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      Kapitel 1 PARIS und Zufälle, die dein Leben komplett verändern können.

      Paris.

      Paris, Paris, Paris.

      So groß und so .... riesig halt. Alleine schon der Bahnhof. Der Bahnhof, Mensch, da passte halb Saarbrücken rein. Echt jetzt.

      Mit dem ICE in zweieinhalb Stunden von Saarbrücken nach Paris, aber dieser Bahnhof .... ich dachte, es würde Tage dauern, bis ich überhaupt den Ausgang fand. Mehrere Etagen und keinen Plan. Weder in der Tasche noch im Kopf.

      Und dann die Architektur !!!!!!!!!

      Erinnerte an die Szene, in der ein kleiner Amish- Junge im Bahnhof einer amerikanischen Metropole stand und ihm die Augen aus dem Kopf fielen.

      Ich sah über mich und fiel beinahe hintenüber. Außerdem schwirrten Tauben unter der Dachkonstruktion herum. Ob die überhaupt noch bemerkt wurden von den Leuten, die hektisch herumwuselten und mich rüde aus dem Weg schubsten?

      Hier war ich das Landei.

      Wo war ich denn schon vorher?

      Saarbrücken und Umgebung. Jedes Jahr drei Wochen Urlaub in Südfrankreich, nahe Antibes. Derselbe Ort, dieselbe Appartementanlage! Als dort renoviert wurde, mieteten wir im Hotel gegenüber.

      Jetzt befand ich mich alleine in Paris.

      Ich, Leonie Fischer, sechs Wochen vor dem achtzehnten Geburtstag, vier Wochen vor der Abitur- Prüfung und seit dem Vortag total wütend.

      Ich war sauer, echt mies drauf.

      Völlig durch den Wind.

      Ich marschierte mit meiner Schultasche zum Hauptbahnhof und stieg in den Zug nach Paris.

      Zweieinhalb Stunden und ich war in Paris, ein Klacks. Mein Körper war angekommen, aber der Rest? War der noch unterwegs? Ich war versucht, ins Mac Do zu flüchten und so zu tun, als wäre alles ganz bekannt und easy.

      Aber ehrlich, das Teil war drei Stockwerke hoch!

      Es war vierzehn Uhr und das Lokal völlig überfüllt. Ich wollte aufs Klo, aber es war zu eng, ich krampfte mich samt Schultasche wieder raus.

      Schließlich setzte ich mich auf einen Blumenkasten und hielt energisch meine Tasche fest.

      Heute, um zehn Uhr früh hatte ich den Termin beim Notar. In Saarbrücken.

      Dort erfuhr ich, das mein leiblicher Vater gestorben war.

      Vorher hatte ich nicht mal gewusst, das da noch ein anderer Papa als der gute alte Paul existierte!

      Schon komisch.

      Da dachte man sein Leben lang, man kenne seinen Vater und palim, palim, zog so ein Anwalt einen fremden Erzeuger aus den Akten.

      Der Wahnsinn!

      Ich erbte ein Haus in Paris und erfuhr von einer Großmutter. Immerhin eine echte, lebendige Oma.

      War das nicht toll?

      Gab es bei Erdbeben nicht Vorbeben? Hörte man nicht, bevor man auf dem Bürgersteig geplättet wurde, wenigstens das Quietschen von Bremsen?

      Ich ging gestern morgen noch ganz normal zur Schule, hatte eine beste Freundin, einen festen Freund. Meinen ersten Freund, mit dem ich zum ersten Mal ……. ist schon klar, ja?

      Damit wollte ich mich nicht weiter aufhalten, sonst dauerte das drumrumreden länger, als das, was wir getrieben hatten.

      Ich hatte eine Mama, einen Papa und zwei nervende, jüngere Geschwister.

      Alles war in Ordnung. Ohne Scheiß jetzt, wirklich in Ordnung.

      Mama arbeitete als Versicherungsangestellte und war überfürsorglich. Wenn Preise für Gluckenmamas verliehen würden, Martina käme immer unter den ersten drei. Gleich hinter Olga Dimitryev, die ihren Nikolai immer noch persönlich zur Schule brachte und abholte.

      Hallo? Auch Niko machte gleich das Abi!!!!!! BITTE!!!!!

      Nikolai war ein niedlicher Kerl, aber ich wollte nie mit ihm abhängen.

      Wie wäre das denn abgelaufen?

      Ich hatte Arbeit genug, meine eigene Mutter auszuhebeln. Als ich das erste Mal mit einem Jungen aus der Schule abends ins Kino ging, folgte uns Martina heimlich und saß drei Reihen hinter uns.

      Das war tierisch uncool und so eine Aktion traute ich der guten Olga ebenfalls zu. Es mit ZWEI solchen Tiger- Mamas aufzunehmen, war mir echt zu viel.

      Ich dachte immer, das läge an Mamas Beruf.

      Vielleicht bearbeitete sie morgens einen schlimmen Fall von: Pech gehabt, leider tot.

      Oder die Ärzte hatten das falsche Bein amputiert.

      Oder der Hund jagte die Katze über die Straße, das Auto knallte gegen einen Tanklaster, alles explodierte, danach gab es das Dorf nicht mehr!

      Oder ihr Chef war einfach ein Arsch.

      Sie kam dann also mit vor Schreck geweiteten Augen zitternd nach Hause und versuchte auf heile Welt zu machen.

      Ich meine, sie nervte ja nicht nur mich! Auch Simon und Kathy wurden an der kurzen Leine gehalten, in Watte gepackt und klein gehalten.

      Papa ..... mein Gott .... sollte ich jetzt nicht mehr Papa zu ihm sagen? Es war erst zwanzig Stunden her, seit ich erfahren habe, das Paul gar nicht mein Erzeuger war.

      Sollte ich jetzt Paul zu ihm sagen? War das nicht megablöd?

      Er hatte mir nie Anlass geben, zu glauben, ich wäre nicht seine Tochter. Nicht mal letzte Woche, als ich seinen Kombi AUF dem Mäuerchen vor unseren Garten parkte.

      Wir hatten ein supertolles Haus, eine kleine Bürgervilla in Saarbrücken. Papa ..äh ...Paul hatte alles total umgebaut und renoviert, von Keller bis zum Dachgeschoß, schick und cool. Alles handgeackert mit Hilfe einiger Kumpels. Er war Marktleiter in einem Baumarkt und so toll er auch alles gerichtet hatte, so nervig konnte es auch sein. Wenn er nämlich die Brücke über Feiertage schlug, oder Überstunden abfeierte, gab es zuhause Alarmstufe ROT.

      Mama ging fröhlich mit uns in den Zoo und wenn wir heimkamen, standen möglicherweise sämtliche Innentüren im Garten, oder das Klo im Erdgeschoß war nur noch ein Loch, weil er grauen Marmor und Pupsschüsseln von Villeroy und Boch im Spitzenangebot bekommen hatte.

      Es hatte schon was, auf einer Dauerbaustelle zu leben, ohne Aussicht darauf, das irgendwann mal alles fertig wäre.

      Letzten Monat hatte er mich im Klo eingesperrt! Nicht absichtlich! Er hatte vergessen, das meine Lehrer auf Ausflug waren und klebte die Tür ab, damit er streichen konnte. So komisch war das nicht, total nicht. Ich bekam die Panik, warf mich gegen die Tür und kippte Papa, äh Paul, samt Leiter und Farbeimer um. Der komplette Gang voller Farbe. Riesensauerei! Und er ....? Brüllte etwa? Nee!

      "Was machst du denn hier, Lämmchen?"

      "Ich wohne hier! In dem Zimmer unterm Dach, das du nicht mehr betreten darfst, weil du meine lässigen Holzregale gegen einen modernen Einbauschrank getauscht hast. OHNE mich zu fragen!"

      "Das Teil war im Angebot. So was nennt man Überraschungsgeschenk. Tritt nicht in die Farbe."

      "Tut mir leid. Hab alles versaut, was?"

      Paul grinste nur und sagte ganz cool: „Macht nix. Teppich ist eh out und wir haben deutsches Eichenparkett reingekriegt. Oder doch lieber fast weiße Lärche? Ach, soll Tina entscheiden. Komm Lämmchen, wir rufen sie von unterwegs

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