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Haare zu Berge standen, bezwang er sich und stützte sich auf des Affen Arm.

      Komm mit, gebot er dem Affen und suchte ihn mit Anspannung aller Kräfte aus dem Kreise der Matrosen wegzuzerren, die mit schreckensweiten Augen dasaßen oder auf Händen und Knien aus dem Bereich ihres Bezwingers davonkrochen.

      Langsam ließ sich der Affe beiseite führen, und es war nicht das geringste Anzeichen dafür zu entdecken, daß er dem Russen ein Leid antun würde. Der Kapitän war inzwischen bis auf ein paar Schritte an das seltsame Paar herangekommen und blieb stehen.

      Tritt beiseite, Sabrov! befahl er! Ich will die Bestie dorthin befördern, wo sie einem braven Seemann nichts mehr anhaben kann.

      Das Tier war nicht schuld an der ganzen Sache, warf Pawlowitsch ein. Schießen Sie bitte nicht! Die Leute reizten das Tier – sie haben den Kampf vom Zaun gebrochen. Sehen Sie nur, der Affe ist völlig zahm, und – er ist mein, er gehört mir, ja, mir gehört dieser Affe! Ich dulde nicht, daß Sie ihn töten, schloß er, und in seinem angekränkelten Hirn tauchte wieder die kühne Idee von vorhin auf. Er berauschte sich förmlich an dem Gedanken, daß der Affe ihm in London Geld einbringen würde, viel Geld, so viel, wie er nie zu besitzen gehofft hätte, wäre ihm nicht dieser wertvolle Affe vom Glück in den Weg geschickt worden.

      Der Kapitän ließ seine Waffe sinken. Die Matrosen haben das Tier gereizt? Stimmt das? forschte er. Wie steht es damit? wandte er sich an die Matrosen, die sich inzwischen vom Boden erhoben. Sie hatten alle Lehrgeld zahlen müssen, aber am schlimmsten war der daran, der den Zusammenstoß auf dem Gewissen hatte, und dem nun seine wunde Schulter eine Woche oder länger zu schaffen machen würde.

      Simpson war's, sagte einer der Matrosen. Er stach den Affen mit einer Nadel in den Rücken, und der Affe packte ihn. Das geschah ihm aber ganz recht; und daß der Affe uns auch gehörig anfaßte, kann ich ihm nicht verdenken, denn wir sind dann alle zusammen auf ihn losgestürzt.

      Der Kapitän sah Simpson an, der die Wahrheit der Aussage bestätigen mußte. Dann trat der Kapitän auf den Affen zu; er tat so, als wolle er sich nun auch selbst ein Bild davon machen, ob der Affe tatsächlich gar nicht bösartig sei. Dabei hielt er den Revolver schußbereit, um im Notfall das Tier jeden Augenblick niederstrecken zu können. In begütigendem Tone sprach er auf den Affen ein, der jetzt neben dem Russen hockte und zuerst die beiden neuen Matrosen betrachtete. Als der Kapitän immer näher kam, erhob er sich halb und humpelte ihm entgegen. In seinen Zügen lag derselbe eigenartige forschende Ausdruck von vorhin, als er auf die Matrosen stieß und ihnen nacheinander prüfend in die Augen schaute. Ganz nahe trat er an den Offizier heran, legte eine Hand auf dessen linke Schulter und starrte ihm lange mit suchendem Blick in die Augen. Und wieder huschte ein Ausdruck von Enttäuschung über sein Gesicht, und so etwas wie ein menschlicher Seufzer entrang sich seiner Brust. Dann wandte er sich von dem Kapitän ab und forschte in derselben seltsamen Art in den Gesichtern des Steuermanns und der beiden Matrosen, die mit den Offizieren nachgekommen waren. Jedesmal trottete er seufzend weiter und schließlich wieder zu Pawlowitsch, neben dem er sich abermals niederließ. Er zeigte darauf nicht das geringste Interesse mehr an seiner Umgebung, ja, es schien, als habe er den Kampf von vorhin bereits vergessen.

      Als man an Bord der »Marjorie W.« zurückkehrte, nahm Pawlowitsch den Affen mit; es schien auch, als sei das Tier geradezu darauf erpicht, mitzukommen. Der Kapitän legte keine Schwierigkeiten in den Weg; der große Menschenaffe wurde stillschweigend als Passagier geduldet. An Bord prüfte er minutenlang jedes neue Gesicht, und jedesmal lag wieder dieselbe Enttäuschung in seinen Zügen. Die Offiziere und Seeleute an Bord unterhielten sich über das Tier, konnten aber keine Erklärung für das seltsame Gebaren finden, mit dem der Affe jedes neue Gesicht empfing. Hätte man ihn auf dem afrikanischen Festland oder auch irgendwo anders eingefangen, jedenfalls aber nicht gerade auf dieser unbekannten Insel, die seine Heimat sein mußte, dann würde man der Überzeugung gewesen sein, daß Menschen ihn früher einmal gezähmt hatten. Diese Auffassung war aber hier unhaltbar, weil er doch von dieser völlig unbewohnten Insel stammte.

      Er schien übrigens beständig jemanden zu suchen, und während der ersten Tage nach Abfahrt von der Insel fand man ihn oft, wie er in den verschiedensten Teilen des Schiffes herumstöberte. Nachdem er aber jedes neue Gesicht an Bord gemustert und alles bis in die entlegensten Ecken des Schiffes ausgekundschaftet hatte, verfiel er in nahezu völlige Teilnahmslosigkeit. Seine ganze Umgebung kümmerte ihn nicht mehr; nur für den Russen behielt er einiges Interesse, so oft er ihm sein Futter brachte. Sonst schien er den Russen auch nur zu dulden, denn er legte ihm gegenüber keinerlei besondere Zuneigung an den Tag. Im übrigen deutete nichts darauf hin, daß seine wilden Instinkte, die sich damals bei dem Zusammenstoß mit den Matrosen in seinem Zorn so schrecklich entladen hatten, eines schönen Tages wieder erwachen würden. Meistens hielt er sich im Ausguck des Schiffes auf. Seine Augen suchten den Horizont in der Fahrtrichtung ab, und es schien, als habe er soviel Verstand, um zu wissen, daß man auf einen Hafen zusteuerte, wo er neuen Menschen begegnen und diesen forschend ins Antlitz schauen könnte. Alles in allem hielt man Ajax – so hatte man ihn genannt – an Bord der »Marjorie W.« für den bedeutendsten und intelligentesten Affen, den man je gesehen hatte. Allein seine Klugheit war nicht die einzige bemerkenswerte Eigenschaft; schon sein für einen Affen wuchtiges Äußere mußte jedem Bewunderung und Scheu einflößen. Gewiß, er war schon alt, das sah jeder. Ob sein Alter freilich seine körperlichen und geistigen Kräfte irgendwie herabgesetzt haben mochte, ließ sich nicht erkennen.

      Und so kam die »Marjorie W.« schließlich nach England. Die Offiziere und Gelehrten hatten Mitleid mit dem armen halbgebrochenen Russen, den sie in der Wildnis aufgelesen, und entließen ihn mit einigem Geld und den besten Wünschen für seine und des Affen Zukunft.

      Im Hafen und auf der Fahrt nach London hatte der Russe mit Ajax seine liebe Not. Beinahe jeden der Tausende, die unterwegs in seine Reichweite kamen, suchte der Menschenaffe eingehend zu mustern, wobei natürlich nicht wenige seiner »Opfer« zu Tode erschrocken waren. Als er dann offenbar merkte, daß der, den er suchte, nicht zu finden war, verfiel er wieder in eine geradezu krankhafte Teilnahmslosigkeit, aus der er sich nur ganz selten aufraffte, wenn jemand an ihm vorbeikam.

      In London ging Pawlowitsch mit seiner »Beute« sofort zu einem bekannten Tierbändiger. Der Mann war sogleich für Ajax begeistert, zumal die Verhandlungen dazu führten, daß er den Löwenanteil an dem zu erwartenden Gewinn der Schaustellungen zugesichert erhielt. Zunächst wollte er den Affen dressieren und während der hierfür nötigen Zeit auch für den Unterhalt des Tieres und seines Besitzers sorgen.

      So kam Ajax nach London, und damit hatte sich das Glied einer Kette eigenartiger Zufälle geschlossen, die für das Leben vieler Menschen von einschneidender Bedeutung sein sollten.

      Ajax, der dressierte Affe

      Mister Harold Moore war ein gebildeter junger Herr, sehr fleißig, aber auch schon ein wenig griesgrämig, er nahm sich selbst sehr ernst, nicht minder sein ganzes Leben und seinen Beruf. Er war als Hauslehrer zur Erziehung des jungen Sohnes eines britischen Lords engagiert worden, und da er bald zu der Überzeugung gekommen war, daß sein Zögling nicht die Fortschritte machte, die dessen Eltern mit Recht erwarten mußten, trug er eines Tages der Mutter des Jungen gewissenhaft seine Bedenken vor.

      Ich kann nicht behaupten, daß der Junge nicht geweckt und klug ist, meinte Mr. Moore. Wäre dies der Fall, könnte ich bestimmt auf Erfolg hoffen, denn ich würde alle meine Kräfte dafür einsetzen, um diese Schwächen auszugleichen oder ganz zu beheben. Die Hauptschwierigkeit liegt vielmehr darin, daß der Junge übermäßig geweckt und begabt ist. Er lernt so rasch, daß ich nicht das geringste an dem auszusetzen habe, was er für die Stunden vorbereitet. Es bekümmert mich jedoch, daß er offenbar nicht ein Fünkchen innerer Anteilnahme für das aufbringt, was wir jeweils zusammen durcharbeiten. Er sitzt gewissermaßen nur jede Stunde ab wie etwas, was man sich möglichst schnell vom Halse schaffen will, und ich bin sicher, daß kein Unterrichtsthema ihm eine Minute eher wieder durch den Kopf geht, als bis die Stunden unseres gemeinsamen Studiums und des Vortrags wieder herangekommen sind. Das einzige, was ihn wirklich interessiert, scheinen Stoffe zu sein, die von Heldentaten und Beweisen körperlicher Tüchtigkeit berichten. Er liest alles, was er an Büchern über

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