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Kathy zur Psychologin geschleppt, weil diese sich eine imaginäre Freundin einbildete. Die Psychologin brauchte zwei Sekunden, um zu verstehen, warum ein etwas dickes, ziemlich tolpatschiges Kind unbedingt eine unsichtbare Kriegerprinzessin zur Freundin brauchte und zehn Sitzungen, um meiner Mutter auszureden, dies wäre ganz schlimm.

      Ehrlich, meine Mutter benahm sich in manchen Situationen echt schräg.

      Immer betonte sie den Unterschied zwischen dem Fernsehen und der Realität. Ja, die schlimmen Dinge den Nachrichten waren real passiert, aber die meisten Filme nur erfunden, Phantasie, nicht Real.

      Bei uns gab es Abends nicht das Spiel : Wahr oder Gelogen.

      Es hieß bei uns : Wirklich oder Erfunden.

      Und was hatte es für Kämpfe gegeben, bis wir mal ins Internet durften!!!!!

      Ich war das einzige Mädchen auf dem Gymnasium, dessen Mutter tatsächlich daneben saß, wenn sie das Internet benutzte.

      Hatte sie keine Zeit, kontrollierte sie danach den Verlauf im PC. Und schämte sich kein Stück!!!!

      Ich hätte ihr niemals die Sache mit meiner Gabe erzählt, auch ohne Melanies Warnung.

      Ich war ja nicht blöd.

      Und nun sah es so aus, als habe Mama mir einiges verschwiegen.

      Da fragte ich mich wirklich, was dahinter steckte.

      Ich wartete zornbebend darauf, das sie von ihrer Arbeit kam. Als Simon ins Gymnasium eingeschult wurde, hatte sie angefangen, vormittags in einem Versicherungsbüro zu arbeiten. Danach kaufte sie meist noch ein.

      Ich war so geladen, ich hätte Dschinges Kahn, Hitler und alle Verantwortlichen der Realitys- Shows im Tele zur Rede gestellt, wenn ich sie nur vor mir gehabt hätte.

      Und Daniel.

      Wollte ich ihm vor einer Stunde noch den Rest meines Lebens aus dem Weg gehen, hätte ich ihn gerne jetzt vor mir gehabt und meinen Ein Nagel- Ein Schlag- Schwinger an ihm ausprobiert.

      Diese Wut in mir ließ mich zum Hörer greifen und Papa Paul anrufen.

      Erst verstand er nicht, warum er seine Arbeit sein lassen und kommen sollte.

      „Wäre besser. Ich bin so mies drauf, ich glaube, du musst Martina vor mir retten.“

      „Mach zwanzig Liegestützen, das hilft immer. Und macht Muckis.- Was ist denn los, das es nicht bis heute Abend warten kann? Eh, ist gutes Wetter. Sollen wir grillen?“

      Grillen? Mann, ich grillte gleich Mamas Lieblingsbücher!!!!

      Die waren sowieso Müll. Immer nur so Liebeskram mit Happy- End, oder Ratgeber, wie man mit aufsässigen Pflanzen und mickerigen Teenagern zurechtkam.

      „Ich habe so einen Wisch von einem Dr. Wiener gekriegt. Der Kerl hat echt ein sonniges Gemüt. Er meinte, du wärest gar nicht mein Paps. Sondern ein M. Thies aus Paris. Papa .... eh, Papa?“

      Hatte ich bis hierhin noch die Hoffnung gehabt, das sei alles eine Verarsche, platzte das jetzt. Wie ein Luftballon. Blooofffff.

      Paul sagte erst mal nichts.

      Ja, Schweigen am Telefon konnte so erschreckend sein.

      Dann flüsterte er, ha, konnten Kerle wie er überhaupt flüstern?

      Ja, ich hatte es gehört.

      „Ich bin in zehn Minuten da.“

      Und legte auf.

      Keine Ahnung, wie ich die nächsten zehn Minuten überlebte. Jedenfalls war es gut, das Papa Paul gerade zwei Minuten vor Martina ankam.

      Ich zeigte ihnen den Wisch, Papa Paul musste sich hinsetzen und Mama lief hektisch herum. Wie eine dieser aufgezogenen Rennmäuse, mit denen man seine Katze verrückt machen konnte.

      Martina machte auf Rennmaus und ich war die Katze, die gleich durchdrehte.

      „Dieser ...... dieser Mann bildet sich das alles nur ein.“

      Das sagte sie wirklich, ich hatte es gehört. Ich musste nicht Pauls entsetzten Blick zu sehen, um mir klar zu werden, das sie log. SIE LOG.

      „Martina, Leonie wird in sechs Wochen achtzehn Jahre alt. Dann hätten wir es ihr sowieso gesagt. So war es abgemacht. Das er gestorben ist, wusste ich nicht. Das tut mir leid.“

      Paul klang ehrlich und ziemlich bestürzt.

      „Aber du hast es gewusst, Mama? Ist das so? Ist das so?“

      Sie rannte in der Küche herum und sah niemanden an. Wedelte mit den Händen, riss sich an den Haaren.

      Hatte sie wirklich geglaubt, sie würde damit durchkommen? Niemand würde sich melden, ihr Lügengebäude kaputt machen?

      „Und was ist mit den Briefen, die für mich bestimmt waren? Es gab Briefe mit meinem

      Namen. Kann ich die jetzt bitte haben?“

      Mama blieb stehen.

      Zäh, wie in Zeitlupe, drehte sie sich um.

      „Woher weisst du davon?“

      „Ähm .... der Notar hat sie erwähnt. Sagte auch, du hättest das Datum der Beerdigung gewusst.“

      Sie nahm tief Luft. Ansonsten zitterte sie wie ein Junkie.

      „Ich habe diese Briefe verbrannt, weil nur krankes Geschwätz darin stand. Du musst nicht zu einer Beerdigung gehen von jemanden, mit dem du nichts zu tun hast. Gar nichts.“

      Dann ging sie in ihr Zimmer und schloss sich ein.

      Tat sie tatsächlich.

      Das war echt der Hammer.

      Hey, war das der falsche Film?

      In allen diesen Teenagerfilmen liefen die Töchter in ihr Zimmer, drehen die Musik auf und machen niemanden auf. Wochen lang nicht ( oder bis zur nächsten Folge ) und das Essen wurde ihnen durch einen Schlitz in der Tür rein geschoben.

      Ich hämmerte gegen Mamas Tür, verlangte kreischend und spuckend eine Erklärung. Aber sie öffnete nicht und die Tür war die stabile Ausführung, zum Sonderpreis, versteht sich.

      Papa Paul brauchte seine ganze Geduld, um mich zu beruhigen.

      Ich versuchte mir selbst eine Erklärung zu geben.

      „Was hat der Mann gemacht, um so was zu verdienen? - Der Kerl war verheiratet? Er hatte einen Harem, war schwul und wollte ..... wollte eine billige Abtreibung bei einer indischen Kräuterhexe, oder so?“

      Paul schüttelte nur den Kopf und versuchte mir Kakao und Kekse aufzuschwatzen.

      Und für sich vielleicht einen Whisky und ne Zigarette rauszuschlagen.

      „Ich kann da nichts sagen.“

      Nee, so nicht. Er konnte sich nicht einfach in eine Maus verwandeln.

      „DU kommst da auch nicht raus. Dein Name steht unter meiner Geburtsurkunde. Wenn ihr beide gleichzeitig mit ihr geschlafen habt, ha, ich kann immerhin noch Spucke von dir zum Vaterschaftstest schicken.“

      Ich schrie, dabei war das nicht nötig.

      Papa Paul sank in sich zusammen und ..... ich glaube, er war dicht vorm Heulen.

      Das konnte ich nicht sehen. Nicht der Mann, der, nachdem ich seinen Kombi geschrottet hatte, nur hektisch nach seinen versteckten Zigaretten suchte und meinte, ich solle bloß nicht heulen, wäre schließlich eine alte Karre, nicht so schlimm.

      Er sagte ganz leise:

      „Ich habe Martina schon geliebt, als wir im Kindergarten waren. In der Grundschule. Immer schon."

      Papa Paul stand mit dem Rücken an der Wand und sah ….. irgendwie alt aus.

      "Martina ging

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