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kümmerte sich um ihn. Es gelang ihm mühelos, unbemerkt an Bord des Klippers zu kommen, wo er sich im Laderaum hinter mehreren Waren-Ballen versteckte.

      Als es begann, hell zu werden, hörte er die Ankerkette rasseln, Segelsetz-Kommandos ertönten, und das Schiff setzte sich in Bewegung. Eine ganze Zeit später, als er sicher war, dass eine Umkehr nicht mehr in Frage kam, krabbelte er aus seinem Versteckt hervor.

      Der Bootsmann schleppte ihn sogleich zum Kapitän, der von der Mannschaft nur der Red Beart genannt wurde. Dieser schaute den blinden Passagier verblüfft aber angesichts seines angenehmen Äußeren interessiert an.

      „Von zu Hause weggelaufen? Hast wohl was angestellt? Wie heißt du?“

      Dave fuhr der Schalk in den Nacken. Er deutete den wohlwollenden Blick richtig und platzte fröhlich heraus:

      „Ich heiße Tom Blacksmith. Mein Vater wollte, dass ich meine Tante heirate. Dazu hatte ich keine Lust.“

      Der Skipper und der Bootsmann sahen sich an, dann mussten sie ob dieser Unverfrorenheit herzlich lachen. Red Beart erinnerte sich, dass er mit 15 auf ähnliche Art Schiffsjunge geworden war.

      „Also gut, Schiffsjunge Tom Blacksmith, willkommen an Bord! Der Bootsmann soll dir deine Koje zeigen und der Smutje dir etwas zu beißen geben, dann meldest du dich wieder bei mir. Meinst du übrigens, Blacksmith klinge glaubwürdiger? Also, wennschon falsch, dennschon falsch! Du heißt ab jetzt Tom Smith, und damit basta!“

      *

      Im Hause Andrews wurde Daves Abschiedsbrief unterschiedlich aufgenommen.

      Sarah versetzte er einen Stich; sie glaubte, ihr Herz würde aufhören zu schlagen. Tränen traten ihr ungehemmt in die Augen. Nach dem ersten Schock ruhiger geworden, musste sie sich aber eingestehen, dass sie seinen Weggang erahnt hatte. „Hoffentlich ergeht es dir gut, mein lieber Sohn“, stammelte sie immer wieder vor sich hin.

      Joshua fühlte sich in seinen Stolz verletzt. Hatte er nicht das Beste für seinen Sohn gewollt? Er schalt ihn, ein undankbarer, verbohrter Mensch zu sein. Er solle mal sehen, wie es ihm, dem unreifen Knaben in der Fremde ergehen wird. Schließlich kam seine Mutter ja auch reumütig in den Schutz der Familie zurück.

      Esther durfte ihre Gefühle als verlassene Geliebte nicht nach außen zeigen. Sie täuschte Migräne vor. Allein auf ihrem Zimmer musste sie sich allerdings eine Mitschuld an seiner „Flucht“ eingestehen. Sie weinte größtenteils aus gekränkter Eitelkeit.

      Die jüngeren Geschwister merkten Daves Weggang erst richtig, als ihnen seine Fröhlichkeit, seine Albernheiten und Späße fehlten. Ihr Haus war leerer geworden.

      *

      Kapitän Red Beart hieß in Wirklichkeit William (Bill) McIntosh, war 38 Jahre alt, schottischer Abstammung, hatte eine untersetzte Figur, Hände so groß wie Bratpfannen und trug lange offene Haare und einen elegant gestutzten roten Bart. Als Tom alias Dave wieder vor ihm stand, saß er hinter seinem Schreibtisch, hatte Seekarten und Seemannsbesteck vor sich und einen Zirkel in der Hand.

      „Erzähl mal von dir. Wie alt bist du? Was hast du gelernt? Kannst du lesen, schreiben, rechnen? Etwas Handwerkliches? Deinen Händen nach zu urteilen, hast du dir noch nie die Finger schmutzig gemacht!“

      Dave merkte, dass es nun mit der Alberei vorbei war.

      „Ich bin 15 Jahre alt.“

      „Erst 15, der Größe nach zu urteilen, siehst du aus wie 17,“ wunderte sich der Skipper.

      „Ich habe Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt. Ich kann zeichnen und Flöte spielen.“

      „So, rechnen kannst du?“ – Der Skipper blickte kurz auf das Papier, auf dem Entfernungen und Zeiten ihrer Fahrt standen, und stellte Dave eine der Additionsaufgaben, die er eben selbst gelöst hatte. Er erwartete, dass dieser sich allein die vierstelligen Zahlen nicht werde merken können, geschweige denn fähig war, die Aufgabe im Kopf zu lösen. Als Dave ihm fast augenblicklich das Ergebnis nannte, war er sprachlos. Er begann zu ahnen, dass er es hier mit einem rohen Diamanten zu tun hatte.

      „Aber jetzt Spaß beiseite! Warum bist von zu Hause abgehauen?“

      Dave musste, so unter Druck gesetzt, mit der Wahrheit herauszurücken. Außerdem gefiel ihm der Kapitän und dessen Art zunehmend gut, so dass er hoffen konnte, Verständnis zu finden.

      „Mein Vater ist ein streng puritanischer Pastor. Er wollte mich nach Yale schicken, wo ich wie er Theologie studieren sollte. Ich mag nicht, mein Leben so freudlos wie er verbringen.“

      Red Beart gefiel der Junge immer besser. „Hm!“ kommentierte er nur!

      „Du sagtest vorhin, du könntest Flöte spielen. Hast du sie dabei?“

      Dave musste zu seiner Schlafkoje laufen, um die Flöte zu holen.

      „Spiel mal was vor,“ forderte der Skipper ihn auf.

      Dave spielte eine Melodie, die er im Hafen aufgeschnappt hatte. Der Skipper holte seinerseits eine Geige hervor und wiederholte Daves Melodie, dann spielten beide im Duett, wobei sie sich gegenseitig darin überboten, die Grundmelodie auszuschmücken.

      „Ich kann dir hier an Bord kein Zuckerschlecken versprechen. Du musst arbeiten wie die anderen 40 Mann auch, aber auf dein Rechentalent und dein Flötespielen, komme ich noch zurück. Melde dich beim Bootsmann mit einem schönen Gruß von mir und lass dir von ihm die einzelnen Stationen des Schiffs zeigen und erklären und dir von ihm einen Posten zuteilen“

      Aus der Tatsache, dass die Unterredung beim Skipper so lange gedauert hatte und beide zusammen Musik gemacht hatten, zog der Bootsmann die richtigen Schlüsse. Er führte Tom ohne innere Begeisterung, weil er schließlich noch anderes zu hatte, auf dem Schiff herum. Er teilte ihn vorerst dem Bordzimmermann zu.

      *

      Die Savannah war ein schnittiges, schnelles Segelschiff mit drei Masten. Sie hatte Tabak geladen und wollte diesen nach Bristol in England verfrachten. Sie segelte mit raumem Wind der Stärke 5 nach Nordwesten. Tom alias Dave stand vorne am Bug und sah hinaus auf die See. Soweit er blicken konnte, nur Wasser. Der Landstrich im Westen ließ sich nur erahnen. Das Schiff schnitt mühelos in die etwa 5 m hohen, schaumbedeckten Wellen und schien sie zu überholen. Er atmete tief die salzige Luft ein und fühlte sich frei.

      Die erste Nacht hielt er es in der schwankenden Koje nicht aus. Er zog sich das Ölzeug über, das ihm der Skipper zur Verfügung gestellt hatte, und balancierte an Deck. Er traf dort den Skipper und den Steuermann an, die beide mit einem eigenartigen Gerät vor Augen, angestrengt in den sternklaren Himmel starrten. Das Gerät hatte eine Skala, die beide ablasen, um danach die abgelesenen Ergebnisse miteinander zu vergleichen. Sie nickten, als ihre Ergebnisse übereinstimmten. Tom sah sie mit neugierigen Augen an, so dass beide lächeln mussten.

      „Was wir hier haben, ist ein Sextant. Damit kann man Winkel messen,“ - klärte der Skipper ihn auf. Tom verstand gar nichts. Er überlegte fieberhaft, welchen Winkel man wohl messen könnte und wozu.

      „Wir brauchen die Messung, um unsere Position zu bestimmen. Ohne Seekarten und ohne unsere genaue Position zu kennen, sind wir auf dem Meer verloren.“

      Tom begann vor Aufregung zu schwitzen. Darüber, wie man sich mitten auf dem Meer zurechtfindet, hatte er bisher noch nicht nachgedacht. Er wagte nicht danach zu fragen und zog sich stattdessen kleinlaut in seine Koje zurück. Die beiden Seemänner sahen ihm, sich gegenseitig mit den Augen zuzwinkernd, nach.

      *

      In den folgenden Tagen lernte Tom nicht nur jeden Winkel des Schiffs sondern auch die Schiffs-Mannschaft kennen. Einige der Matrosen waren mit 17, 18, 19 Jahren nicht viel älter als er selbst. Es waren aber auch ehrwürdige Seebären darunter, die gut seine Väter hätten sein können. Da er sich, seiner Natur entsprechend, stets natürlich, höflich und gut gelaunt gab, nahm man ihn ausnahmslos freundschaftlich auf.

      Über Mangel an Beschäftigung konnte er nicht klagen. Müßiggang gehörte auf einem Schiff zu den Fremdwörtern. Es ging immer irgendetwas zu Bruch oder in der Schiffshaut

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