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wollte, als meine neuen Freunde, ließ ich mich zu Ausgaben verleiten, die ich nicht erschwingen konnte. Ich verkaufte oder versetzte alles, was ich hatte, und machte Schulden, die ich nicht bezahlen konnte. Dies waren meine ersten Sorgen; und Sorgen dieser Art sind die bittersten, die ein Jüngling haben kann. Da ich nicht mehr aus noch ein wusste, schrieb ich an meine gute Großmutter um Hilfe; anstatt mir aber Geld zu schicken, kam sie, am 1. Oktober 1739, selber nach Padua und nahm mich mit sich nach Venedig, nachdem sie dem Doktor und Bettina für die Sorgfalt, die sie mir hatten angedeihen lassen, herzlich gedankt hatte.

      Beim Abschied schenkte mir der Doktor unter strömenden Tränen das Liebste, was er besaß: eine Reliquie von ich weiß nicht mehr welchem Heiligen. Ich würde sie vielleicht noch jetzt besitzen, wäre sie nicht in Gold gefasst gewesen. Ein Wunder hat sie gewirkt; denn sie bewahrte mich in einem dringenden Augenblick vor Not.

      Seitdem wohnte ich jedes Mal, wenn ich nach Padua kam, um meine juristischen Studien zu vollenden, bei dem guten Doktor. Aber ich hatte jedes Mal den Kummer, in Bettinas Nähe den Lümmel zu sehen, der sie heiraten sollte und für den sie mir nicht erschaffen schien. Ich ärgerte mich, dass ein Zartgefühl, das ich mir recht bald abgewöhnte, mich veranlasst hatte, einem solchen Kerl eine Blume zu überlassen, die ich selbst hätte pflücken können.

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      Viertes Kapitel

       Viertes Kapitel

       Der Patriarch von Venedig erteilte mir die niedrigen Weihen

      „Er kommt von Padua, wo er studiert hat“ – so lautete die Formel, mit der ich überall vorgestellt wurde und die mir flugs die schweigende Beobachtung meiner Standes- und Altersgenossen, die Komplimente aller Familienväter und die Liebkosungen aller alten Damen eintrug; es fanden sich auch mehrere Damen, die eigentlich noch nicht alt waren, aber sich in diesem Fall zu den alten rechneten, um mich in allen Ehren küssen zu können. Der Pfarrer von San Samuele, Tosello, teilte mich seiner Kirche zu und stellte mich dem Patriarchen von Venedig, Monsignore Correro, vor, der mir die Tonsur schnitt und mir vier Monate später aus besonderer Gnade die vier niederen Weihen erteilte. Die freudige Genugtuung meiner Großmutter war ungeheuer. Zunächst wurden nun gute Lehrer für mich gesucht, bei denen ich meine Studien fortsetzen konnte, und Herr Baffo wählte den Abbate Schiavo, um mich reines Italienisch schreiben zu lehren, besonders aber die Sprache der Poesie, für die ich eine ausgesprochene Vorliebe hatte. Ich hatte eine vorzügliche Wohnung mit meinem Bruder Francesco zusammen, den man Theaterarchitektur studieren ließ. Meine Schwester und mein jüngster Bruder wohnten bei der guten Großmutter in dem Hause, das ihr gehörte und in welchem sie sterben wollte, weil ihr Mann darin gestorben war. Das Haus, worin ich wohnte, war das Sterbehaus meines Vaters, für das meine Mutter noch immer die Miete bezahlte; es war groß und sehr gut eingerichtet.

      Den Abbate Grimani sah ich nur sehr selten, obwohl er eigentlich mein Beschützer sein sollte; dagegen gewann ich engen Anschluss an Herrn von Malipiero, dem mich der Pfarrer Tosello vorgestellt hatte.

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      Meine Bekanntschaften – Senator von Malipiero

       Meine Bekanntschaften – Senator von Malipiero

      Dies war ein Senator im Alter von siebzig Jahren, der mit den Staatsgeschäften nichts mehr zu tun haben wollte und in seinem Palazzo ein glückliches Leben führte; er aß gut und hatte allabendlich eine auserlesene Gesellschaft von Damen, die alle sich ihre schönen Jahre zunutze gemacht hatten, und von geistreichen Herren, die alles wussten, was in der Stadt geschah. Er war reich und unverheiratet, hatte aber das Unglück, jedes Jahr drei- oder viermal an heftigen Gichtanfällen zu leiden, die ihm bald dieses, bald jenes Glied lähmten, sodass er am ganzen Leibe verkrüppelt war. Nur sein Kopf, seine Lungen und sein Magen waren von diesen bösen Anfällen verschont geblieben. Er war schön und ein Feinschmecker, der leckere Bissen zu schätzen wusste; er besaß seinen Witz, große Weltkenntnis, die Beredsamkeit des Venetianers und jene Lebensklugheit, die einem Senator unfehlbar verbleiben muss, der sich erst ins Privatleben zurückgezogen hat, nachdem er vierzig Jahre lang seinen Anteil an der Leitung der Staatsgeschäfte gehabt hat; der erst dann aufgehört hat, dem schönen Geschlecht zu huldigen, nachdem er zwanzig Geliebte gehabt hat und nachdem er sich selber eingestehen musste, dass er keinen Anspruch mehr darauf erheben konnte, einer einzigen zu gefallen. Obwohl er fast gänzlich gelähmt war, sah man ihm doch das nicht an, wenn er saß, wenn er sprach oder wenn er tafelte. Er speiste täglich nur ein einziges Mal und stets allein; denn da er keine Zähne mehr hatte und sehr langsam aß, wollte er sich nicht aus Höflichkeit gegen seine Tischgäste übereilen, andererseits aber wäre es ihm peinlich gewesen, sie seinetwegen warten zu lassen. Dieses Zartgefühl beraubte ihn des Vergnügens, an seiner Tafel angenehme Gäste zu versammeln und missfiel in hohem Grade seinem ausgezeichneten Koch.

      Als der Pfarrer mir die Ehre erwies, mich Seiner Exzellenz vorzustellen, bekämpfte ich sehr lebhaft den Grund, der ihn veranlasste, stets allein zu essen, indem ich ihm sagte, er brauche ja doch nur Leute einzuladen, die Appetit für zwei hätten.

      „Aber wo diese finden?“ fragte er.

      „Die Sache ist allerdings heikel“, versetzte ich; „aber Eure Exzellenz müssten Ihre Gäste ausprobieren; nachdem Sie unter ihnen die gewünschten gefunden hätten, würde es sich nur darum handeln, sie sich für Ihre Zwecke zu erhalten, ohne dass sie etwas davon merkten; denn kein gut erzogener Mensch wäre damit einverstanden, dass man in der Gesellschaft ihm nachsagte, er habe nur darum die Ehre mit Eurer Exzellenz zu speisen, weil er doppelt so viel esse als ein anderer.“

      Der Senator begriff die ganze Tragweite der von mir angeführten Gründe und sagte dem Pfarrer, er möge am nächsten Tage mit mir zum Essen kommen, und als er sah, dass ich in der Praxis noch stärker war als in der Theorie, machte er mich zu seinem täglichen Tischgenossen.

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      Teresa Imer

       Teresa Imer

      Nachdem er auf alles verzichtet hatte – nur nicht auf sein Ich – gab er sich trotz seinem Alter und seiner Gicht doch noch einer Liebesneigung hin. Er liebte ein junges Mädchen, Teresa Imer, die Tochter eines Schauspielers, die in einem Nebenhause seines Palazzos wohnte, so dass er von seinem Schlafzimmer aus ihre Fenster sehen konnte. Sie war damals siebzehn Jahre alt, hübsch, eigensinnig und kokett. Sie studierte Gesang, da sie späterhin auf der Bühne aufzutreten gedachte; indem sie sich fortwährend an ihrem Fenster zeigte, hatte sie den Greis berauscht; aber sie war grausam gegen ihn. Freilich kam Teresa jeden Tag zu ihm zum Besuch, aber stets nur in Begleitung ihrer Mutter, einer alten Schauspielerin, die sich, um ihre Seele zu retten, vom Theater zurückgezogen und den sehr begreiflichen frommen Plan gefasst hatte, die Anforderungen des Himmels mit den Werken dieser Welt zu vereinbaren. Sie führte ihre Tochter täglich in die Messe und verlangte von ihr, dass sie jede Woche einmal zur Beichte gehe; aber jeden Nachmittag ging sie mit ihr zu dem verliebten alten Herrn, dessen Wut schrecklich anzusehen war, als sie ihm einmal einen Kuss abschlug unter dem Vorwande, sie habe am Morgen das heilige Abendmahl genommen und sie könne sich nicht entschließen, denselben Gott zu beleidigen, den sie vielleicht noch in ihrem Leibe habe.

      Welch ein Anblick für mich fünfzehnjährigen Jungen, den einzigen, den der alte Herr als schweigenden Zeugen zu diesen erotischen Szenen zuließ! Die elende Mutter lobte den Widerstand des jungen Mädchens und wagte sogar den Greis abzukanzeln, der seinerseits auf ihre allzu christlichen oder vielleicht ganz unchristlichen Redensarten nichts zu antworten wagte, obgleich er gewiss nur mit Mühe der Versuchung widerstand, ihr den ersten besten Gegenstand an den Kopf zu werfen. War er bei diesem Zustand ratloser Hilflosigkeit angelangt, so gewann der Zorn die Oberhand über die Begierde, und sobald die Frauenzimmer fort waren, erleichterte er sein Herz, indem er sich mit mir in philosophischen Betrachtungen erging.

      Da ich doch antworten musste, aber nicht wusste, was ich ihm sagen sollte, verfiel ich eines Tages darauf, ihm eine Heirat vorzuschlagen. Zu

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