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Spanisch-Deutsch (vgl. Wolff 1982). 1982 entstand in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut in Madrid ein Tandemkursprogramm, das dann durch „Centro Cultural Hispano-Alemán TANDEM“, Vorläuferin der heutigen „Escuela Internacional TANDEM Madrid“, fortgeführt wurde. Die Einzelvermittlung wurde später zur Grundlage für das TANDEM-Netz.

      Mitte der 1980er erlebte die Tandem-Idee durch Jürgen Wolff vom Centro Intercultural Tandem in San Sebastian sowie die Gründung kleiner „Alternativsprachschulen“ eine schnelle Verbereitung. Das Tandem-Netz umfasste Mitglieder in zahlreichen Ländern.

      Ende der 1980er Jahre fanden Tandemkongresse (Fribourg/Schweiz 1989, Berlin 1990, Bozen 1991, Donostia/San Sebastian 1992, Freiburg i. Br. 1994, Madrid 1997) statt, die dem Erfahrungsaustausch, der Entwicklung neuer Projekte sowie der Reflexion der Tandamarbeit dienen sollten. 1993 wurde die Stiftung TANDEM-Fundazioa gegründet, mit dem Ziel Forschungen im Bereich Tandem voranzutreiben, Aus- und Fortbildung für die Organisation der Tandemkurse anzubieten und Tandem-Materialien zu erstellen. Seit dem Jahr 2011 veranstaltet diese Stiftung in Zusammenarbeit mit der Universität Lüneburg und der pädagogischen Hochschule Freiburg Tandem-Tagungen (Lüneburg 2011, Freiburg 2012, Lüneburg 2013, Freiburg 2014, Lüneburg 2016 ).

      Ebenfalls in den 1980er Jahren fand das Konzept seinen Platz an Hochschulen. In Deutschland gründete Helmut Brammerts das erste Sprachtandem (deutsch-spanisch) an der Ruhr Universität Bochum (Brammerts et al. 1986). Im deutsch-französischen Bereich ging die Entwicklung des Konzepts aufgrund einer Reihe didaktisch-methodischer Grundlagenarbeit weiter, z.B. an den Universitäten Mainz-Dijon (DFJW 1992), Berlin-St. Etienne seit 1987/88 (Zamzow 1991) sowie Frankfurt/Oder-Reims (Bahr/Grouet-Duval 1995). Gleichzeitig begannen Hochschulen mit der Tandempartnereinzelvermittlung. In Deutschland war die Universität Bielefeld eine der ersten, die eine Einzeltandemvermittlung einführte und Tandemseminare mit begleitender Forschung veranstaltete (Ehnert 1987). In der Schweiz vermittelte die Universität Fribourg 1982/83 Tandempartner und bot später Tandemkurse an (Müller et al. 1990, Gick/Müller 1992). Heute gibt es nahezu an jeder Universität ein Tandemprogramm.

      1.1.2.2 Formen des Sprachenlernens im Tandem

      Was das Lernen im Tandem angeht, unterscheidet man in der Regel „Kurstandem“ von „Einzeltandem“. Unter „Kurstandem“ versteht man eine Lernergruppe unterschiedlicher Muttersprache (z.B. spanischlernende Deutsche und deutschlernende Spanier), die gemeinsam einen Kurs für das Fremdsprachenlernen besuchen. Nach Herfurth (1993: 22) wird dieser Lernkontext als „Begegnungssituation“ bezeichnet. Ein solcher Kurs liegt häufig im institutionellen Rahmen (wie Sprachschule, Sprachlehrinstitut, Schüleraustausch, Ferienprogramm) und wird von einem Kursleiter organisiert. Mit didaktischen Planungen werden die Kurse durchgeführt. Tandemkurse können entweder in intensiver (täglich mehrere Stunden an hintereinander liegenden Tagen) oder extensiver Form (ein Mal pro Woche über einen längeren Zeitraum hinweg) ablaufen. Je nach der didaktischen Konzeption können die Kursmodelle sehr unterschiedlich sein.

      Im Gegensatz zu Kurstandem ist Einzeltandem eine Lehr-Lern-Form, die sich durch eine Vermittlungseinrichtung oder durch Anzeigen (z.B. an schwarzen Bretten, in Tageszeitungen, in Sozialnetzwerken, im Internet) bildet. Zwei Lerner unterschiedlicher Sprachen treffen sich in ihrer Freizeit und helfen sich gegenseitig beim Erlernen der Sprache, die für den einen die Muttersprache ist. Anders als das Kurstandem zeichnet das Einzeltandem sich dadurch aus, dass es nicht im institutionellen Rahmen stattfindet und keiner didaktischen Konzeption von außen unterliegt. Die Tandempartner bestimmen selbst, wo und wann sie sich treffen, was und wie lernen sie. Müller (1988: 28) und Ehnert (1987: 81) nennen diese Lernkontexte „freie Tandems“. Brammerts (1993: 122) und Brammerts/Hedderich (1998: 251) sprechen dabei von „autonomen Tandems“. Die meisten Einrichtungen der Einzeltandemvermittlung sind häufig in Sprachschulen oder Sprachlehrinstituten im universitären Bereich angesiedelt. Zugleich bieten sie Beratungen bzw. Coachings für das Lernen im Tandem an.

      Außerdem ist das Internet ein Medium, mit dem die Lerner in Form des Einzeltandems kommunizieren. Dabei kann man den Kontakt via E-Mail, Messenger, Skype oder auch soziale „Netzwerke“ organisieren. Im deutschen Hochschulbereich findet man zuweilen Angebote der eTandem-Vermittlung, welche Lerner weltweit zusammen bringen. Im Zentrum für Fremdsprachenausbildung (ZFA) an der Ruhr-Universität Bochum gibt es z.B. den eTandem-Service für alle Sprachen der Welt. Während die Ruhr-Universität Bochum eher Einzeltandems via Internet organisiert, bietet das Sprachenzentrum der Universität Münster eTandem-Kurse an.

      1.1.2.3 Tandemforschung

      In der wissenschaftlichen Literatur zum Fremdsprachenlernen im Tandem geht die Forschung häufig von zwei Aspekten aus. Einerseits ist immer wieder die Rede davon, dass die Interagierenden die sprachlichen Probleme im Tandem bearbeiten können und damit den Fremdspracherwerb fördern. Andererseits geht man davon aus, dass auch gerade die Vermittlung kultureller Wissensbestände gut möglich sei. Denn die Interagierenden fungieren als Experten ihrer jeweiligen Alltagskultur und Lebenswelt. Im Folgenden gebe ich einen Überblick über die bisherigen sprachwissenschaftlichen Tandemforschungen.

      1.1.2.3.1 Das Sprachenlernen im Tandem

      In der Zweitspracherwerbsforschung wird das Sprachenlernen im Tandem wegen seiner besonderen Eigenschaften oft als eine Interaktionsform betrachtet, die zwischen dem gesteuerten und ungesteuerten Zweitspracherwerb durch Interaktion liegt. Zumal es Charakterzüge des ungesteuerten natürlichen Spracherwerbs zeigt, da die Lerner direkte Kontakte mit Muttersprachlern der Zielsprache haben und daher einen authentischen sprachlichen Input bekommen. Gleichwohl weist es Merkmale des gesteuerten Spracherwerbs auf, weil die Tandem-Interaktion in einem Lehr-Lern-Kontext stattfindet und Lehr-Lern-Aktivitäten darin eingebettet sind. Herfurth (1993) beschreibt dies so:

      wie aus den bisherigen Ausführungen unschwer ersichtlich, ist eine nach dem Tandemprinzip ausgestaltete Begegnungssituation weder eindeutig eine Form natürlichen Spracherwerbs, noch eindeutig eine Form unterrichtlich organisierten Sprachenlernens, sondern liegt zwischen diesen beiden Polen. (Herfurth 1993: 28)

      Schmelter (2004) benutzt in seiner Studie zum Tandem den Begriff „selbstgesteuertes Fremdsprachenlernen“. Dabei wird die Selbstverantwortung der Lerner für den gesamten Lernprozess wie z.B. die Lernziele, die Lernhandlungen und die Evaluation unterstrichen.

      Forschungen über das Sprachenlernen im Tandem behandeln das Thema hauptsächlich unter Aspekten der Didaktik und des Spracherwerbs.

      Herfurth (1993) beschäftigt sich mit der Form des Kurstandems. Konkret bezeichnet er diesen Lehr-Lern-Kontext als Begegnungssituation. Anhand von Interviews mit Kursleitern und Lernern, Fragebogen und (teilnehmenden) Beobachtungen vergleicht er Kurskonzeptionen von vier unterschiedlichen Tandemintensivkursen in den Universitäten Bochum-Oviedo, CIC Tandem San Sebastian, SIT Tübingen, TU Berlin-Ecole des Mines (Saint-Etienne) und arbeitet die didaktischen Handlungs- und Planungsdimensionen für das Fremdsprachenlernen im Tandem heraus. Herfurth geht anhand seiner Daten einerseits auf die sprachlichen Ebenen wie Sprachenwahl und Sprachenverteilung, Bedeutungsklärung und Korrekturen ein. Andererseits werden soziale und interkulturelle Aspekte wie Aufgabenstellungen, Vorgaben an Materialien, die Ausgestaltung der Kursleiterrolle und die Zuweisung von Lehrer-Lerner-Rollen an die Teilnehmer analysiert. Mit seinen Daten stellt er exemplarisch ein Konzept von didaktischen Leitlinien vor.

      In Herfurths Studie wird ersichtlich, dass die beobachteten Kurstandem-Interaktionen in sehr unterschiedlicher Weise ablaufen. Sowohl spezifische als auch nicht spezifische Faktoren sind dabei zu beobachten. Zu Konstanten derartiger Lehr-Lern-Kontexte gehören „die Orientierung an einem Produkt, an einem Thema oder an Aufgabenstellungen, die Vorgabe bzw. freie Wahl der Sprache, Vorgaben an Materialien, für Formen der Bedeutungsklärung und Korrekturen, die Ausgestaltung der Kursleiterrolle und die Zuweisung von Lehrer-Lerner-Rollen an die Teilnehmer“ (Herfurth 1993: 225). Zugleich belegt er aber auch, dass der Sprachlernprozess nicht nur aufgrund dieser Konstanten der Kurstandemkonzeption umgesetzt wird. Es liegt an den Teilnehmern, wie sie mit ihren Gesprächspartnern gemeinsam die Tandeminteraktion verwirklichen. Dabei spielen mehrere Variablen (wie Intensität, Zeitpunkt, Form von Sprachwahl bzw.

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