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weiterer Faktor ist letztlich die voraussichtliche Begründetheit des Verdachts. Je wahrscheinlicher es ist, dass ein Fehlverhalten tatsächlich stattgefunden hat, desto größer sollten die Anstrengungen sein, den Sachverhalt aufzuklären. Ebenfalls relevant sind auch die Schwere des vermuteten Verstoßes und dessen potentielle Auswirkungen auf das Unternehmen. Je höher der dem Unternehmen drohende finanzielle Schaden sowie die drohenden Strafen und Bußgelder sind, desto mehr ist es für das Unternehmen angezeigt, den Sachverhalt intensiv zu erforschen. Auch der dem Unternehmen drohende Reputationsverlust, sei es durch das Bekanntwerden des Fehlverhaltens selbst oder des mangelnden Engagements des Unternehmens bei der Aufklärung, muss bedacht werden. Verhält sich ein Unternehmen im Krisenfall zu passiv, so kann dies in der Öffentlichkeit bei Bekanntwerden schnell als fehlendes Commitment des Unternehmens zur Rechtsordnung und zur Good Governance gesehen werden. Aber auch die Vorteile, die aus einer Zusammenarbeit mit den Behörden im Wege der Bereitstellung der Informationen erwachsen können, müssen in die Abwägung eingestellt werden.[28]

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      Anhand der verschiedenen Faktoren sollte der Vorstand im Sinne eines Stufenmodells entscheiden, in welchem Umfang er die Untersuchungen vornehmen will. Je schwerer der Verstoß, glaubwürdiger die Meldung, begründeter der Verdacht und größer die drohenden Einbußen für das Unternehmen sind, desto länger, intensiver und ressourcenträchtiger, sollten die Untersuchungen ausfallen.

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      Bei der Beurteilung, wie weit die Untersuchungen gehen müssen, sollte sich das handelnde Organ auch immer den Sinn und Zweck der internen Untersuchungen vor Augen führen. Oberstes Ziel der Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen ist die Aufdeckung, Aufklärung und das Abstellen von Verstößen. Dies erfordert die Beschaffung von Informationen über die tatsächlichen Vorkommnisse. Häufig wird z.B. erst durch die Untersuchungen eine arbeitsrechtliche Bewertung der Geschehnisse ermöglicht. Hiermit eng verknüpft ist der Aspekt, dass durch die Untersuchungen auch Fehler im Compliance-System des Unternehmens aufgedeckt werden können, welche den Verstoß unter Umständen erst ermöglicht haben.

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      Ein weiterer Faktor ist das für jedes Unternehmen existentielle Vertrauen seiner Kunden und Mitarbeiter. Werden Verstöße in der Öffentlichkeit bekannt, kann dies das Vertrauen in Gefahr bringen. Interne Untersuchungen können dann helfen, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen oder bereits den Verlust des Vertrauens oder der Reputation verhindern, indem das Unternehmen damit zeigt, dass solche Verstöße nicht geduldet werden.

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      Für eine umfassende Untersuchung kann auch sprechen, dass die Staatsanwaltschaft, Kartell- oder andere Behörden von der Möglichkeit einer Strafmilderung oder Reduzierung von Geldbußen Gebrauch machen, wenn das Unternehmen bei der Aufdeckung und Untersuchung von Verstößen aktiv ist und kooperiert.

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      Die durch das Unternehmen erlangten Informationen können schließlich auch die Grundlage für eine Verteidigungsstrategie sein, sofern es zu zivil- oder straf-/bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfahren gegen das Unternehmen kommt. Diese Zwecke sollten durch die Untersuchung bestmöglich erfüllt werden können.

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      Das gesamte Konzept der Compliance und der unternehmensinternen Untersuchungen stammt ursprünglich aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum. Unternehmensinterne Untersuchungen gehen dort auf Anforderungen der US-amerikanischen Behörden zurück. In Deutschland besteht zwar nicht die Möglichkeit, dass ein Unternehmen von den Behörden verpflichtet wird, Untersuchungen durchzuführen. Allerdings kann es dem Unternehmen im Einzelfall entgegen kommen, wenn es die Behörden bei bereits laufenden Ermittlungen unterstützt. Das kann z.B. durch die Bereitstellung eigener Untersuchungsergebnisse geschehen, die unter Umständen von den Behörden so gar nicht hätten erlangt werden können.

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      Anmerkungen

       [1]

      Siehe auch Inderst/Bannenberg/Poppe/Poppe 7. Kap. Rn. 6.

       [2]

      Von Hehn/Hartung DB 2006, 1909, 1913; Arnold ZGR 2014, 76, 95.

       [3]

      PwC Studie „Wirtschaftskriminalität“ 2007, S. 50.

       [4]

      Böttger/Minoggio 15. Kap. Rn. 23.

       [5]

      Böttger/Minoggio 15. Kap. Rn. 23.

       [6]

      Von Hehn/Hartung DB 2006, 1909, 1913.

       [7]

      Von

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