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Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Simone Stöhr
Читать онлайн.Название Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft
Год выпуска 0
isbn 9783847651505
Автор произведения Simone Stöhr
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Guten Morgen mein Liebling. Heute schon so fleißig? Hättest du nicht noch etwas im Bett bleiben können?“
„Wenn wir deinen Gästen heute kalte Küche servieren sollen, komme ich sofort wieder ins Bett zurück!“, scherzte Laura und umarmte ihn. „Ich wünsche dir alles Liebe und Gute zum Geburtstag, mein Schatz.“
„Kalte Küche klingt sehr verführerisch!“, lachte William und umarmte auch Martha, die noch abseits am Backofen den Kuchen hineinschob.
„Danke, dass du Laura hilfst. Ich weiß das sehr zu schätzen.“
„Gern geschehen. Auch von mir alles Gute zum Geburtstag, viel Gesundheit und Gottes Segen, mein Junge. Jetzt bist du schon 32 Jahre alt. Mein Gott, wo ist die Zeit hingekommen!“, sinnierte Martha.
„Das kann ich dir auch nicht sagen“, lachte William. „Die Zeit sieht man dir jedenfalls nicht an. Ich hoffe, ich kann das auch mal von mir sagen, wenn ich so alt bin, wie du.“
„Lieb gemeint, aber ich weiß selbst, wie alt ich geworden bin, William. Das können auch die charmanten Schmeicheleien der Carringtons nicht ändern!“
Sonntag, 17.02.2008, Wellington, 08:22 Uhr
Catherine und Susann stiegen in Wellington aus der T und machten sich auf den Weg zur Carrington Villa. Eine bedrückende Stimmung herrschte zwischen den Frauen und Catherine war es absolut nicht wohl in ihrer Haut. Sie war gerade dabei, genau das zu tun, das sie nie im Leben vorgehabt hatte – ihre Mutter um Geld anflehen. Und anflehen war dieses Mal mehr als nur wörtlich gemeint. Das Wasser stand ihr bis zum Hals und in ihrer jetzigen Situation würde sie ihrer Mutter auch die Füße küssen, wenn sie sich dadurch nur erweichen lassen würde. Nicht zuletzt spürte sie, dass sich die fehlenden Drogen in ihrem Körper, wie Gift durch ihre Adern schlichen. Eine bleierne Schwere kroch durch ihre Extremitäten und sorgte für kalten Schweiß, der ihr aus allen Poren ihres Körpers herausströmte. Den Hunger, den sie vorhin noch verspürt hatte, trat dabei vergessen in den Hintergrund. Sie wusste genau, was sich die nächsten Stunden abspielen würde, wenn sie bei ihrer Mutter nicht erfolgreich sein sollte. Es würde ihr zusehends schlechter gehen und aus der bleiernen Schwere würde brennendes Feuer werden, das ihren Körper stark zum glühen brachte und sie schmerzlich innerlich verbrennen ließ. Schmerzen angefangen von ihrem Arm, der sich nach der Injektionsnadel sehnte, zu starken Bauchkrämpfen bis hin zu Schüttelfrost, der den ganzen Körper neben dem verbrennen auch noch frierend erzittern ließ. Cathy wusste, was ihr blühte. Erst Wochen zuvor hatte sie selbst versucht von dem Scheißzeug loszukommen und hatte es einfach nicht geschafft! Die Schmerzen, die täglich schlimmer wurden, waren ihr noch deutlich im Gedächtnis geblieben und machten ihr entsetzliche Angst. Sie musste nur 10 Tage durchhalten, dann sagte man, wäre das meiste geschafft. Doch jeder Tag hatte in der Phase des Entzuges nicht 24 Stunden, sondern kam einem wie ein ganzer Monat vor. Es war eine schier endlose Situation aus der sie keinen Ausweg mehr sah. Anfangs sah sie die Drogen als Flucht aus der Realität und vieles schien einfacher dadurch. Doch mittlerweile brauchte sie die Drogen nicht mehr nur um sich vor der grausamen Realität zu verstecken, sondern als Erleichterung gegen die Schmerzen, die sie hatte, wenn sie nicht mit Drogen berauscht war. Sie konnte mittlerweile auf einige Jahre Drogenerfahrung zurückblicken. Anfangs war es nur der Alkohol, der mit der Zeit von Party zu Party kombiniert wurde mit einem Joint, aber auch Ectasy, Speed oder wenn es gut herging mit ein paar Lines Koks. Es war nicht schwer an die Drogen zu kommen, denn meist brachten Typen, die an ihr interessiert waren die Drogen mit und so hatte sie weder Geldprobleme, noch Probleme an die Drogen heranzukommen. Das war auch die Zeit, in der sie glaubte, sie könne jederzeit wieder damit aufhören. Doch eine Party ohne Drogen war irgendwie keine Party, wenn alle anderen stoned waren und man selbst nicht. Doch durch die Wirkung der Aufputschmittel brauchte sie auch regelmäßig Beruhigungsmittel, wie Valium, um überhaupt wieder herunterzukommen. Mit wechselnden Jobs hielt sie sich dabei noch wacker als ungelernte Kraft ohne Abschluss über Wasser. Kellnerinnen, aber auch attraktive Empfangsdamen wurden immer irgendwie gesucht, weshalb es ihr so leicht fiel immer einen neuen Job zu finden, wenn ihr alter Boss schließlich ihr Zuspätkommen oder ihren betrunkenen Zustand satt hatte und sie hinauswarf. Doch schließlich verlor auch Speed seine berauschende Wirkung, wenn man ständig oben war und nie herunterkam. Daher probierte sie Heroin, auch H genannt, aus. Jedoch, wenn sie voll drauf war, war es ihr einfach zu viel zu arbeiten. Sie wollte nicht mehr angeschrien und beleidigt werden, wenn man dann auch noch mit Blasen an den Füßen nach Hause kam. Und nachdem ihr vor 8 Monaten die Möglichkeit geboten wurde bei Susann, die sich lieber Jasmin nannte, und Matthew einzuziehen, war es auch nicht mehr zwingend notwendig arbeiten zu gehen. Matthew war bislang großzügig gewesen, auch im Spendieren von Drogen, weshalb es für sie keinen Grund gab einer geregelten Arbeit nachzugehen. Wenn das Geld dennoch knapp wurde, weil sie den beiden nicht ständig auf der Tasche liegen wollte, ging sie ein Wochenende im Stripclub tanzen und dank ihres guten Aussehens und der Beliebtheit bei den Männern, hatte sie schnell das nötige Kleingeld wieder beisammen, um sich die nächsten Drogen zu finanzieren und sich so noch ein paar Kleinigkeiten zu gönnen. Nur hatte genau diese Arbeit den Nachteil, dass sie danach, um die ganzen Blicke und das Betatsche zu verarbeiten, eine extra Ration H brauchte, um es vergessen zu können. Die Abstände wurden kürzer und schließlich steigerte sich das letzte halbe Jahr auch ihr Konsum so wesentlich, dass es schon mehrere Wochen dauern würde, bis sie die Schulden abarbeiten könnte und diese Zeit hatte sie wahrlich nicht mehr, nachdem Matthew ihr eine letzte Frist bis zum Ende der Woche eingeräumt hatte. Aus dem lieben Matthew wurde plötzlich der unangenehme Dealer und er gab ihr mehr als nur deutlich zu verstehen, dass er zu seinem Geld kommen würde, ob ihr das Spaß machte oder nicht. Und die Alternative, die er vorschlug, sie mit Jasmin auf den Strich zu schicken, war eine Lösung, die sie um alles in der Welt vermeiden wollte. Es war eine Sache sich vor schmierigen Kerlen auszuziehen, aber eine deutlich andere mit ihnen Sex haben zu müssen. Davor graute ihr am meisten. Natürlich hatte sie schon mit Männern geschlafen, die ihr nichts bedeuteten und bekam Geld, Drogen und anderes geschenkt, aber bisher konnte sie sich die Männer immer aussuchen und konnte es sich leisten auch nein zu sagen. Doch das war jetzt mit dem Ultimatum nicht mehr möglich und Catherine schauderte vor den perversen Neigungen, die manche Freier an den Tag legten, wie Jasmin ihr schon des Öfteren berichtet hatte. Langsam setzte sie einen Schritt nach dem anderen vor sich.
„Komm trödel nicht so! Ich habe heute auch noch etwas anderes vor!“, warf Jasmin ihr vor.
„Du musst ja nicht mitkommen. Ich kann das auch alleine machen!“, verteidigte sich Catherine.
„Kannst du eben nicht! Du hast Matt doch gehört! Ich soll dich begleiten und auf dich aufpassen. Dein Ultimatum läuft in ein paar Stunden ab und er hat Angst du könntest dich vom Acker machen und er bleibt auf deinen Schulden sitzen.“
Auch daran hatte Catherine schon gedacht, aber genauso schnell verworfen. Matthew war kein Unbekannter in der Drogen- und Prostitutionsszene. Vor ihm zu flüchten war ohne genügend Geld und Kontakte, wo sie sich verstecken konnte unmöglich. Bei einem Scheitern der Flucht war dies gleich einem Selbstmordkommando zu setzen. Und das war mit 90%iger Sicherheit der Fall. Die ganze Woche über hatte sie sämtliche Freunde abgeklappert und versucht so zumindest etwas Geld zusammen zu bekommen. Doch letztlich waren es bis gestern Abend nur lächerliche 273 Dollar und 40 Cents. Viel zu wenig für Matthew! So blieb ihr nur noch ihre letzte Chance, die schlimmste von allen – ihre Mutter um Geld zu bitten. Sie war die einzige, die ihr noch helfen konnte. Natürlich verdiente sie bei den Carringtons als Haushälterin kein Vermögen, insbesondere, da sie in Rente war und nur noch bei Festen aushalf, so wie heute, wie sie von der Nachbarin erfahren hatte. Trotzdem war sie sparsam und hatte immer Geld auf der Seite, das sie für Notfälle aufhob und ein Notfall war das jetzt auf jeden Fall. Auch wenn sie sich die Antwort schon denken konnte, versuchte sie es trotzdem. Vielleicht war mit