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BGB-Schuldrecht Besonderer Teil. Volker Emmerich
Читать онлайн.Название BGB-Schuldrecht Besonderer Teil
Год выпуска 0
isbn 9783811495555
Автор произведения Volker Emmerich
Жанр Языкознание
Серия Schwerpunkte Pflichtfach
Издательство Bookwire
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Anders wird die Rechtslage dagegen überwiegend hinsichtlich der Anfechtung des Käufers (zum Verkäufer s. u. Rn 52) wegen eines Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften der Kaufsache aufgrund des § 119 Abs. 2 beurteilt, indem den §§ 434 ff jedenfalls für die Zeit nach Gefahrübergang (s. § 434 Abs. 1 S. 1; s. o. Rn 3) meistens der Vorrang vor anderen Rechtsbehelfen des Käufers zugebilligt wird, letztlich, um eine „Aushöhlung“ dieser auf einen „gerechten Interessenausgleich“ zwischen den Kaufvertragsparteien angelegten Regelung auf dem Umweg über andere Rechtsbehelfe des Käufers zu verhindern[133]. Es geht dabei vor allem um die Anforderungen an eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1, um die Verjährungsfristen des § 438, um das regelmäßige Erfordernis einer Fristsetzung vor dem Übergang zu den Totalrechten aufgrund des § 437 Nrn 2 und 3 in Verbindung mit den §§ 323 Abs. 1 und 281 Abs. 1 sowie um den Ausschlusstatbestand des § 442. In der Zeit vor Gefahrübergang (in der die §§ 434 ff noch gar nicht anwendbar sind) lässt die Rechtsprechung dagegen – unter Widerspruch eines Teils des Schrifttums – die Anfechtung nach § 119 Abs. 2 zu[134]. Entsprechendes soll sogar für das Verhältnis der §§ 437 ff zu dem Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313) gelten.[135]
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Tatsächlich gibt es indessen weder in der Zeit vor Gefahrübergang noch danach eine „Sperrwirkung“ der §§ 434 ff gegenüber anderen Käuferrechten. Durch diese grundlose Annahme werden vielmehr nur ohne Not die Käuferrechte verkürzt. Eine „Umgehung“ der §§ 434 ff ist von der Zulassung der Anfechtung (entgegen der h.M.) schon deshalb nicht zu befürchten, weil den Käufer im Falle der Anfechtung nach § 122 eine Schadensersatzpflicht trifft. Im Interesse eines umfassenden Käuferschutzes sollte daher die Anfechtung nach § 119 Abs. 2 gleichfalls neben den §§ 434 ff zugelassen werden[136].
b) Anfechtung des Verkäufers
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Wenn die Kaufsache entgegen den Vorstellungen des Verkäufers mangelhaft ist, könnte dieser ebenfalls auf die Idee kommen, den Kaufvertrag nach § 119 Abs. 2 anzufechten, um sich so seiner Haftung aufgrund der §§ 434 ff zu entziehen. Eine Anfechtung mit solchem Zweck wäre indessen rechtsmissbräuchlich (§ 242). Der Verkäufer kann nur dann anfechten, wenn er sich über wertbildende Faktoren der Kaufsache geirrt und diese deshalb als weniger wertvoll angesehen hatte, als sie tatsächlich ist, wenn er z. B. ein wertvolles Original als billige Kopie verkauft hat[137].
2. Culpa in contrahendo
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Nach überwiegender Meinung erstreckt sich die behauptete „Sperrwirkung“ der §§ 434 ff gegenüber anderen Rechtsbehelfen des Käufers (s. o. Rn 51) auch auf die Haftung des Verkäufers aus cic wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten über die Beschaffenheit der Kaufsache (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2)[138]. Der gesetzlichen Regelung ist indessen nirgends ein Hinweis darauf zu entnehmen, dass den §§ 434 ff der Vorrang vor den §§ 241 Abs. 2 und 311 Abs. 2 zukommen soll. Wie jeder andere Schuldner auch haftet deshalb der Verkäufer im Rahmen der genannten Vorschriften für ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen, und zwar selbst dann, wenn sein Verschulden in der Verletzung von Aufklärungspflichten hinsichtlich der Beschaffenheit der Kaufsache besteht[139].
3. Deliktsrecht
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Das Deliktsrecht steht grundsätzlich selbstständig neben der vertraglichen Haftung des Verkäufers für Mängel aufgrund der §§ 434 ff. Erfüllt das Verhalten des Verkäufers zugleich einen Deliktstatbestand, so hat der Käufer daher die Wahl, ob er gegen den Verkäufer nach Kaufrecht oder nach Deliktsrecht vorgehen will, sodass der Käufer z. B. im Falle arglistiger Täuschung zwischen den Rechten aus cic, aus den §§ 434 ff, aus § 123 und aus Deliktsrecht (§§ 823 Abs. 2, 826) wählen kann (o. Rn 35, 50, 53)[140]. Ebenso ist die Rechtslage, wenn der Verkäufer zugleich Hersteller ist. Die dann gegebenenfalls eingreifende Produzentenhaftung aufgrund des § 823 oder des ProdHaftG ist gleichfalls unabhängig von der Verkäuferhaftung aufgrund der §§ 437 ff (s. u. § 23 Rn 13 ff).
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Ein besonderes Problem bilden im vorliegenden Zusammenhang die Schäden, die an der Kaufsache selbst entstehen. Hier ist davon auszugehen, dass die bloße Lieferung einer mangelhaften Sache noch keine Eigentumsverletzung darstellt (§ 823 Abs. 1). Dasselbe gilt im Regelfall, wenn die mangelhafte Kaufsache in eine umfassendere Gesamtsache eingefügt wird und dort lediglich eine Funktionsstörung, jedoch keine Beschädigung der Gesamtsache hervorruft[141]. Anders verhält es sich erst in den Fällen der Substanzverletzung. Zu denken ist hier vor allem an Fälle, in denen eine im Übrigen einwandfreie (Gesamt-)Sache nach ihrer Lieferung infolge der Mängel eines untergeordneten Einzelteils zerstört wird (sog. „Weiterfressen“ des Schadens). In derartigen Fällen tendiert die Rechtsprechung heute zum Rückgriff auf das Deliktsrecht neben den Gewährleistungsregeln, sofern der Schaden nicht mit dem bloßen, nach § 441 zu ermittelnden Minderwert der Sache infolge des Mangels stoffgleich ist, sondern darüber hinausgeht[142]. Ein Beispiel ist die Beschädigung eines Kraftfahrzeugs bei einem Unfall, der auf mangelhaften Reifen oder auf einem schadhaften Gaszug beruht[143]. Ebenso ist es zu beurteilen, wenn eine komplizierte Maschine infolge des Ausfalls eines einzelnen Schalters explodiert[144], sowie überhaupt, wenn mit bisher einwandfreien Einzelteilen mangelhafte Teile verbunden werden, sofern infolgedessen die einwandfreien Teile in ihrer Funktionsfähigkeit oder in ihrem Wert beeinträchtigt werden[145].
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Die geschilderte Rechtsprechung (Rn 55) ist vor allem wegen der mit der Unschärfe der verwandten Kriterien notwendigerweise verbundenen Rechtsunsicherheit in ihrer Berechtigung umstritten. Im Schrifttum wird deshalb zT ebenso wie bei der Anfechtung und bei der cic ein Vorrang der kaufvertraglichen Regelung der Sachmängelhaftung vor dem Deliktsrecht befürwortet, um sonst unvermeidliche Wertungswidersprüche zu vermeiden.[146] Tatsächlich fehlt indessen auch hier jeder Hinweis im Gesetz auf einen derartigen Vorrang des Kaufrechts vor dem Deliktsrecht. Es besteht vielmehr ebenso wie sonst Anspruchskonkurrenz. Für den Käufer hat dies den Vorteil, auch in den kritischen Fällen nach Deliktsrecht, und zwar in den Verjährungsfristen der §§ 195 und 199, sofort Schadensersatz verlangen zu können (§§ 823, 271).
Teil I Veräußerungsverträge › § 5 Rechte des Käufers › XI. Anhang: Haftungsschema beim Kauf
XI. Anhang: Haftungsschema beim Kauf
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Hauptleistungspflichten des § 433 Abs. 1 S. 1, d. h. Übergabe und Eigentumsverschaffung:
Die Rechtsfolgen richten sich bei Leistungsstörungen nach den allgemeinen Vorschriften, sodass es darauf ankommt,
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