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Das passte nicht zu ihr. Benjamin hatte mit Erstaunen wahrgenommen, dass er sie gut riechen konnte, er mochte ihren Duft, ihre Ausstrahlung. Und ihre Figur irritierte ihn nach wie vor, auf ganz animalische Weise.

      Aber sie wollte gehen. Dann musste er auch gehen.

      »Okay. Na gut. Ich weiß zwar nicht, ob das was bringt, aber lass uns das mal so machen. Außerdem … «, Benjamin schloss den Mund, schnaubte und entschloss sich, seinen Satz zu Ende zu bringen.

      »Außerdem würde ich gern weiter mit dir reden. Wenn du Zeit hast, meine ich. Wir haben doch einiges gemeinsam, finde ich. Wie geht das jetzt weiter, Charlotte?« Er hatte sich ihren Namen langsam über die Zunge gehen lassen, wie ein köstliches Dessert. Wie eine Cassata Siciliana, assoziierte irgendein Speicher in seinem Gehirn. So eine süße Nachspeise hatte er letzte Woche serviert bekommen.

      Benjamin wunderte sich über sich selbst. Er griff zu seinem Portemonnaie, nahm den Schein heraus und gab ihn ihr.

      So bescheuert war er sich lange nicht mehr vorgekommen. Als ob er für schlechten Sex bezahlt hätte, den er nicht mal bekommen hatte.

      »Danke, Zen. Du wirst das nicht bereuen, du wirst schon sehen. Kannst du morgen Nachmittag? Sagen wir, gegen fünf?«

      »Ja. Gern!« Die Antwort war ihm leichtgefallen.

      Sie hielt ihm die rechte Wange hin, Benjamin legte seine Wange dagegen und küsste die Luft vor ihrem Ohr. Der gleiche Duft wie im Café, der ihn so erregt hatte, stieg ihm schlagartig in die Nase; sie roch gut, warm und aromatisch, nach Chrysanthemen, Brausepulver und etwas nach Zimt. Sehr weiblich und sehr attraktiv. Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die linke Wange und bemerkte, wie rasch sein Herz hüpfte.

      »Okay. Ich geh dann auch mal. Bis morgen, Benjamin Zeno«, lachte sie. »Ich freu mich drauf.«

      Sie streckte sich und legte ihm ihre kleine und warme Hand sanft von vorn an die Schulter, unerwartet, eine überraschende Geste des Vertrauens.

      »Du, ich auch«, hauchte er. »Ciao. Bis morgen, Charlotte.«

      »Charlie für meine Freunde«, sagte sie und sah zu ihm auf. »Ciao.«

      Benjamin hüpfte die Treppe hinunter, immer zwei Stufen auf einmal. Er hatte kein Zen-Erlebnis gehabt und auch nicht viel übers Bügeln gelernt.

      Aber er hatte etwas gewonnen. Er fragte sich nur, was das wohl war.

      Charlie für meine Freunde, hatte sie gesagt.

      Keine Rosen

      Am nächsten Tag brachte Benjamin Blumen mit. Er hatte einen Moment vor den roten Rosen gestanden und sich gefragt, was er denn damit wohl gesagt hätte.

      Er entschied sich stattdessen für einen gemischten Frühlingsstrauß aus vielen Arten in bunten Farben, der fast so gut duftete wie eine Frau. Wie Charlotte.

      Bei ihr hatte er noch eine Note wahrgenommen, die er nicht einordnen konnte. So roch keine Blume, die er kannte. Vom Laden in der Wendenstrasse, fast direkt vor seiner Wohnung, musste er mit dem großen und bunten Strauß durch die Burgstraße und über den Wilhelmsplatz mitten durch die Stadt. Einige Passanten sahen ihn lächelnd an, ein Mann grinste. Benjamin staunte, wie egal ihm das jetzt war.

      Noch vor ein paar Tagen hätte er solche Blumen in einer Tüte versteckt, damit ihn um Himmels willen niemand damit sah. Wenn er überhaupt jemals welche gekauft hätte.

      Charlotte öffnete ihm, diesmal in einem engen rehbraunen Rollkragenpullover und einer eng anliegenden, blumig gemusterten Hose. Leicht vornübergebeugt stand sie da, eine Hand auf dem Türgriff, die andere am Türrahmen, und Benjamin konnte nicht umhin, ihre perfekten Formen in aller Deutlichkeit wahrzunehmen. Sie juchzte.

      »Wow! Schöne Blumen. Das ist aber lieb von Dir!« Sie öffnete die Tür ganz, nahm ihm die Blumen mit der einen Hand ab und umarmte ihn eng mit der Linken, ihm die Wange darbietend. Benjamin spürte ihre Zwillinge auf seinem Bauch unter seiner sich rasch hebenden und senkenden Brust, fest und doch weich und anschmiegsam.

      Ihr Duft umfing ihn und rundete das Willkommen ab. Ben drückte ihr mit sanftem Druck einen etwas unbeholfenen Kuss auf ihre flaumige Wange und merkte, wie sich seine Rechte wie von selbst auf ihrem Hintern eingefunden hatte. So muskulös hatte er sich den gar nicht vorgestellt.

      Charlotte hatte sich ihm wieder entzogen und war, die Blumen in der Hand, einen kleinen Schritt zurückgetreten. Sie sah ihn leicht belustigt und halb erstaunt an. Vielleicht war sein Begrüßungskuss etwas zu zärtlich ausgefallen. Immerhin war er ehrlich gewesen. Vielleicht war er nur von der Berührung und ihrem leichten, aber deutlich wahrnehmbaren Duft überwältigt worden. Jedenfalls hatte sie seine Freude genau wahrgenommen.

      Benjamin sah in ihre hellblauen, klaren Augen und nahm die weißen Sprenkel darin wahr. Charlotte beugte sich vor und gab ihm ein winziges Küsschen auf den Mund, in einer federleichten, fließenden Bewegung, ohne dabei die Augen zu schließen. »Danke!«

      Sie drehte sich weg, ging zu einem Regal, von dem sie eine bunte Vase nahm, in die sie die Blumen stellte, und schwebte davon in Richtung Küche.

      »Ich habe uns einen Tee gemacht. Grünen mit frischer Pfefferminze, weiß nicht, ob du so was magst?«, fragte sie und zeigte in Richtung auf ihre Sitzgruppe.

      Sie verschwand in der Küche, und Benjamin blieb in der Mitte des Lofts stehen und sah sich um. Gestern hatte er den Raum kaum wahrgenommen.

      Aus dem Computerlautsprecher erklang eine Mischung aus Flamenco und einem leisen Saxofon, mehr klassische Gitarre als Jazz. Angenehm und nicht aufdringlich.

      Charlotte kam aus der Küche zurück und stellte die Blumen auf den Tisch, an dem sie das letzte Mal gesessen hatten. Sie trat zu Benjamin in die Mitte des Raumes. »Pepe Habichuela«, erklärte sie. »Könnte ich stundenlang hören.«

      Sie trat einen Schritt zurück, verschränkte die Arme unter der Brust und sah ihm ins Gesicht.

      »So. Du bist ja zum Bügeln hier und nicht zum Vergnügen! Komm, setz dich. Wir wärmen uns erst mal auf, bevor wir anfangen zu arbeiten.«

      Benjamin setzte sich. Sie hatte ihn erwartet. Der Tee war frisch, heiß und süß. So einen Tee hatte er vor ein paar Jahren bei einem Gastspiel der Göttinger Basketballer in Casablanca getrunken.

      »Köstlich.« Er blickte sich um. »Wo sind denn deine Kätzchen geblieben?«

      Charlotte setzte sich zu ihm. »Es hat sich niemand mehr gemeldet. Ich habe sie zusammen mit ihrer Mutter gestern Abend zu meinen Eltern nach Kassel gebracht, die haben viel Platz und viel Grün. Da werden sie sich wohlfühlen, bis jemand kommt. Warum? Wolltest Du vielleicht doch eines?«

      Benjamin musste an die andere Anzeige denken und merkte an der zunehmenden Helligkeit im Zimmer, dass sich seine Pupillen geweitet haben mussten, und senkte den Blick. Auf ihre Schenkel. Im Stillen verfluchte er sein so lautes Unbewusstes, das seine wiedererwachten Wünsche so deutlich preisgab.

      Charlotte musste das bemerkt haben. Sie hob ihre Tasse, wandte den Blick aber dabei nicht von ihm ab. »Sag mal, Zen, du wirkst etwas verlegen. Fühlst du dich unwohl in meiner Gegenwart?« Sie wusste doch genau, wie sie auf ihn wirkte, dachte Benjamin. Sie legte ihm ihre weiche und erstaunlich kleine Hand auf seine. »Tut mir leid, wenn das so ist. Ich bin eigentlich nicht immer so direkt.«

      »Schon okay«, antwortete Benjamin und sah ihr erst in das rechte, dann das linke Auge, und schließlich auf den Mund, aber zu lange mochte er sie nicht so direkt anschauen.

      »Nee, nicht unwohl, Charlie, im Gegenteil. Aber deine Gegenwart ist so – « ihm fehlte das richtige Wort. Raumfüllend, fiel ihm ein. Er versuchte, nicht auf ihren Busen zu schauen, der sich bei jeder Bewegung bewegte, als ob er ein Eigenleben hätte.

      »Intensiv.« Irgendwie traf es das auch nicht.

      »Und – « Benjamin atmete tief ein und schluckte. »Ich hatte länger eher wenig Kontakt zu Frauen.« Das war ihm herausgerutscht. Er versuchte, seine Hand unter der ihren hervorzuziehen, aber sie hielt ihn mit einem leichten Druck

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