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Alter Postplatz. Heinz Plomperg
Читать онлайн.Название Alter Postplatz
Год выпуска 0
isbn 9783738069167
Автор произведения Heinz Plomperg
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Natürlich hatte Franz die Situation in weniger als einer Sekunde erfasst, aber jetzt musste er Hannes in die Parade fahren und ihm im Telegrammstil alles Geschehene vortragen.
Toni sprang auf, erbleichte und begann wie ein Tiger im Käfig auf und ab zu gehen. Ganz mechanisch schenkte sie sich ein Glas Champagner ein, trank es auf einen Schluck aus und platzte ins Ende von Franzens Ausführungen:
„Das is´ eine Katastrophe! Das is´ eine Katastrophe! Der Papa bringt mich um, steckt mich ins Kloster, ich kann mich erschießen! Nein, kann ich auch net´! Womit denn? Wie soll ma´sich denn erschießen, wo ma´nix hat; Herrgottnochamal!“
Franz machte große Augen, als zweifle er am Verstand der Hoteliertochter, da meinte Hannes schlicht: „Das Fräulein Toni hätt´ eigentlich auch im Ringtheater sein sollen. Und ihre Cousine is dort.“
„Herrgottsakrament,“ stöhnte Franz, „da setzt´di´ nieder.“
Und er tat es, sank im Fauteuil zusammen, wo eben noch Toni gesessen hatte und weil es für den Moment ohnehin schon egal war, schenkte Hannes ihm und sich einen Cognac ein.
„Was mach´ ich jetzt? Was mach´ ich denn nur? Herrje, wo ich net´ weiß, was mit der Resi is´, wie soll ich denn da nach Haus´?“, Toni war schier am Verzweifeln.
Franz wusste für den Moment auch keinen Rat und entschuldigte sich, nachdem er rasch den Cognac geleert hatte, er müsse zurück zu den Gräflichen. Er ließ die Tür irgendwie halb offen als er ging.
Hannes zog Toni auf die Couch, sie saßen einander gegenüber, er hielt ihre Hände und sah sie an. „Fräulein Toni, verzeihen Sie mir die unmögliche Situation, in die ich Sie gebracht hab. Ich werd´ das alles schon wieder g´rate rücken, aber als erstes müssen wir direkt zu ihrem Herrn Papa. Es gibt keine andere Möglichkeit, wir müssen direkt zu ihm und ihm alles gestehen. Er wird krank vor Sorge sein und dass Sie leben und unbeschadet sind, ist ihm wohl wichtiger als alles andere?“
„Das lassen Sie ruhig meine Sorge sein, junger Mann!“, dröhnte der Kommerzialrat und trat ins Zimmer, „Obwohl ich zugeben muss, dass Ihre Worte Sie ehren. Ihr Vorhaben weniger ...“ , Kupferwieser warf einen Blick auf das arrangierte Buffet, die Weine, den Samowar, eine gewisse Anerkennung konnte er nicht ganz verbergen.
„Herr Papa ...“, mehr brachte Toni nicht hervor und stand auf.
„Herr Kommerzialrat, ich übernehme für alles die volle Verantwortung.“, stellte Hannes sich schützend neben Toni.
„Die Resi ...?“, fragte Toni.
„Womit wir beim wichtigsten Teil des heutigen Abends sind. Kind, der Resi geht’ s gut, sie is´ über den Balkon hinaus. In ihrer Loge war ein junger Kadett mit seinen Eltern oder so ähnlich, jedenfalls hat er alle sauber ´rausgebracht, die Resi hat sogar ihren Pelz, nur ihre Handtasche ist perdu.“
Kupferwieser legte Zylinder, Stock und Handschuhe ab, schlüpfte aus dem Stadtpelz und nahm souverän Platz: „Setzt euch Kinder, setzt euch, wir haben was zu bereden. Gibt´s für mich vielleicht auch einen Cognac?“
Hannes beeilte sich und der Kommerzialrat entspannte sich tatsächlich etwas.
Er war immer noch wütend auf den Hannes und böse auf die Toni, aber ein Blick auf die geschlossene Tür, hinter der nur Hannes´ Schlafzimmer liegen konnte, beruhigte ihn schließlich wieder etwas. Die Situation hätte schlimmer sein können. Sehr viel schlimmer.
Kurz und gut, erläuterte Kupferwieser, seine Tochter sei kompromittiert, jetzt rätselten schon alle im Hotel, wieso die Resi zurück gekommen sei und sie, die Toni, immer noch nicht, er habe seinerseits keine Lust, Frau Schwaninger etwas vorzumachen und dass die Cilly hier im Palais ein und aus ginge, sei ihm auch bekannt. Außerdem kenne man ja die Resi, die habe einen Schock für´s Leben, wiewohl sie zunächst sehr kaltblütig reagiert habe. Jedenfalls ließe sich auf Dauer gar nichts verheimlichen.
„Daher, mein lieber junger Mann, erwarte ich noch morgen Ihren Antrag.“, so der Kommerzialrat, „Und ebenfalls morgen geh ich dann gleich zu ihrem Grafen, denn Sie werden natürlich bei mir im Haus einsteigen.“
Die jungen Leute fielen sich nach kurzem, erstauntem Zögern in die Arme und Hannes versicherte, dem Kommerzialrat in allen Wünschen sogleich nachkommen zu wollen, nur ... vielleicht, nicht gleich morgen, wegen der Baroness ...
Dann erzählte er, wie man im Palais vom Brand erfahren hatte und dass er eigentlich schon längst bei der Polizei im Wachzimmer Am Hof sein sollte.
„Gut,“ meinte Anton Kupferwieser, „dann erwarte ich Sie bei mir, sobald sich die Aufregungen hier im Haus gelegt haben und sich hier alles hoffentlich auch zum Guten geklärt hat. Aber ich will dann gleich nachher zum Grafen gehen, um alles Weitere zu klären. Und jetzt ab zur Polizei. Und wir, mein Kind gehen jetzt nach Hause und bereden alles morgen in aller Ruhe, beim Frühstück.“
Hannes ließ es sich nicht nehmen, Toni und ihren Vater bis zum Hotel zu begleiten, Toni verschwand durch den kleinen Seiteneingang, nachdem Hannes ihr noch formvollendet die Hand geküsst hatte.
Ihr Vater verneigte sich einigermaßen kühl vor Hannes und ging noch einmal ins Hotel, um Nachricht zu hinterlassen, dass seine Tochter nun auch wohlbehalten heimgekehrt sei. Für einen Moment sah er Hannes noch nach, während sich dieser durch die kalte Nacht zur Polizei begab. Kupferwieser war nicht ganz zufrieden, aber ganz und gar unzufrieden war er auch nicht.
„Hätt´ schlimmer kommen können,“ sagte er halblaut zu sich selbst, während er die Drehtüre zur Halle in Bewegung setzte, wo ihn Dr. Neuländer erwartete, „Hätt sehr viel schlimmer kommen können!“
Am nächsten Morgen standen alle irgendwie verspätet auf, in der Wohnung der Kupferwiesers. Am übernächsten Morgen schließlich berief Anton auch Frau Schwaninger und die Cilly zum Frühstück und verkündete, ohne die näheren Umstände zu erwähnen, den bevorstehenden Antrag Hannes Wotrubas und seinen Wechsel aus dem Palais hier ins Haus.
Die Frauen gratulierten Toni, die abwechselnd rot und bleich wurde, vor Verlegenheit.
Dann wandte sich der Kommerzialrat an Cilly: „Ich hab´s dir gleich gesagt, damit du nicht erst Länge mal Breite deinen Franz ausfragen musst.“ - und als Cilly daraufhin rot und bleich wurde - „Ja glaubst denn, ich merk´s nicht, wie du dauernd in der Falknergasse verschwind´st? Aber das hört sich jetzt auf mit den Gspusis quer über den Platz. Schau´ zu, dass er dich heiratet, oder mach´ Schluss mit ihm, hörst?“
„Sehr wohl, Herr Kommerzialrat,“ Cilly druckste etwas herum, „Wir müssen vielleicht eh. Es is nämlich was passiert. Ich glaub´, es is was unterwegs bei mir.“
Kupferwieser seufzte, ja, dachte er, hätt´ schlimmer kommen können, sehr viel schlimmer, jedenfalls solle sie sich keine Sorgen machen, er werde auch das beim Grafen in Ordnung bringen und im außerdem solle Frau Schwaninger gleich einen Termin für die Cilly beim Dr. Neuländer ausmachen.
Später, als sie allein waren, fragte Toni ihren Vater geradeheraus: „Wann genau haben Sie sich entschieden?“
„Ehrlich gesagt, wie ich den Aufschnitt gesehen hab´, die Käseplatte, die Obstschale. Da hab´ ich das erste Mal das Gefühl g´habt, der Mensch würd´ in unser Haus passen. Vorher war ich noch so wütend, wie noch nie und wenn du nur eine Tür weiter gewesen wärst, hätt´ ich sie mit meinem Stock eingeschlagen, das lass´ dir gesagt sein, mein Kind!“
Dann vertraute er ihr an, dass er ohnehin vorgehabt hätte, Frau Schwaninger im nächsten Jahr zu heiraten, was für Toni auch keine große Überraschung war. Jedenfalls habe er sie sowieso statt der Schwaninger zur Hausdame machen wollen und wenn der Haberzettl nächstes Jahr in Pension ginge, könne der Hannes ja vorerst einmal das Restaurant übernehmen. Und wenn es wirklich soweit käme, dass die Cilly und dieser Franz heirateten, dann hätte der