchenfenster zu

       beiden Seiten, daraus man hinabsah auf die Wiese.

       Daran stieß der Convent, oben gewölbt und mit schönen

       Fenstern wohl versehen. Darinnen standen lange

       Tische, und an einem derselben speiste der Mönch

       den Lazarus Aigner mit üblicher Klosterkost und

       einem Becher Wein. Zur Nonzeit (drei Uhr Nachmittags)

       gingen Beide wieder in die Kirche, die wieder

       voll Volkes war. Nach der Non gingen sie in die Bibliothek,

       da sah Aigner viele Leute auf dem Anger hin

       und her gehen, und auf Befragen, wer diese seien, antwortete

       der Mönch: »Es sind alte Kaiser, Könige,

       Fürsten, Bischöfe und andere Ritter, Herren und

       Knechte, Edle und Unedle, auch Frauen, christliche

       Leute, welche den christlichen Glauben zur letzten

       Zeit Untergangs der Welt helfen erretten und vertheidigen.

       «

       Die Bücher in der Bibliothek waren uralt, aus

       Baumrinden und Häuten und mit alten unbekannten

       Buchstaben beschrieben. Vieles las und erklärte der

       Mönch. Zur Vesperzeit gingen Beide abermals in die

       Kirche, dann in den Convent zum Speisen, dann in

       die Complet. Darauf ordnete sich ein langer Zug der

       Mönche mit Büchern und Laternen, und gingen je

       zwei und zwei nach dem hohen Thurme, durch welchen

       Lazarus eingegangen war in den Untersberg. Da

       sah man zu zweien Seiten sechs Thüren, und der

       Mönch nannte zwölf verschiedene Kirchen in der Umgegend,

       in welche man durch diese Thüren gelange,

       nach Salzburg, Reichenhall und andere. Er sprach:

       »Jetzt gehen wir nach St. Bartholomä bei Berchtesga-

       den;« und so that sich die eine Thür auf, und sie gingen

       in einem breiten und schönen Gange fort und fort.

       Einmal sagte der Mönch: »Schau, Lazarus, jetzt

       gehen wir tief unter dem See,« damit er den Königssee

       meinte, an welchem St. Bartholomä gelegen ist. In

       der Kirche sangen sie die Metten und gingen dann zurück.

       Der folgende Tag wurde vollbracht, wie der erste,

       nur daß sie zur Nacht in den Dom zu Salzburg gingen

       und dort ihr Gebet verrichteten. Hernach lasen sie in

       der Bibliothek die großen Bücher voll alter Geschichten

       und zukünftiger Ereignisse, und der Mönch sprach

       viele Weissagungen, wie es dermal einst in der Welt

       sich zutragen werde. Als sie so lasen und mit einander

       sprachen, ersahen sie einen Kaiser unter dem Volke,

       mit Kron' und Scepter, der hatte einen grauen Bart

       vom Haupte bis zum Gürtel, und der Mönch sagte:

       »Das ist Kaiser Friederich, welcher einstens auf dem

       Walserfelde ist verzuckt worden. Schau ihn wohl an,

       er ist in solcher Gestalt, wie er ist, verloren gegangen.

       « Auch andere verstorbene Fürsten und edle Herren

       mehr erblickte Lazarus, auch seiner noch lebenden

       Bekannten Etliche, und fragte den Mönch was diese

       in dem Berge machten und ihr Thun und Lassen sei?

       Da gab ihm der Mönch eine solche derbe Maulschelle,

       daß er sie sein Lebelang empfand, und sprach zornig:

       »Was bedarfst du Wissens und Forschens nach

       den Geheimnissen Gottes?« –

       So waren nun bereits sieben Tage vergangen, als

       der

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