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Tarzans Sohn. Edgar Rice Burroughs
Читать онлайн.Название Tarzans Sohn
Год выпуска 0
isbn 9783753161587
Автор произведения Edgar Rice Burroughs
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Schließlich wußte der Dompteur vor Verzweiflung keinen anderen Ausweg, als sich die Peitsche aus seiner Garderobe zu holen; denn so viel war ihm klar, daß diese offensichtliche Widerspenstigkeit das wertvolle Tier für künftige Schaustellungen unmöglich machte, wenn er sich nicht auf der Stelle Gehorsam erzwang. Er kehrte also mit der Peitsche in die Loge zurück, doch, als er Ajax damit nur einmal drohte, mußte er sich im selben Augenblick auch schon zwei wütenden Feinden gegenübersehen: Der Junge war aufgesprungen, hatte einen Stuhl gepackt und stand kampflustig neben dem Affen – bereit, seinen Freund zu verteidigen. Kein Lächeln spielte mehr auf seinem schönen Antlitz, in seinen grauen Augen flackerte ein unbestimmtes Etwas und machte den Dompteur unsicher. Neben ihm stand der riesige Menschenaffe, brummend und nicht minder kampfbereit. Was bei dem geringsten Anzeichen eines offensichtlichen Angriffs geschehen mußte, mag sich jeder selbst ausmalen. Daß der Dompteur auf jeden Fall gehörig durchgebleut worden wäre, wenn es damit überhaupt abging, war bei der Haltung seiner beiden Gegner mehr als klar.
Der Diener war leichenblaß, als er in das Greystokesche Bibliothekszimmer hineinstürzte und meldete, daß er die Tür zu Jacks Zimmer verschlossen gefunden habe. Mit zitternder Stimme berichtete er weiter, er habe auf sein wiederholtes Anklopfen und Rufen keine Antwort bekommen. Es sei nur ein ganz eigenartiges Pochen vom Zimmer her zu vernehmen gewesen, und dann habe es so geklungen, als bewege sich ein Körper unten auf dem Fußboden.
Lord Greystoke nahm vier Stufen auf einmal, als er die Treppe zum oberen Korridor hinaufstürmte. Die Lady und der Diener folgten in größter Eile. Der Lord rief seinen Sohn einmal laut bei seinem Namen, und, als keine Antwort kam, warf er sich mit der ganzen Wucht seines Körpers und unter Einsatz aller seiner Muskeln, die nicht das geringste von ihrer alten Kraft eingebüßt hatten, gegen die schwere Tür. Krachend barsten die Eisenteile, das Holz splitterte in großen Fetzen auseinander, und das »Hindernis« flog nach innen und deckte dumpf dröhnend Mr. Moore, der noch immer bewußtlos dicht hinter der Tür lag.
Tarzan sprang hinein, und im nächsten Augenblick flutete das grelle Licht von einem halben Dutzend elektrischer Lampen durch das Zimmer.
Es dauerte immerhin einige Minuten, bis man den Lehrer entdeckt hatte, da er unter den Trümmern der Tür nahezu völlig verschüttet lag. Man zog ihn hervor, befreite ihn aus seinen Leinenfesseln und entfernte den Knebel aus dem Munde. Durch reichliche Kaltwasserumschläge wurde er auch bald zum Bewußtsein zurückgebracht.
Wo ist Jack? war Tarzans erste Frage. Wer hat das getan? fuhr er sogleich fort; er dachte an Rokoff, und blitzartig war die Befürchtung in ihm aufgetaucht, es könne sich hier um eine zweite Entführung seines Sohnes handeln.
Langsam und zitternd stand Mr. Moore auf. Seine Blicke wanderten wie irr durch das Zimmer, und erst nach und nach schienen Gedanken und Begriffe wieder wach zu werden. Die Einzelheiten seines jüngsten qualvollen Erlebens mochten ihm wieder vor Augen stehen.
Ich vermelde Ihnen meinen Verzicht, einmal etwas mit dem Jungen zu erreichen, mein Herr! waren seine ersten Worte. Sie brauchen keinen Hauslehrer und Erzieher für Ihren Herrn Sohn ...; er braucht einzig und allein einen ... Dompteur.
Aber wo steckt der Junge denn? warf Lady Greystoke mit lauter erregter Stimme ein.
Er ist fortgegangen; er sieht sich den Ajax an.
Tarzan wurde es nicht leicht, ein Lächeln zu verbergen. Er stellte noch zu seiner Genugtuung fest, daß der Hauslehrer in der Hauptsache nur unter dem großen Schrecken gelitten hatte, sonst aber nicht irgendwie verletzt war, und fuhr dann sofort in seinem geschlossenen Auto nach der bekannten Musikhalle.
Pawlowitschs Ende
Der Dompteur zögerte mit erhobener Peitsche einen Augenblick vor dem Eingang der Loge, in der der Junge und der Affe ihn erwarteten. Mit einem Male drängte sich ein großer breitschulteriger Herr von rückwärts an beiden vorbei und in die Loge; über das Gesicht des Jungen huschte eine leichte Röte, als er den Ankömmling erblickte.
Vater! rief er ihm zu.
Der Affe nahm den englischen Lord rasch aufs Korn, dann ein Sprung ... und er war dicht an ihn heran und begrüßte ihn in freudiger Erregung mit einem unverständlichen jauchzenden Geplapper. Die Augen des Herrn weiteten sich, er schien bestürzt und blieb auf der Stelle stehen, wie wenn er zu Stein erstarrt wäre.
Akut! schrie er dann.
Der Junge blickte verwirrt von dem Affen zu seinem Vater und von seinem Vater zu Akut, und dem Dompteur standen Mund und Ohren offen, wie er jetzt hörte, was sich vor ihm zutrug: über die Lippen des Engländers quollen die Kehllaute der Affensprache ..., und der riesige Menschenaffe antwortete tatsächlich in gleicher Weise, während er sich dicht an den großen Herrn schmiegte.
Ein anscheinend vom Alter gekrümmter, häßlicher Mann verfolgte von der Bühne aus die Vorgänge in der Loge; man konnte deutlich beobachten, wie über sein mit Narben bedecktes Gesicht in krampfhaften Zuckungen wechselnde Empfindungen liefen, die jede Schwingung der ganzen Tonleiter von heller Freude bis zum tiefsten Erschrecken wiedergaben.
Lange habe ich nach dir gesucht, Tarzan! sprach Akut. Jetzt endlich fand ich dich, und nun will ich in deine Dschungel kommen und immer dort mit dir leben.
Der Herr streichelte den Kopf des Tieres. All die alten Erinnerungen schossen ihm durch das Hirn, Bild reihte sich an Bild, er sah sich zurückversetzt in die Tiefen des afrikanischen Urwalds, weit weg von hier, dahin, wo dies riesige menschenähnliche Tier vor Jahren mit ihm Schulter an Schulter gekämpft. Er sah den schwarzen Mugambi, wie er mit seinem knorrigen Knüppel zum tödlichen Schlage ausholte, daneben den schreckengebietenden Sheeta mit weit geöffneten Pranken und zitterndem Barte ... und dann Muts furchtbare Affenhorde, wie sie sich dicht an den Wilden und an den kampfwütigen Leoparden herandrängte. Tarzan seufzte. Gewaltig lockte von neuem das heiße Sehnen nach der Dschungel, das er schon tot geglaubt, und das nun nur um so schlimmer in ihm wogte. Ach, wenn er nur für einen Monat, für ein paar kurze Wochen dahin zurückkehren könnte! Nur einmal wieder fühlen, wie dichtes Buschwerk und die Blätter der Urwaldriesen seinen nackten Körper streiften, wieder einmal den dumpfen Duft versunkener und dahingewelkter Tropenvegetation einatmen können ..., wie Weihrauch und Myrrhen wäre das für ihn, der in den Dschungelgründen das Licht der Welt erblickt hatte! Einmal wieder wittern, wie die großen Raubtiere des Urwalds leise seiner Spur folgten, wieder jagen und gejagt werden ..., wieder töten! O, wie diese Bilder ihn mit ihren schillernden Farben lockten und umgarnen wollten! Aber dann traten andere Bilder auf die Schwelle seines Bewußtseins: ein liebliches Frauenantlitz, schön und noch so jung; die Freunde, das Heim, der Sohn ... Er zuckte mit seinen gewaltigen Achseln.
Es darf nicht sein, Akut! kam seine Antwort. Doch wenn du zurückkehren möchtest, werde ich dafür sorgen. Du könntest hier nicht glücklich sein ..., ich nicht dort drüben.
Der Dompteur trat einen Schritt vorwärts, doch der Affe zeigte ihm sofort brummend sein furchtbares Gebiß.
Geh jetzt mit ihm, Akut, sagte der Affen-Tarzan. Ich werde dich morgen besuchen.
Der Affe trottete mürrisch und enttäuscht zum Dompteur, der auf Tarzans Befragen noch sein Quartier genannt hatte. Dann wandte sich Tarzan zu seinem Sohn.
Komm mit! sagte er nur, und die beiden verließen die Musikhalle. Man nahm in der Limousine Platz. Minutenlang wurde kein Wort gesprochen. Dann brach Jack das Schweigen.
Der Affe kannte dich ja! begann er, und du unterhieltst dich mit ihm in der Affensprache. Wie kommt es, daß der Affe dich kennt, und wie hast du diese Sprache gelernt?
Und so erzählte denn der Affen-Tarzan in kurzen Umrissen seinem Sohn zum ersten Male von seinem früheren Leben ..., von seiner Geburt in der Dschungel, vom Tode seiner Eltern, und wie die große Menschenäffin Kala ihn von klein auf genährt und gehegt und gepflegt, bis er als Jüngling ihren schützenden Armen entwachsen sei.
Er verhehlte ihm auch nicht die Gefahren und Schrecken der Dschungel.