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Todbringende Entscheidung. Mara Dissen
Читать онлайн.Название Todbringende Entscheidung
Год выпуска 0
isbn 9783746723433
Автор произведения Mara Dissen
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„So, hier, der Zettel wie Sie das Ding nennen. Ich würde es eher als Wisch bezeichnen. Tut mir leid, dass er so zerknüddelt ist, aber ich habe wirklich nicht gewusst...“,
„Schon gut, unterbrach sie Bronk. Geben Sie her und beruhigen Sie sich wieder. Ich habe doch vollstes Verständnis für Ihre Situation.“ Bronk strich das Papier auf seinen Knien glatt. ZUR ZEIT KEINE KARTENZAHLUNG MÖGLICH. NUR BARZAHLUNG!!! Bronk starrte auf den Zettel, während sich seine Lippen lautlos bewegten.
„Das ist in sehr schönen Druckbuchstaben handschriftlich verfasst. Haben Sie das geschrieben?“
„Ja, wer denn sonst? Danke für das Lob“, rang sich Petra nun wieder ein Lächeln ab.
„Warum haben Sie hinter Barbezahlung drei Ausrufezeichen gemacht und hinter den Satz mit der Kartenzahlung nur einen Punkt?“, setzte Bronk seine Befragung fort.
„Na, weil ich eben Bargeld wollte. Ich meine brauchte. Na, Sie wissen schon, wie ich das meine. Das Bargeld war doch das Wichtige. Ich meine, dass die Leute Bargeld dabei haben, ist doch nicht selbstverständlich. Mein Gott, Sie machen mich ganz bussig.“
„Ganz ruhig, Frau Stautmeister. Es kommt alles in Ordnung. War das Schild an der Tür denn nicht zu spät? Hatten die Kunden dann nicht schon getankt? Was, wenn die kein Bargeld hatten?“
„Ich stehe doch an der Zapfsäule und habe es den Kunden vor dem Tanken mitgeteilt. Aber Sie haben Recht. Dann hätte ich mir das Schild an der Tür auch sparen können“, lachte Petra nervös auf.
„Sagen Sie, Frau Stautmeister, wie lange ging die Sache mit der Barzahlung? Hier auf dem Zettel steht kein Datum“, hakte Bronk nach.
„Na, so zwei, drei Tage. Vielleicht auch länger“, murmelte Petra verunsichert.
„Sie sind hier die Tankwartin. Sie sollten schon wissen, wie lange ihr Kartengerät nicht funktionierte. Was haben Sie denn und vor allem wann unternommen, damit Ihr Lesegerät wieder funktioniert?“, hatte Bronks Stimme etwas Lauerndes angenommen.
„Ich habe da diese Firma oder sowas angerufen. Habe da eine Adresse, aber die kamen einfach nicht an Land, und ich konnte hier ja nicht weg. Ich kann Ihnen die Nummer raussuchen. Ich weiß jetzt wirklich nicht, wann das war. Ist das denn so wichtig?“ Petras Stimme schwang zwischen Unruhe und Aufsässigkeit, was Bronk mit Nichtbeachtung bedachte.
„Na, lassen Sie mal. Ich schicke Ihnen nachher noch einmal einen Kollegen vorbei. Das wird sonst zu viel für Sie hier mit mir. Dem können Sie dann die Adresse geben. Der forscht dann dort nach. Es wäre gut zu wissen, wie lange das Ganze lief. Dann können wir vielleicht über die Kunden in diesem Zeitraum den Täterkreis eingrenzen. Sie haben doch fast ausschließlich Stammkunden, gehe ich von aus. Ihre, na sagen wir mal, Aufforderung nach Bargeld hat bestimmt Begehrlichkeiten geweckt, und vielleicht ist ja ein Stammkunde zweimal gekommen, einmal zum Tanken und einmal zum Geldholen. Da haben Sie nun den möglichen Zusammenhang zwischen Ihrem Zettel und dem Raub. Schreiben Sie mir bitte die Namen usw. von Stammkunden auf, soweit Sie solche Angaben haben.“
„Ach du Scheiße“, entfuhr es der Tankwartin. „Ist ja logisch. Halten Sie mich bitte nicht für doof“, bemühte sie sich, die Unwissende darzustellen, was ihr jedoch nur schlecht gelang.
„Eins verstehe ich nicht, Frau Stautmeister. Warum haben Sie das Geld denn nicht jeden Abend zur Bank gebracht?“, stellte Bronk seine nächste Frage und ließ Petra dabei nicht aus den Augen.
„Hier? Zur Bank? Sehen Sie eine? Dann müsste ich ganz da hinten in die Stadt fahren. Und das jeden Abend? Wissen Sie eigentlich wie anstrengend das ist, hier jeden Tag als Frau alleine ihren Mann zu stehen? Auf diese Fahrt hatte ich nun wirklich keinen Bock. Außerdem bin ich ziemlich angstfrei, lebe auch privat alleine, habe viele männliche Freunde, weiß mich zu wehren. Bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass es jemand wagt, hier einzubrechen. Nachts ist hier doch auch kein Mensch.“ Petra rutschte bei dem Redeschwall unruhig auf ihrem Stuhl hin und her.
„Na, das kann man ja jetzt nicht mehr aufrechthalten. Und nachts sind Sie ja gar nicht hier. Warum sollten Sie sich da wehren müssen. Aber lassen wir das. Warum haben Sie die Registrierkasse nicht abgeschlossen, Frau Stautmeister?“, schob Bronk seine nächste Frage unvermittelt nach.
„Weiß ich nicht. War wohl noch nicht fertig, wollte ich wohl machen, nachdem ich mich im Nebenraum gewaschen habe“, nuschelte Petra unwillig, das Kinn auf die Brust gesenkt.
„Moment, Frau Stautmeister. Das verstehe ich jetzt nicht“, hob Bronk erstaunt die Augenbrauen und schaute nachdenklich in ein Notizbuch, das er aus seiner Jackentasche gezogen hatte. „Also noch einmal von vorne. Sie haben gegen zwanzig Uhr die Tür zum Verkaufsraum abgeschlossen. Ca fünfzehn Minuten waren Sie mit Aufräumarbeiten und Bestandsaufnahme beschäftigt. Dann haben Sie sich vergewissert, dass die Tür auch wirklich abgeschlossen war, sind in den Nebenraum gegangen, um sich zu waschen, umzuziehen und nach Hause zu fahren. Sie haben Geräusche gehört, haben in den Ladenraum geschaut, eine mit Schal und Mütze vermummte Person hat sich auf Sie gestürzt und gestoßen. Sie sind über Ihre Hosenbeine gestolpert, auf die Werkbank geknallt, Feierabend. Gehirnerschütterung, schwere Rückenprellungen, Rippenbrüche, Bänderriss an der linken Schulter. Als Sie wieder zu sich kamen, riefen Sie den Krankenwagen, und die Besatzung alarmierte die Polizei. Gesehen haben Sie gar nichts. Doch halt. Als Sie sich vergewissert haben, ob die Tür verschlossen ist, glaubten Sie, ein Auto dort auf der Straße gesehen zu haben. Stehend. Unbeleuchtet. Ist das alles so korrekt?“, wandte sich Bronk an Petra und schüttelte seine Löwenmähne.
„Ja, wird wohl. Ich habe Ihnen ja gesagt, dass ich groggi war und jetzt ein bisschen bussig“, antwortete Petra ausweichend.
„Sie haben gesagt, Sie verlassen das Tankstellengebäude immer durch die hintere Ausgangstür, die von dem kleinen Nebenraum ausgeht, in dem wir uns jetzt befinden, die hier neben uns. Sie haben außerdem gesagt, nach dem Umziehen gehen Sie nie mehr in den Verkaufsraum. Sie hätten dann genug von dem Öl- und Benzingestank. Sie wollten die Kasse an dem besagten Tag nicht abschließen, Frau Stautmeister.“ Bronk hatte sich vorgebeugt und kratzte sich an seinem Gesichtsausschlag, der in den letzten Minuten deutlich an Röte zugenommen hatte.
„Dann wollte ich es an diesem Abend eben anders machen und hätte bestimmt noch abgeschlossen. Was weiß ich. Ich war doch noch gar nicht umgezogen. Ist doch auch egal. Der Einbrecher wäre doch bestimmt auch an das Geld gekommen, wenn die Kasse abgeschlossen gewesen wäre. Hören Sie, ich habe die Tankstelle nur gepachtet. Der Verpächter muss für Reparaturen und Instandsetzung aufkommen. Schauen Sie sich die Tür an. Die ist doch jetzt nur notdürftig geflickt, muss vollständig erneuert werden. Die Versicherung hat bestimmt auch noch ein Wörtchen mitzureden. Wenn die rauskriegen, dass ich die Kasse nicht abgeschlossen hatte und schon so lange das Geld darin lag, der Zettel an der Tür mit der Einladung, wie Sie es nennen, machen die mir doch Ärger. Lassen Sie mich einfach mit Ihren Fragen in Ruhe.“ Es gelang Petra nicht, ihre Aggressionen zu verbergen, gab sich eindeutig auch keine Mühe, ließ Bronk spüren, dass er ihr lästig war.
„So, jetzt lassen wir mal das Rumgeeiere, umso schneller bin ich wieder verschwunden. Vielleicht habe ich sogar mehr Verständnis für ihr Verhalten, als Sie annehmen. Ich komme ja nun schließlich nicht von der Versicherung. Wie lange also?“, glaubte Bronk, der Wahrheit an dieser Stelle näher zu kommen.
„Ach, was soll’s“, schnaufte Petra und gab ihren Widerstand auf. „Zwei Wochen ohne Lesegerät, vielleicht auch etwas länger, ja, verdammt, länger. Hab dann das Geld in einen kleinen Koffer gepackt, hat ja nicht mehr in die Kasse gepasst. Koffer ist auch weg.“
Petra drehte Bronk den Rücken zu, wollte ihm bei ihrer peinlichen Aussage nicht in die Augen sehen.
Bronk starrte sie entsetzt an, konnte für sich nicht so schnell einordnen, ob er das Vorgehen naiv, oder grob fahrlässig einstufen sollte, gewann nach einigen qualvoll verrinnenden Minuten seine Sprache zurück.
„Geht doch. Na, dann viel Spaß bei der Arbeit. Auflistung