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just am Erweitern ihres Operationsfeldes.

      «Und?», fragte ich, «glaubst du das auch? Hast du etwa Angst um mich?»

      «Aber sicher.»

      «Hör schon auf, als ich Polizist war, hattest du nie welche!»

      «Doch, manchmal», sagte sie kleinlaut. Sie war schlicht entwaffnend. Ich meine, nach der Zeit! Ich warf das Handtuch: «Also gut, ich komme, sag ihm, ich sei in einer Stunde bei ihm.»

      Die Zusage allein genügte ihr nicht: «Gehts nicht früher? Es ist elf Uhr, und er will mit dem Grand-Chef zum Joggen. Die beiden rennen jeweils um Viertel vor zwölf los – du könntest doch in zwanzig Minuten hier sein.»

      Ab und zu redete sie sagenhaft direkt. Sie wusste, wo meine Agentur lag, und sie wollte, dass ich weiss, dass sie es wusste. Hatte sie so etwas wie einen Auftrag, mich zu bespitzeln? Ihre Anspielung löste in mir Gefühle aus, die alles andere als berauschend waren. Der erste grössere Auftrag, und schon wollte mich die Polizei ausbremsen.

      Ich versuchte angestrengt, sie meinen Ärger nicht spüren zu lassen: «Umso besser, dann wird er nicht viel Zeit haben für lange Ausführungen. Also, bis dann … Tschüss!»

      Ich legte auf und warf einen Blick hinaus auf die Aare. Sie wechselte ihr Erscheinungsbild täglich, manchmal stündlich, und zwar in Temperament, Form und Farbe. Im Sommer, manchmal bis spät in den September hinein, konnte sie dahintrudeln, langsam und in einem Blau, das es sonst nur in Bergseen zu sehen gibt, so klar, dass man jeden einzelnen Kieselstein auf dem Grund glitzern sehen konnte. Dann lockte sie jeden guten Schwimmer zu einem Bad. Und an lauen Abenden bekam sie einen Glanz wie Kinderaugen bei Kerzenschein, und im Winter, besonders im Winter, zeigte sie sich unergründlich, fast schwarz, mit einer Oberfläche, die an eine gehämmerte Eisenplatte erinnerte und tödliche Kaltherzigkeit ausstrahlte.

      Heute zeigte sie sich aufgewühlt, wie gesagt, war stärker in Eile als üblich, ihre Farbe glich einer Olivenseife aus Palästina, und sie führte Schaum, Laub und kleine Äste mit sich. Heute lud sie nicht zum Baden ein, heute schreckte sie eher ab, obschon sie noch gute sechzehn Grad warm war.

      Ich wandte mich dem Telefon zu und rief beim Advokatur- und Notariatsbüro Scheidegger an.

      Eine Frauenstimme meldete sich: «Advokatur und Notariatsbüro Scheidegger, Christine Klay?», sie redete bedächtig und schniefte ständig, erst glaubte ich, sie hätte geweint, aber dann wurde mir klar, dass sie verschnupft war.

      Ich nannte meinen Namen und bat sie, mich mit Frau Scheidegger zu verbinden.

      Sie hielt sich ein Taschentuch unter die Nase, das Rascheln war nicht zu überhören, und nuschelte: «Sind sie nicht der Detektiv, der Schilds Mörder jagt?»

      «Nun ja.»

      «Hören Sie: Sie müssen ihn finden!» Sie schnäuzte sich, stöhnte, redete weiter: «Doktor Schild ist ein so guter Mensch gewesen. Er hat mir so oft Blumen gebracht und Süssigkeiten, zum Geburtstag, zu Ostern, zu Weihnachten, immer», sie hustete, «und manchmal hat er mich nach Hause gefahren, wenn ich mein Abonnement verlegt habe, wenn es in Strömen regnete oder wenn es hier spät wurde wegen den Verhandlungen; bis nach Ostermundigen hat er mich gefahren, obschon er doch drüben gewohnt hat, gegen Muri hinaus, sie werden ihn finden, nicht wahr?»

      Über das Telefon bestand keine Ansteckungsgefahr, ich konnte beruhigt sein, dafür ging mir die Geduld aus: «Ja, mach ich, aber dazu muss ich mit Frau Scheidegger reden können. Können Sie mich bitte verbinden?»

      Sie sagte: «Frau Doktor Scheidegger bespricht sich gerade mit Doktor Müller. Sie hat gesagt, sie möchte auf keinen Fall gestört werden. Doktor Müller übernimmt den Auftrag von Doktor Schild, müssen Sie wissen, den letzten Fall von Doktor Schild, er wird noch heute nach Lipari reisen, zu Herrn Walter Grob, die Polizei hat Doktor Schilds Notizen beschlagnahmt, wissen Sie, der Fall muss jetzt von Doktor Müller weiterbearbeitet werden.»

      «Das war Schilds letzter Fall? Walter Grob, der Finanzbetrüger?»

      «Aber, Herr Bergmann, wir wollen Herrn Grob nicht vorverurteilen, nicht wahr, er ist nach Lipari geflüchtet, weil ihn alle vorverurteilen, Doktor Schild hat seine Verteidigung übernommen, und jetzt, da er tot ist, wird Doktor Müller dafür sorgen, dass Herr Grob einen fairen Prozess erhält. Doktor Schild hat Herrn Grob auf Lipari besucht, und wie er zurückkommt, wird er erschossen, schrecklich, nicht, und seine Notizen sind, wie gesagt, von der Polizei beschlagnahmt worden. Da fällt mir ein, er hat mir versprochen, eine Karte zu schreiben, ich hab sie nicht erhalten, noch nicht, vielleicht kommt sie morgen oder übermorgen, ist das nicht schrecklich?» Sie redete und schniefte abwechselnd.

      «Ich verstehe nicht, was Sie meinen.»

      «Die Ansichtskarte, meine ich, wenn die Karte aus Lipari morgen bei mir eintrifft, wo er doch seit Montag tot ist», sagte sie, «ist das nicht schrecklich?»

      «Ja. Das kommt vor, jemand schreibt eine Karte und stirbt kurz danach.»

      «Er ist nicht gestorben, er ist ermordet worden! Ich werde sie aufheben, er ist so ein guter Mann gewesen.» Jetzt schluchzte sie.

      «Tun sie das, könnten Sie …»

      Sie versuchte sich zu fassen und lenkte ab: «Also, ich weiss nicht, ich könnte nicht ruhig sein, auf so einer Vulkaninsel, das wäre mir zu gefährlich, wenn man nie weiss, wann der Vulkan hochgeht. Waren sie schon mal da? Ich war noch nie da.»

      «Wo?»

      «Auf Lipari», sie hatte sich gefasst.

      «Nein.»

      «Der Vulkan soll voll aktiv sein, ständig Schwefeldämpfe und glühende Lava oben raus und so», sie schnäuzte sich.

      Ich überlegte, ob ich einen anderen Weg wählen sollte.

      Sie fragte: «Soll ich Frau Doktor Scheidegger etwas ausrichten?» Sie war wieder die Sekretärin, sachlich, dienstbeflissen.

      «Ja. Ich nehme den Auftrag an, bitte richten Sie ihr das aus.»

      Das brachte sie erneut aus dem Gleis, sie rief: «Ich wusste es! Sie werden ihn finden, und wir werden ihn vor Gericht bringen, diesen … diesen gemeinen Mörder!»

      Sie hätte sich gern noch weiter darüber ausgelassen, ich verabschiedete mich gegen ihren Willen, legte auf, sank auf meinen Bürostuhl, blickte aus dem Fenster – jetzt sah ich die Aare nicht mehr, dafür den Himmel, zwischen den Wolken war er sehr blau, wie auf einer Ansichtskarte aus Lipari.

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