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die eine Bedeutung für die Gesellschaft haben. Solche Ergebnisse müssen wir an die Öffentlichkeit bringen – und zwar so, dass Laien und Journalisten verstehen können, was wir zu sagen haben.

      Sie haben ein Recht auf Information

      Leider sind epidemiologische Studien häufig kompliziert und ihre Ergebnisse sind nur selten ganz eindeutig. Daher sind sie schwer zu erklären. Hinzu kommt, dass wir Epidemiologen etwas über die Gesundheitsrisiken ganzer Bevölkerungsgruppen herausfinden. Wir können jedoch keine Aussage darüber treffen, ob eine bestimmte Person aus dieser Bevölkerungsgruppe erkranken wird oder nicht. Wenn Sie diese Person sind, interessiert Sie aber vor allem, ob Sie persönlich gesund bleiben.

      Dazu ein Beispiel: Bergleute im Kalisalz-Bergbau sind unter Tage häufig Dieselruß ausgesetzt (sie arbeiten dort unter anderem mit riesigen, dieselgetriebenen Lastwagen). Epidemiologen haben herausgefunden, dass Kali-Bergleute durch das Einatmen von Dieselruß ein um 40 Prozent erhöhtes Risiko haben, an Lungenkrebs zu erkranken. Ein Kali-Bergmann, der eine entsprechende Meldung im Fernsehen sieht oder in der Zeitung liest, ist aber nicht so sehr an der Information interessiert, wie stark das Risiko in seiner Berufsgruppe erhöht ist. Er möchte vielmehr wissen, ob er persönlich an Lungenkrebs erkranken wird oder nicht. Diese Frage können wir Epidemiologen aber nicht beantworten.

      

Die verständliche Kommunikation von Risiken ist schwierig (siehe dazu auch Kapitel 23), aber wichtig. Gerade im Bereich Gesundheit müssen Menschen gut informiert sein, wenn sie Entscheidungen treffen wollen. In Kapitel 22 erklären wir Ihnen das am Beispiel der Krebsvorsorge (Screening). Die Alternative wäre, Entscheidungen allein den Ärzten und Politikern zu überlassen. Davon raten wir nachdrücklich ab.

      Wir haben ein Sprachrohr

      Wenn wir Epidemiologen zu gesundheitsbezogenen Themen öffentlich Stellung beziehen, tun wir das meist über unsere wissenschaftlichen Fachgesellschaften – das sind sozusagen die Sprachrohre der Epidemiologie. In Deutschland gibt es mehrere davon:

       Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi)

       Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (aus historischen Gründen mit gmds abgekürzt) und weitere Gesellschaften

      Die Fachgesellschaften äußern sich, wenn Politiker wichtige Erkenntnisse aus der Forschung nicht wahrnehmen oder die Gesundheitspolitik nicht danach ausrichten. Unsere Stellungnahmen enthalten daher oft Kritik an bestehenden Empfehlungen oder Gesetzen. Die Kritik stützt sich immer auf solide epidemiologische Studienergebnisse und beinhaltet konkrete Forderungen oder Verbesserungsvorschläge. Die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie hat unter anderem zu folgenden Themen Stellung bezogen:

       Nichtraucherschutz. Wenn Nichtraucher Tabakrauch einatmen (Passivrauchen), steigt ihr Risiko, an Lungenkrebs oder Herzinfarkt zu erkranken. Das belegen epidemiologische Studien eindeutig. Eine Aufweichung des Rauchverbots in Kneipen gefährdet also die Gesundheit aller Gäste. Daher forderte die Fachgesellschaft das Gesundheitsministerium auf, den Nichtraucherschutz in Deutschland umfassend und einheitlich zu regeln.

       Früherkennung von Hautkrebs (Screening). Früherkennung kann vor schweren Verläufen einer Krebserkrankung schützen (siehe Kapitel 22). Bis heute gibt es aber keine überzeugenden Belege, dass das auch für das Hautkrebs-Screening gilt. Die Fachgesellschaft forderte das Gesundheitsministerium daher auf, die Wirksamkeit dieser (kostenträchtigen) Vorsorgemaßnahme fortlaufend zu prüfen.

       Impfung gegen Humane Papilloma-Viren (HPV). Diese Viren werden beim Geschlechtsverkehr übertragen und rufen in seltenen Fällen Gebärmutterhalskrebs hervor. Eine Impfung soll junge Mädchen und Jungen vor der Ansteckung schützen. Studien legen eine gute Wirksamkeit der Impfung nahe.

      Sich in die Politik einzumischen ist anstrengend und nicht immer schön. Wenn es verschiedene Interessen gibt, beispielsweise aufseiten von Industrie, Politik oder Wissenschaft, kann der Tonfall schnell gereizt werden. So während der COVID-19-Pandemie: Rechte Politiker bestritten die Gefahren der Erkrankung, oft mit fachlich falschen Interpretationen von Zahlen. Epidemiologen stellten diese Fehler richtig und wurden dafür verbal attackiert. Sich einzumischen ist aber notwendig und letztlich eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft – schließlich werden viele von uns Epidemiologen aus Ihren Steuergeldern bezahlt.

      Wir schauen uns selbst auf die Finger

      Mit unseren Fachgesellschaften beäugen wir nicht nur Politik, Gesellschaft und Industrie. Wir unterstützen uns auch gegenseitig dabei, die bestmögliche Epidemiologie zu betreiben. Dabei achten wir besonders auf:

       Wissenschaftliche Qualität unserer Studien: Dazu haben wir Leitlinien guter epidemiologischer Praxis entwickelt. Sie geben Grundregeln für solide Studien vor.

       Ethische Richtlinien: Wir dürfen auf niemanden Druck ausüben, an Studien teilzunehmen. Mögliche Teilnehmer müssen wir über den Sinn der Studie sowie über mit Untersuchungen verbundene Unannehmlichkeiten und Gefahren aufklären.

       Datenschutz: Wir dürfen nur so viele Informationen sammeln wie erforderlich, um die Studienfrage zu beantworten. Wann immer möglich, sammeln wir Daten, ohne die Namen der betreffenden Personen zu speichern. Am Ende der Studie löschen wir die Daten.

       Datenzugang: Institutionen wie Kranken- und Rentenversicherer sammeln Gesundheitsdaten für Verwaltungszwecke. Wir setzen uns dafür ein, dass wir solche Routinedaten in wissenschaftlichen Untersuchungen verwenden können.

       Methodenentwicklung: Wir entwickeln die verschiedenen Typen epidemiologischer Studien sowie Techniken zur Datenanalyse fortlaufend weiter – das ist notwendig, weil es immer neue gesundheitsbezogene Fragestellungen und methodische Herausforderungen gibt.

      »Epidemiologe« ist keine geschützte Berufsbezeichnung wie beispielsweise »Arzt«. Wenn Sie Epidemiologie für Dummies gründlich durchgearbeitet haben, verfügen Sie über erste Grundkenntnisse der Epidemiologie. Sie sollten sich trotzdem nicht »Epidemiologe« nennen. Die meisten Epidemiologen haben zunächst ein Fach wie Medizin, Statistik, Gesundheits- oder Ernährungswissenschaften studiert und danach meist einen ein- oder zweijährigen Aufbaustudiengang in Epidemiologie besucht.

      

Auch wenn Sie kein Epidemiologe sind, können Sie epidemiologische Studien verstehen, kritisch beurteilen und hinterfragen. Wenn Sie aber das erste Mal eine eigene Studie planen, sollten Sie sich schon im Planungsstadium fachkundigen Rat einholen. Kapitel 23 gibt Ihnen Hinweise, was sonst alles schieflaufen kann.

      Vielleicht fragen Sie sich, warum Mediziner und andere Wissenschaftler auf die Idee kommen, epidemiologisch zu arbeiten. Sie könnten stattdessen doch Kranke operieren oder Grundlagenforschung betreiben. Was treibt uns um, was fasziniert uns so an der Epidemiologie?

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