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Körpern entströmte, für ihn paradiesischer Duft. Dann ging er ins Klo, um jedes Mal die gleiche Bewegungskombination durchzuführen: Er kramte in seinen Taschen und holte, schon eine Zigarette zwischen den Lippen, aus seiner hinteren Hosentasche eine Schachtel Streichhölzer. Aus einer anderen Tasche holte er ein Bild. Dabei fiel ein kleiner Schlüssel zu Boden, den er wieder aufhob und sich seine Zigarette anzündete. Es war das Nacktfoto einer berühmten türkischen Schauspielerin, mit der Rachmân jetzt seinen imaginären Beischlaf vollzog. Er schürzte seine Lippen und starrte auf das Poloch der Türkin, bis sich das Sperma über seine Hand ergoss.

      Sainab Mansûr bewegte ihre Hand am Reißverschluss der Militärhose auf und ab wie ein Mann, der onaniert, dann verpasste sie dem Hintern der Hose einen theatralischen Fußtritt. Die Mädchen brachen in schallendes Gelächter aus. Sainab ist die Inhaberin des »vierten Schlüssels« und Assistentin der fruchtlos-trockenen Sabrija und durfte sich als solche überall in der Werkstatt frei bewegen. Sie war die engste Freundin von Rachmâns älterer Schwester Sâhira. Während der Arbeit fungierte sie als Briefträgerin zwischen Fâtin und Hamîd. Wenn sie in den zweiten Stock hinaufging, um Nähutensilien zu holen, überbrachte sie schriftliche Botschaften. Sie war ein heiteres, intelligentes Mädchen, einige der Kolleginnen hielten sie für lesbisch. Eines Tages lachte Sainab lange, als sie Unteroffizier Chudair zuhörte, der allen Ernstes von der Störung bei Nähmaschinen sprach, als wäre er ein Biologieprofessor. Er erklärte ruhig, gravitätisch und ein wenig gelangweilt: »Die Nadel kann bei der Arbeit aus verschiedenen Gründen brechen. Der Fuß steht vielleicht nicht fest an seiner Stelle, das Schiffchen ist vielleicht nicht solide eingelegt, oder der Stoff wird zu heftig gezogen. Der Faden reißt an der Nadel, wenn er nicht gut läuft oder nicht genügend gezogen wird oder weil die Zähne des Kammes unsauber und schadhaft oder weil die Stiche ungleichmäßig sind. Obwohl sie durchaus professionelle Schneiderinnen sind, machen die Mädchen doch häufig Anfängerinnenfehler.« Sainab lauschte Unteroffizier Chudair heiter, während er ihr drei Schlüssel reichte, die sie in der Tasche ihres Arbeitsanzugs versenkte, ohne dass sein Redefluss stoppte.

      Es könnte noch andere Schlüssel geben, aber ich habe nur diese gewählt, um den Rhythmus der Geschichte zu erhalten, die Sainab erzählte.

      Am Morgen des ersten Tags der Ferien der Karâma-Fabrik tourte am Himmel droben ein amerikanischer Spionagesatellit, um Bilder unterschiedlicher Größe von der kleinen Fabrik aufzunehmen, die der Inspektionskommission der Vereinten Nationen, die überall nach verbotenen Waffen suchte, Kopfzerbrechen bereiteten. Die Regierung führte die Inspektoren bewusst an der Nase herum und erlaubte ihnen den Besuch der Fabrik nur ein Mal. Dahinter stand die Absicht, bei den Inspektoren den Argwohn zu wecken, die Fabrik könnte zu verbotenen militärischen Zwecken verwendet werden. Der Lage der Fabrik in den Außenbezirken von Bagdad auf einem verlassenen, kahlen Stück Land kam dabei eine besondere Rolle zu. Vielleicht wurde die Anlage früher wirklich einmal für geheime militärische Zwecke gebraucht. Ihre ursprüngliche Ausgestaltung deutete nicht darauf hin, dass bei der Errichtung an eine Näherei gedacht war. Die schweren Eisentüren an den kleinen fensterlosen Räumen im zweiten Stock machten einen verdächtigen Eindruck. Von den Bodenplatten im Nähsaal hätte man auf eine Verwendung als Labor schließen können, jedenfalls eine Aktivität, bei der viel Wasser zum Einsatz kam. Die nächste asphaltierte öffentliche Straße war fünf Kilometer entfernt. Die Fabrik besaß zwei Hauptportale: ein hinteres, durch das die Lastwagen fuhren, und ein vorderes, durch das die Arbeiter ein und aus gingen. Dort stand auch das Wächterhäuschen des Türhüters Abu Fâdil, der nach Arbeitsschluss das Tor verschloss.

      An jenem Morgen zeigten die amerikanischen Aufklärungsbilder natürlich nicht das Schreien im zweiten Stock. Es war gedämpft und verzweifelt und kam vom Ende einer Welt in Todesangst. Es erreichte den leeren Nähsaal, der so trist wirkte wie eine Geisterstadt bei Sonnenuntergang. Fâtin schrie und weinte die ganze Nacht wie ein Tier auf der Schlachtbank. Sie weinte und greinte und entfachte mit ihrem Geschrei das Feuer in der Kammer für Nähutensilien, während Hamîd in einer Ecke hockte und versuchte, seine Hände unter Kontrolle zu bekommen, die zitterten wie ein Ast im Sturm. Auch meine Tante Sainab weinte bitterlich, jedes Mal, wenn sie die Ereignisse jenes Tages wiedererzählte. Sie beschuldigte alle, dann bat sie Gott um Verzeihung für ihren Argwohn. »Wir hatten unsere Arbeit abgeschlossen«, erzählte sie. »Die Mädchen waren im Umkleideraum. Einige zogen sich rasch um und verschwanden. Ich hatte während der letzten Arbeitsstunde Fâtin einen Brief von Hamîd gebracht, in dem er sie zu einem Gespräch im zweiten Stock bat, während sich die anderen umzogen. Fâtin war, mit der Entschuldigung, sie leide an Durchfall, aufs Klo gegangen. Ich hatte angenommen, Hamîd wollte sich mit ihr nur ein paar Minuten lang unterhalten. Fâtin musste einen der Busse erreichen, die uns in die Stadt brachten. Natürlich ging es an jenem Tag in den Bussen besonders laut, lustig und lachend zu. Schließlich hatte es überraschend Ferien gegeben. Warum Fâtins Kolleginnen nicht merkten, dass sie nicht da war? Gott allein weiß es. Ich habe dir gesagt, dass ich einen anderen Bus genommen habe. Glaubst du etwa, Rachmân hätte dieses Verbrechen begangen? Nein, nein und nochmals nein, nicht Rachmân. Er war zu feige. Aber was, wenn der Oberst selbst sich an den beiden rächen wollte? Abu Fâdil behauptete, er habe wegen der Ferien die Türen im Oberstock nicht geschlossen, und Sabrîja bestätigte das. Die Türen zu den Räumen mit den Nähutensilien blieben im Allgemeinen offen. Außerdem dauerten die Ferien nur zwei Wochen. Warum, mein Gott nochmal, sind die Inspektoren nicht schon am zweiten oder dritten Tag gekommen? Was für ein finsteres Schicksal die geliebte Fâtin getroffen hat. Die Inspektoren kamen erst zwei Wochen nach Beginn der Ferien in die Fabrik. So ist die Welt. Begreif’s, wer’s begreift! Die Leute haben Angst.«

      »Warum hast du ihnen nicht die Wahrheit gesagt?«

      »Welche Wahrheit?«

      »Von dem Brief. Vielleicht hätte dann jemand vermutet, Fâtin und Hamîd wären noch in der Fabrik.«

      »Als Fâtins drei Brüder zu uns kamen und mit meinem Mann sprachen, habe ich ihnen die ganze Geschichte zwischen den beiden erzählt. Und da glaubten alle, sie wären in eine andere Stadt geflohen. Es gab sogar das Gerücht, sie hätten das Land verlassen.«

      Hamîd nahm Fâtin, die an der Wand lehnte, bei der Hand. Er versuchte, sie zu einem Rendezvous während der Ferien zu überreden. Aus dem Umkleideraum waren die Stimmen der Mädchen zu hören. Hamîd öffnete die Tür zur dritten Kammer mit Nähutensilien, zog Fâtin hinein und schloss leise die Tür. Mitten im Raum lag ein großer Haufen Uniformen, die wegen irgendwelcher Schnittfehler nicht zu gebrauchen waren. Sonst gab es nur noch ein paar Schachteln mit Nähutensilien: Fäden, große Stoffscheren und verschiedene Kleinigkeiten. Fâtin ließ sich auf die Uniformen fallen und Hamîd bedeckte ihr Gesicht mit leidenschaftlichen Küssen, deren Genuss Fâtin sich hingab, immer darauf bedacht, ihre Seufzer zu unterdrücken. Plötzlich hörte sie Schritte, die sich auf dem Gang näherten.

      Auch er habe die Schritte gehört, erzählte Soldat Hamîd al-Sajjid dem Militärgericht, und sich gemeinsam mit Fâtin unter dem Uniformenhaufen versteckt. Dann hätten die Schritte innegehalten, die Tür habe sich ein wenig geöffnet, eine Hand habe sich hereingeschoben, ohne dass jemand hereingekommen sei. Sie habe das Licht im finsteren Zimmer angemacht und danach gleich wieder gelöscht.

      »Haben Sie die Hand gesehen? War es die Hand eines Mannes?«

      »Das weiß ich nicht, ich habe die Hand nicht gesehen.«

      »Woher wissen Sie dann, dass niemand ins Zimmer kam?«

      »Ich habe das angenommen wegen dem Licht, das vom Flur hereinkam.«

      »Und was geschah dann?«

      »Jemand drehte den Schlüssel im Schloss und ging.«

      »Und nun sagen Sie mir in Gottes Namen, wenn Sie denn einen Gott haben, haben Sie sie vergewaltigt?«

      »Ich schwöre bei Gott, meinem allmächtigen Herrn, dass ich sie nicht vergewaltigt habe. Am dritten Tag waren wir am Verdursten. Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, die Tür aufzubrechen. Und sie sagte, den Raum zu verlassen würde für uns ebenso den Tod bedeuten, wie darin zu bleiben. Wir müssten so oder so sterben. Dann bat sie mich, mit ihr zu schlafen.«

      »Wussten Sie, dass sie noch Jungfrau war?«

      »Ja,

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