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einen transpersonalen Raum zu schaffen und zu teilen. Mit dem Jesuswort »Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen« (Mt 18.20) ist die Bewusstseinstiefe der Liebe gemeint, die auf eine auslösende Ursache oder persönliche Betroffenheit verzichtet und die Erfahrung von »Nicht-getrennt-Sein« bzw. »Heilsein« schafft. Auf diese Weise geht sie über das persönliche Erleben hinaus. Wenn wir fähig sind, uns mit dieser annehmenden Liebe zu begegnen, heilt sie vorhandene Brüche. Was vorher fragmentiert war, darf nun ganz, heil und gesund sein.

      Liebevolle Annahme jenseits von Identifikation

      Identität entsteht durch den selbstreflexiven Prozess von inneren und äußeren, aktuellen und gespeicherten Erfahrungen. Wie eine Spinne weben wir uns zwischen diesen Erfahrungen ein Netz, in dessen Zentrum wir sitzen.

      Entwickelte personale Identität besteht nicht nur aus den Inhalten unserer Erfahrung, sondern auch aus den ­Schwingungsmustern zwischen ihnen. Man könnte sagen, dass gesunde Identität pulsiert, denn Gefühle strömen in unseren emotionalen Resonanzraum, breiten sich aus und verklingen wieder. So betrachtet, bleibt Identität beweglich, frei und schwingungsfähig im Gegensatz zur Identifikation, die an den Erfahrungen festhält.

      Es ist nicht nötig, sich mit Gefühlen im Sinne von »Ich bin ängstlich« zu identifizieren, denn damit legen wir uns fest, und unsere Identität verhärtet sich. Zunehmend setzen wir uns dann aus verschiedenen Facetten wie »Ich bin mutig, friedlich, faul, feige oder wütend« zusammen.

      Wenn sich Teile dieses Selbstbildes widersprechen oder sich unsere Persönlichkeit weiterentwickelt, nehmen wir das als Konflikt wahr. Um diesen zu lösen, verleugnen wir situativ unpassende Seiten und stellen scheinbar angemessene heraus. Eine andere Möglichkeit besteht darin, sich aus augenscheinlich gut funktionierenden Anteilen eine feste ­Persönlichkeit zu erschaffen. Dieser Typ mag stabiler sein als der erste, doch sein emotionaler Resonanzraum ist starr und seine Schwingungsfähigkeit vermindert.

      Im Yoga sprechen wir hier von Samyoga, der Verbindung des Sehers (Drashta, Purusha) mit dem Gesehenen und Erfahrenen (Drishya, ­Prakriti). Diese Identifikation wird als Ursache des menschlichen Leides betrachtet (Yogasutra 2.17).

      Dabei ist es durchaus möglich, eine Erfahrung wie »Ich fühle mich ängstlich« anzunehmen, ohne sich deshalb auf »Ich bin ängstlich« festlegen zu müssen. Drashta erkennt im Selbstmitgefühl die Erscheinungen von Prakriti, ohne sich mit ihnen identifizieren zu müssen. So steht »Ich fühle mich mutig« nicht länger im Widerspruch mit »Ich fühle mich schüchtern«. Beides sind Pole eines lebendigen Kontinuums.

      Vom Standpunkt einer bewussten, schwingungsfähigen Identität aus bedeutet Mitgefühl haben, bei sich selbst sein zu können. Diese ­Haltung der mitfühlenden Annahme ermöglicht es uns auch, mit anderen zu fühlen. Gefühle bedrohen uns also nicht länger oder widersprechen einander, sondern erscheinen als aufsteigende und abebbende Wellen in unserem Bewusstsein.

      Um mit anderen Menschen mitzufühlen, ist es notwendig, unsere eigene Identität und unsere Bedürfnisse zurückstellen zu können. Diese Qualität ist nah an der unverfälschten Quelle (Purusha). Persönliche Färbung (Rajas) schränkt die Mitgefühlsfähigkeit ein. Wenn wir mit starken Wertungen von »richtig« und »falsch« identifiziert sind, kann nicht genügend Raum für die Gefühle unserer Mitmenschen entstehen.

      Lautet beispielsweise ein Glaubenssatz von uns »Man sollte immer glücklich sein«, macht er es uns unmöglich, authentisches Mitgefühl für die Trauer anderer zu empfinden. Auch ein Beziehungsbedürfnis kann dem Mitgefühl blockierend gegenüberstehen: Wenn wir eine Person sehr mögen und ihre Nähe schätzen, wird es uns schwerfallen, sie mitfühlend in ihrem Bedürfnis nach Abstand und Unabhängigkeit zu unterstützen.

      Für die Entwicklung von Mitgefühl brauchen wir also eine gewisse Durchlässigkeit, sowohl der eigenen Identität als auch unserer Bedürfnisse.

      Blau: Sattva, Achtsamkeit und Bewusstheit – Die geistige Ebene

      Sattva steht im Sankhya für das lichtvolle, reine und geistige Prinzip. Stärker noch als bei den beiden anderen Farben, die für den Körper und das Gefühl stehen, benötigen wir für den von Blau repräsentierten »Geist« eine klare Definition. Oft wird Geist mit Psyche gleichgesetzt, wobei diese auch Gefühle einschließt.

      Um den Geist von den Emotionen abzugrenzen, definieren wir ihn hier als kognitive Fähigkeit wie Denken, Wahrnehmung, Gedächtnis, Problemlösung und Lernen. Dabei kennt der Geist jenseits seiner Inhalte und Fähigkeiten eine große Anzahl verschiedener Zustände und Verfassungen wie Ruhe, Klarheit und Konzentration oder auch Zerstreuung, Sprunghaftsein etc.

      In welchem Zusammenhang stehen nun Bewusstsein bzw. Gewahrsein und Geist? Wir erinnern uns: In der indischen Sankhya-Philosophie entsteht der Mensch durch die Begegnung zwischen Purusha, dem göttlichen Bewusstsein, und Prakriti, dem Wahrnehmbaren. Zunächst entwickelt sich dabei eine Art intuitive Weisheit (Buddhi), in der sich das reine Licht des Bewusstseins erstmals der Welt zeigt. Daraus ergibt sich wiederum das Identifikationsvermögen (Ahamkara), das unterscheiden und trennen kann. Aus dieser Funktion entwickelt sich dann der Geist (Manas), auf den die Empfindungen der Wahrnehmungsorgane projiziert werden, der Entscheidungen trifft und reagiert (Unger/­Hofmann-Unger 1999).

      Im Folgenden verstehe ich universelles Bewusstsein, wie Brahman im Vedanta oder Purusha in der Sankhya-Philosophie, als Grundlage des persönlichen Bewusstseins, des Selbst (Atman). Universelles Bewusstsein ist der beseelende Stoff, der Materie überhaupt erst erschafft und belebt. Wenn wir universelles Bewusstsein als »das Eine-ohne-ein-Zweites« verstehen, erfahren wir es in uns selbst als das Sein, die Existenz oder, wie oben angesprochen, im »Ich bin«. Dieser Urgrund drückt sich in uns dann weiter als Pulsation (Körper), Mitgefühl (Emotion) und Achtsamkeit (Geist) aus, die sich schließlich untereinander mischen. So steht diese Trinität für einen erfahrbaren Ausdruck des universellen Bewusstseins.

      Achtsamkeit ist jener Teil der Wahrnehmung, der vom Wissen begleitet wird, dass wir wahrnehmen. Sie ist frei von Urteil und Bewertung und demnach bewusste, urteilsfreie Wahrnehmung.

      Der indische Lehrer Nisargadatta Maharaj sagt: »Durch die uneingeschränkte Akzeptanz von Allem, was möglicherweise auftaucht und somit ganz einfach vorhanden ist, bestärken Sie alles Tieferliegende, an die Oberfläche zu kommen und dadurch Ihr Leben und das Bewusstsein mit seinen eingeschlossenen Energien zu bereichern. Das ist die grenzenlose Wirkung des Gewahrseins« (Maharaj 1996).

      Gewahrsein ist das Tor zur transpersonalen Dimension des Geistes (Gemsemer 1997). Denn im Gewahrsein erscheinen uns die Dinge nicht mehr isoliert, sondern als Aspekte des universellen Bewusstseins. Im Dzogchen, einer Tradition des tibetischen Buddhismus, ist Rigpa der Begriff für Intelligenz, die »innerste Natur des Geistes«. Er steht für reines Gewahrsein jenseits aller Begrenzung, durch das man zum Zustand der Allwissenheit und Erleuchtung gelangt. Doch auch diese hohe Form von Intelligenz ist ohne Mitgefühl nicht in der Lage, ihr gesamtes Potenzial zu entfalten.

      Wahrnehmung jenseits von Wertung

      Wie wir gesehen haben, ist es eine entwickelte Fähigkeit des Geistes, sich über Dinge bewusst zu sein, ohne über sie urteilen zu müssen. Das bedeutet, sie als Ganzes erleben zu können – und damit auch den ihnen innewohnenden Aspekt des universellen Bewusstseins.

      Eine andere Fähigkeit des Geistes besteht darin, zu beurteilen und zu werten. Sie teilt die Welt auf in Kategorien wie alt und neu, hilfreich und nutzlos, hässlich und schön etc. Zum Teil handelt es sich dabei um notwendige Orientierungsmuster, die uns helfen, uns in der Welt zurechtzufinden. Je stärker wir aber pauschal wertende Kategorien wie »gut« oder »schlecht« kreieren, umso starrer werden die Identität und Bindung (Samyoga), die daraus hervorgehen. »Gut« oder »schlecht« sind keine Kategorien des Selbst. Das Selbst pulsiert völlig unabhängig zwischen den inneren und äußeren Bedürfnissen.

      In

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