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nicht schlafen. Zwischendurch habe ich dann geträumt, dass ich vor dem Krankenhaus stand und würfeln musste, mit einem Riesenwürfel. Ich habe eine Drei gewürfelt. In der Schule früher war ich auch eine ›Dreierschülerin‹.« Im klinischen Alltag werden derartige – häufige – Narrative und innere Bilder meist als Small Talk ignoriert. Das vorliegende Buch sensibilisiert dafür, sie auch in der nicht psychotherapeutischen Begegnung diagnostisch und therapeutisch zu nutzen und durch Aufmerksamkeitslenkung oder Teilearbeit zu verändern.

      Selbst ein todkranker Patient ist nie nur krank. Er hat auch gesunde Anteile, und seien es »nur« Erinnerungsbilder. Derartige Ressourcen werden von Ärzten und anderen professionellen Helfern oft gar nicht wahrgenommen. Dabei können sie von ihnen viel lernen und sie therapeutisch nutzen.

      Das Buch thematisiert Werte- und Bedürfnisperspektiven im therapeutischen Prozess sowie Elemente der Salutogenese, beispielsweise Sinn als Orientierungshilfe. Diese Elemente überschneiden sich mit dem Konzept von Achtsamkeit im Verständnis von rezeptiver Aufmerksamkeit und nicht wertender Bewusstheit von momentanen Vorgängen und Erfahrungen. Die beiden Autoren beschreiben Hypnose und Achtsamkeit als Tandem. Dabei beziehen sie sich nicht nur auf die therapeutische Anleitung von Patienten zur Achtsamkeit, sondern auch auf die Achtsamkeit der Therapeuten in der hypnosystemischen Therapie.

      Das Buch brilliert mit seiner klaren Didaktik, die den komplexen Inhalt sehr gut vermittelt und ein empathisches Interesse an und in der therapeutischen Begegnung weckt. Auch bei den Ausführungen zur Achtsamkeitsphilosophie des Buddhismus vermeidet es jegliches Missionieren, und bei der hilfreichen Übersicht über psychoonkologische Konzepte verzichten die Autoren auf ideologische Wertungen. Sie betrachten Therapie und jede hilfreiche therapeutische Beziehung, ob in der Chirurgie, der Strahlenmedizin, der invasiven Schmerztherapie oder der Allgemeinarztpraxis, als resonante, symmetrische Beziehung, in der Erstarrtes wieder lebendig schwingen und Sinnhaftigkeit schaffen kann.

      Ich kann dem Buch nur möglichst breite Resonanz in der Medizin, nicht nur bei psychoonkologischen Experten wünschen. Für Letztere sollte es Basislektüre sein.

       Herbert Kappauf Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

       Geleitwort aus hypnotherapeutischer Perspektive

      Michael E. Harrer und Hansjörg Ebell lösen sich in ihrer Darstellung weitgehend von einer Orientierung an Methoden – und seien es Hypnose und Achtsamkeit. Sie legen vielmehr Wert auf die Vermittlung der wesentlichen Elemente hypnotherapeutischer Kommunikation und beschreiben für die psychoonkologische Praxis eine Vielzahl von kreativen, prozessinduzierenden und -steuernden verbalen und nonverbalen Interaktionsformen. Diese Elemente sind lösungs- und heilungsorientiert und in einem hypnosystemischen Gesamtverständnis verortet, das darauf vertraut, dem Patienten innewohnende Ressourcen verwenden zu können. Auch aus Sicht der aktuellen Therapieforschung sind »therapeutisch wirksame Kommunikation« und eine gute, vertrauensvolle therapeutische Beziehung die wesentlichen Wirkfaktoren – und keineswegs irgendwelche »wirkmächtigen Techniken oder Methoden«.

      Als erfahrene Hypnotherapeuten lieben beide Autoren die Arbeit mit Metaphern. Ihr Buch beeindruckt durch die gekonnte Umsetzung der Metapher des Teppichwebens. Auch die Fallgeschichten verdeutlichen diese handwerkliche Kunst und lassen sie lebendig werden. Mittels theoretischer und praktischer Querverbindungen und Verknüpfungen verweben die Autoren unterschiedliche Auffassungen von Krankheit und Heilung sowie von therapeutischen Ansätzen zu einem aktuellen, ganzheitlichen und »multimodalen« Behandlungskonzept für die Psychoonkologie. Zentral ist ihr Modell einer Pyramide therapeutisch wirksamer Kommunikation, deren Spitze das oberste Ziel der beiden Autoren bildet: die selbsthypnotischen Fähigkeiten und die Autonomie der Patienten zu fördern.

      Die in diesem Buch verwendete Resonanzmetapher lädt zu einem Ausflug in die Welt der Physik und der Musik ein. Das menschliche Bedürfnis nach Wohlbefinden und Harmonie weist eher in Richtung Musik. Teppichweben und Musikhören sprechen wesentliche Sinneskanäle an und haben in mir die Idee induziert, mein Geleitwort ab hier hypnotherapeutisch als Symphonie zu konzipieren und zum Klingen zu bringen.

      Der Begriff Symphonie bezeichnet Instrumentalwerke mit einer über die Jahrhunderte wechselnden Form und Besetzung. In diesem Fall wurde eine Symphonie für zwei Soloinstrumente – Hypnose und Achtsamkeit – komponiert. Ihr Hauptthema einer »resonanzbasierten und patientenzentrierten Psychoonkologie« klingt in unterschiedlichsten Variationen und Beispielen an. Auch wenn sich beide Instrumente zu ähneln scheinen, unterscheiden sie sich doch in ihrem Klangcharakter. Der im gekonnten Zusammenspiel entstehende zauberhafte Klang und die universelle Resonanz kann Wunder wirken.

      Doch worauf gründet sich die dominierende Rolle dieser beiden herausragenden Soloinstrumente? Milton Erickson und Buddha repräsentieren im vorliegenden Buch die lange Geschichte der beiden Instrumente. Im Orchester zeitgenössischer tiefenpsychologischer, verhaltenstherapeutischer und systemischer Behandlungskonzepte spielen sie als tragendes Grundthema Melodien von den grundlegenden Haltungen zum Leben und Menschsein. Die Symphonie ist einer Patient-Behandler-Beziehung gewidmet, die mittels therapeutisch wirksamer Kommunikation gelingt.

      Seit über 40 Jahren fasziniert mich das Phänomen Hypnose und speziell der hypnotisch veränderte Bewusstseinszustand in der psychotherapeutischen Begegnung. Beim Lesen des Buches tauchen in meiner Erinnerung viele in diesen Jahrzehnten mit Hansjörg Ebell gemeinsam erlebte Situationen auf: angeregte Gespräche und kollegiale Diskussionen auf Hypnosetagungen und internationalen Kongressen, in denen wir mit vielen geschätzten Kollegen und Kolleginnen engagiert um das Verständnis von Hypnose und ihrer therapeutischen Anwendung im Bereich von Psychotherapie und Medizin gerungen haben. Das vorliegende Buch ist eine gelungene Integration von Hypnose und Achtsamkeit – sowohl in der Theorie als auch in der Praxis – für den psychoonkologischen Bereich und bietet einen Kanon der wertschätzenden und hilfreichen Kommunikation für Patient und Behandler an.

      Im wissenschaftlichen Bereich konnte man sich in den letzten Jahren mehr oder weniger auf die Definition von Elkins et al. (2015) einigen: »Hypnose ist ein veränderter Bewusstseinszustand mit einer fokussierten Aufmerksamkeit, reduziertem peripheren Gewahrsein und erhöhter Fähigkeit, auf Suggestionen zu reagieren.« Gut eingebettet in einen medizinisch-onkologischen Behandlungskontext reicht das differenzierte und gleichzeitig pragmatische Verständnis der Autoren für Hypnose von einem »zeitgenössischen Etikett für ein archaisches Heilungsritual« bis hin zu einem »heilungsfördernden (sozio)psychophysiologischen Zustand«.

      Beim Lesen dieses Buches fand ich mich immer wieder in kreativen Trancezuständen wieder, wohl induziert durch die Fülle und Komplexität der hypnotherapeutischen Themen in ihrer Kombination mit psychoonkologischen Inhalten und der Fundierung der Achtsamkeit in der buddhistischen Psychologie. So möchte ich für dessen Lektüre jedem Leser gerne ein Wort von Milton Erickson mitgeben: »Enlightenment is always preceded by confusion« (Der Erleuchtung geht immer Verwirrung voraus).

       Norbert Loth Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie e. V. (DGH)

       1Worum es geht – eine Einführung

      Ich (Michael E. Harrer, MEH) erinnere mich noch gut an den ersten Patienten, zu dem ich als frischgebackener psychoonkologischer Liaisonpsychiater »notfallmäßig« gerufen wurde. Vor ihm stand ein Tablett voller Infusionsflaschen unterschiedlicher Größe mit roten und klaren Flüssigkeiten, deren Verabreichung er verweigerte. Nachdem ich seine Bedenken verstanden hatte, konnte ich ihn dabei unterstützen, mit seinem Arzt einen neuen, für ihn passenden Behandlungsplan auszuhandeln. Aus einem späteren Gespräch ist mir ein Satz von ihm in Erinnerung geblieben: »Seit ich krank bin, höre ich wieder das Singen der Vögel.«

      Inzwischen sind Jahrzehnte vergangen. Als mich Hansjörg Ebell fragte, ob wir gemeinsam ein Buch schreiben, in dem wir versuchen, unsere Erfahrungen in der Begleitung krebskranker Menschen weiterzugeben, war ich begeistert. Es ist recht umfangreich geworden, da wir uns die Aufgabe

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