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»befeuchten« unsere Augen mit dem Grün der Natur. (Die moderne Farbpsychologie hat Grün als entspannende und beruhigende Farbe nachgewiesen.)

      –Wir »hören die Stille«, ein Rascheln oder Zwitschern.

      –Wir riechen je nach Jahreszeit unterschiedliche Düfte.

      Wir empfehlen die Farbe Grün sehr bewusst und immer wieder einzusetzen:

      – Tragen Sie grüne Kleidung.

      – Verwenden Sie grünen Tischschmuck.

      – Spazieren Sie im »Grünen«.

      – Betrachten Sie Ihre Blumen und Pflanzen aufmerksam.

      – Entdecken Sie Ihre ganz persönliche Viriditas.

      Mit einem einfachen Spaziergang beschäftigen wir alle unsere Sinne und bringen sie so in ein Gleichgewicht. Wir können uns aber auch ein Beispiel nehmen an Kindern, die noch einen unverdorbenen Umgang mit den Elementen haben und ihre Viriditas täglich unter Beweis stellen.

      Die Viriditas kann durch eine einseitige Lebensführung gestört werden, indem wir uns entweder nur materiell ausrichten oder nur geistig beschäftigen und dabei leibliche Bedürfnisse abwerten.

      Aber auch wenn wir Körperkult um der reinen Optik willen betreiben, stören wir die Viriditas, weil sie sich nur voll entfalten kann, wenn Körper, Seele und Geist gleichermaßen gestärkt werden.

      Nehmen wir uns ein Beispiel an den Kindern:

      – Die Faszination einer Kerze oder eines Lagerfeuers wirkt ansteckend.

      – Das Planschen im Wasser oder das fahren lassen eines Schiffchens zieht jeden in seinen Bann.

      – Drachen steigen lassen oder draußen sein an der frischen Luft sind elementare Bedürfnisse.

      Das Ideal sieht ein gesundes Maß vor:

      Ein beschäftigter und reger Geist wohnt in einem gestärkten, gepflegten Körper und ist durch ein gesundes Maß an materiellen Dingen abgesichert.

       Discretio

      Die Discretio ist die Lieblingstugend Hildegards. Sie ist die Gabe der Unterscheidung, die Gabe, das rechte Maß zu finden.

      Das rechte Maß ist immer das eigene Maß. Denn nur ich selbst kann spüren und wissen, was mir gut tut oder was für mich geeignet ist – vorausgesetzt ich bin noch fähig zu spüren. Wenn ich mich körperlich, geistig und seelisch wohl fühle, habe ich mein rechtes Maß gefunden.

      Die Discretio ist stets dort anzuwenden, wo ich Neues kennen lernen und Altes verändern möchte:

      Mit »meinem« rechten Maß, zu »meinem« richtigen Zeitpunkt werde ich das Richtige für mich finden.

       Ratio

      Die Ratio wird meist mit »Vernunft« übersetzt, ist aber in der Bedeutung von Einsicht, Denk- und Urteilsvermögen treffender gewählt.

      Die Ratio ist eine weitere Lieblingstugend von Hildegard, denn sie ist die Fähigkeit wahrzunehmen, aufzunehmen und zu unterscheiden.

      Gerade weil wir mit so viel Information konfrontiert werden, müssen wir kritisch abschätzen, ob wir glauben können, was wir hören.

      Wenn wir sorglos glauben, überlassen wir anderen die Verantwortung und werden so leichter manipulierbar. Außerdem sollten wir auch hinterfragen, ob das, was wir wahrnehmen, unseren eigenen Erfahrungen entspricht oder ob es sich um übernommene Vorurteile handelt.

      Vorsicht vor Klatsch: Kein Wort verhallt ohne Wirkung.

       Subtilität

      Die Subtilität ist ein wichtiger Begriff, der nur in der Ernährungslehre nach Hildegard vorkommt. Sie ist die Heilwirkung, die jedem Teil der Schöpfung innewohnt. Die Wechselwirkung zwischen Heilmittel und Lebensmittel wird in der Hildegard-Küche offensichtlich.

      Hildegard unterteilt Lebensmittel (Kräuter, Pflanzen, Tiere) in die Kriterien warm, kühl, trocken, feucht und neutral und zeigt damit eine interessante Parallele zur chinesischen Ernährungslehre. Orangen wirken zum Beispiel kühlend und sollten idealerweise im Sommer genossen werden. Kürbis hingegen ist in seiner Subtilität neutral und ist deshalb auch für jeden Menschentyp geeignet.

      Über die Lebensmittel beziehen wir unsere Energie und je besser deren Qualität ist, desto energiegeladener und fröhlicher sind wir. Hildegard beschreibt die Wirkung vieler Lebensmittel, wir sind dennoch auch immer wieder selbst gefordert nachzuspüren und nachzuprüfen. So können wir selbst feststellen, dass

      – Erdbeeren Allergien hervorrufen können,

      – Lauch und Rohkost blähen,

      – Heidelbeeren verstopfen und

      – Frohmachergewürze unsere Laune heben.

      In verschiedener Art wirken alle Lebensmittel auf uns und wenn wir auf die Subtilität von Lebensmitteln achten, werden wir essen, was für uns gut ist. Wir werden spüren, dass Dinkel wärmt und dass die verschiedenen Gewürze tatsächlich so wirken, wie Hildegard schreibt.

      Es wird uns leicht fallen, z. B. auf Lauch und Chicorée zu verzichten, die in ihrer Subtilität dem Menschen schaden.

      Wir werden auch hier in der freiwilligen Einschränkung einen Zugewinn erkennen.

      Spüren Sie selbst nach und entdecken Sie den »echten« Geschmack von Lebensmitteln. Sie werden dann manche Nahrungsmittel und Fertigprodukte nicht mehr schätzen.

      Vitamin A ist nicht gleich Vitamin A, auch wenn es im Labor nachgewiesen ist.

      Das Vitamin A eines Apfels und das Vitamin A einer Banane unterscheiden sich durch ihre Subtilität.

      Subtilität ist nicht messbar, aber sehr wohl spürbar, wenn man bereit ist, sich wieder auf sich selbst zu verlassen und seinen Gefühlen und seinem Wohlbefinden zu vertrauen.

      Subtilität ist sozusagen die »spezifische seelische Komponente«, die jedem Wesen und jeder Pflanze innewohnt und auf den Menschen wirkt.

      Deshalb sind industriell gefertigte Produkte (Fertigmenüs) in ihrer Subtilität nicht zu vergleichen mit selbst gemachten Speisen aus Bio-Produktionen.

      Die Subtilität eines Lebensmittels hängt auch vom Boden, von den klimatischen Verhältnissen und von der Betreuung ab. Ein liebevoll gepflegter Garten bringt andere Erträge als ein verwahrloster. Eine Mahlzeit, die mit Freude zubereitet wird, schmeckt anders, als seelenloses »Schnellfutter«.

      In einem Versuch wurden zwei Samenkörner von zwei Mädchen unter denselben Bedingungen angebaut und versorgt. Dieselbe Erde, dieselbe Fensterbank, dieselbe Temperatur und dieselbe Wassermenge bildeten die Grundlage dieses Experiments.

      Der Unterschied lag in der Betreuung: Ein Mädchen sprach liebevoll mit der Pflanze und war während der Pflege gedanklich ganz bei der Sache. Das zweite Mädchen beschimpfte ihre Pflanze und betreute sie lust- und lieblos.

      Während die liebevoll gepflegte Pflanze Höchsterträge mit ausgezeichnetem Geschmack hervorbrachte, kümmerte die beschimpfte Pflanze vor sich hin und brachte nur ein karges Ergebnis.

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       Die sechs goldenen Lebensregeln nach Hildegard von Bingen

      Diese Regeln hat Hildegard nicht in dieser Form niedergeschrieben,

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