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wird. Nebenbei erwähnt, es war auch die Bar, in der ich gelegentlich meinen Hintern hinter den Tresen schwang, um mir ein paar Dollar dazu zu verdienen.

      Ungeduldig rutschte ich auf meinem Sitz hin und her und starrte auf den Sekundenzeiger meiner Armbanduhr.

      Tick, tick, tick.

      Eine Dreiviertelstunde hatte ich bereits gewartet. Das Stimmengewirr der Menschen um mich herum wirkte wie eine Art Trance. Der Geruch von Sonnencreme und Zigarettenqualm kroch mir in Nase und meine Achseln produzierten schon wieder vermehrt Schweiß. Zum Kotzen. Einfach alles - das Warten, dass Amber mich versetzte, dass meine Füße in lächerlichen Schuhen steckten. Nicht zu glauben, dass ich extra für dieses Treffen auf meine Cowboystiefel verzichtet hatte.

      Ein Surfer am Nachbartisch, der aussah wie der junge Robert Redford, erzählte seinem männlichen Begleiter von einer mörderischen Welle, die er in einem Sturm am Waikiki Beach auf Oʻahu genommen und dabei eine spirituelle Erfahrung gehabt hatte. Ich träumte mich an einen schneeweißen einsamen Sandstrand an einer der Küsten Hawaiis.

      Amber Jones tritt aus dem türkisfarbenen Wasser, mit nichts bekleidet als einem hauchdünnen Bikini. Ihre apfelgroßen, braungebrannten, mit Meerwasser benetzten Brüste funkeln im Licht der untergehenden Sonne. Ich rekele mich splitterfasernackt auf meinem Handtuch und beobachte sie dabei, wie sie langsam auf mich zuläuft.

      Lautes Gelächter riss mich aus meinem Tagtraum. Die fast nackte Amber Jones wurde vom Lachen einer Lady verschluckt, die sich mit zwei anderen Damen schenkelklopfend über irgendetwas köstlich amüsierte. Die Stimmung im 187 war gut. Die Bar war voll. Die Kasse klingelte. Ich blickte zu meiner Kollegin Maureen rüber und war froh, heute Abend keinen Dienst zu haben.

      Nachdem Amber mich mit einem Schwall alter und neuer Emotionen auf meiner Küchenbank zurückgelassen hatte, rief sie mich, wie versprochen, noch am selben Abend an, um zu erfahren, ob das Zimmer zum Hinterhof noch zu haben sei. Am Telefon klang ihre Stimme noch bezirzender. Natürlich war das Zimmer noch zu haben - was für eine Frage!

      Wir verabredeten uns für den nächsten Tag und ich schlug die Bar vor, in der ich arbeitete.

      Während ich durch einen Strom zuckender Glieder und lachender Gesichter hindurch auf die Eingangstür starrte, ging ich in Gedanken noch einmal unser Telefonat durch. Dieses ansteckende Lachen. Dazu ihre vorsichtig gestellten Fragen und die Freude in ihrer Stimme - niemand würde als Mitbewohnerin besser in Frage kommen als sie. Ich spürte, wie mein Puls bei dieser Erkenntnis augenblicklich in die Höhe schnellte.

      "Hey, Bab, kann ich dir noch was bringen?", fragte Maureen, die plötzlich neben mir stand.

      Ich hatte ihr Kommen gar nicht bemerkt.

      Maureen hatte immer leicht zickige Attitüden, war aber ansonsten ein feines Mädchen. Ihre Freizeit verbrachte sie fast ausnahmslos am Strand. Sie war eines dieser Surf-Girlies. Ich hatte sie mal begleitet, sie war wirklich gut und es machte Spaß, ihr zuzuschauen. Neben dem Surfen war sie eine leidenschaftliche Joggerin, ein Umstand, der ihre ohnehin sehr sportliche Figur noch mehr in Form hielt und um den ich sie beneidete.

      Sie hatte kurzgeschorene blonde Haare und unzählige Sommersprossen im Gesicht. Vor einem Jahr hatten wir mal was miteinander, aber auch wenn wir uns mochten, waren wir nicht verliebt. In erster Linie ging es um Sex. Es war ein schöner Sommer. Unser schweißtreibendes Techtelmechtel endete, als Maureen sich in Peter verliebte, ein Deutscher aus ihrer Surfer-Clique. Die beiden waren ein schönes Paar und ich freute mich für sie.

      "Nein, Liebes, ich bin versorgt", murmelte ich freundlich und zeigte auf mein Weinglas.

      Maureen zwinkerte mir zu.

      Mit einer eleganten Drehung entfernte sie sich fast hüpfend von meinem Tisch. Dabei konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, ihr auf den Hintern zu schauen. Sie war die Einzige in dem Laden, der es vom Chef erlaubt worden war, ohne Schürze zu kellnern.

      Die Tür der Bar öffnete sich ein weiteres Mal und endlich sah ich das Gesicht, auf das ich schon eine gefühlte Ewigkeit gewartet hatte.

      Amber - verdammt, das wurde aber auch Zeit. Suchend wanderten ihre Augen durch die Menschenmenge. Ich hob den Arm und winkte ihr zu. Wohl wissend, dass viele Augenpaare sie fixierten, schritt sie auf mich zu.

      "Bitte entschuldige, ich komme sonst nie zu spät. Aber du glaubst nicht, was mir eben passiert ist!", sagte sie, als sie neben mir stand.

      "Jetzt setz dich erstmal, was möchtest du trinken?"

      "Wasser. Nein, warte, was trinkst du?"

      "Rotwein."

      "Ja, trink ich auch. Rotwein ist jetzt gut."

      Amber winkte Maureen zu und zeigte auf mein Weinglas. Zwei signalisierte sie ihr per Handzeichen. Als sie ihre Tasche abgelegt hatte, beugte sie sich nach vorn und gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich errötete sofort.

      "Na?", sagte sie und lächelte.

      Ich konnte ihr Parfüm riechen. Ihr langes Haar war hochgesteckt. Ihre Muschelohrringe wackelten aufgeregt hin und her.

      Obwohl der Laden brechend voll war, brachte Maureen sofort die Bestellung.

      "Entschuldigung, ich hätte gern noch ein Wasser dazu", sagte Amber.

      Maureen, die sich mit unseren Getränken extra beeilt hatte, wirkte von Ambers mäkeligem Ton sofort sichtlich genervt. Kellner hassen es, wenn Gäste alles kleckerweise ordern. Man fühlt sich wie ein Idiot, der aus Spaß durch die Gegend gescheucht wird. Rumscheuchen wird als Mordmotiv völlig unterschätzt.

      "Geht’s dir gut?"

      "Ja, und dir? Was ist los? Du bist spät dran."

      "Hach", stöhnte Amber gekünstelt, "da war eben ganz schön was los. Überall um den Park herum standen Polizei- und Krankenwagen. Alles war abgesperrt. Ich musste einen Umweg nehmen".

      "Aha." Ich sah sie frech an: "Bewegung hat noch keinem geschadet."

      Amber kicherte und musterte mich nun genauer. Mit spitzzüngigem Ton entgegnete sie: "Du bist ja deine Pausbacken losgeworden".

      Ich grinste beschämt. Sollte das ein Kompliment sein?

      "Und die Haare trägst du jetzt auch anders!"

      "Na, hör mal, natürlich trage ich meine Haare jetzt anders, wir sind ja schließlich nicht mehr fünfzehn".

      "Steht dir gut - das Kurze." Amber zwinkerte kokett und plapperte meine Worte nach, "genau, wir sind ja schließlich nicht mehr fünfzehn".

      Jetzt war es unser Gelächter, das durch die Bar hallte.

      Maureen kam erneut an den Tisch und brachte das bestellte Wasser. Doch als sie die Flasche ansetzte, um das Glas zu füllen, hielt Amber es plötzlich zu und sagte: "Oh, nein, sorry, tut mir leid, ich wollte stilles Wasser. Bitte, kein Sprudel".

      Das war zu viel! Maureen presste theatralisch einen Seufzer aus ihren hübsch geschwungenen Lippen und sah vorwurfsvoll zu mir runter. Ich zuckte nur mit den Schultern. Ambers selbstbewusste Art gefiel mir, sie schien genau zu wissen, was sie wollte und auch, was sie nicht wollte - vorzugsweise zum Beispiel schon mal kein Wasser mit Sprudel.

      "Und, was machst du so, du studierst also, Wirtschaft ja?"

      "Mmmh." Auf dieses Thema hatte ich nun wirklich keine Lust, aber Amber hakte nach. Sie konnte ja nicht wissen, dass ich den halben Tag vor dem Küchenfenster herumlungerte und fast daran zerbrochen bin, als Drehbuchautorin, das Gefühl zu haben auf ganzer Linie gescheitert zu sein.

      "Und läuft’s?"

      "Ja, läuft", sagte ich wortkarg und wechselte schnell das Thema. "Wie läuft’s in New York?"

      Nun war Amber es, der man die Worte aus der Nase ziehen musste. Offensichtlich hatte sie genauso wenig Lust über New York zu plaudern, wie ich über mein Versagen in L.A.s Filmindustrie und mein trockenes Studium. Also schwiegen wir einen Moment, während sie es nicht lassen konnte, permanent mit ihrem Knie gegen meins zu stoßen. Es fühlte sich jedes Mal

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