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betreiben dürften, wäre jedenfalls dem Schutz individueller Verfassungsrechte ausreichend Genüge getan. Dass das Verfassungsbeschwerdeverfahren als solches nicht verfassungsänderungsfest ist, ergibt sich schon daraus, dass es erst nachträglich (1968) im Grundgesetz verankert worden ist (Art. 93 Abs. 1 Nr 4a GG). Die dem Schutz objektiven Verfassungsrechts oder der Wahrung der Verbands- und Organkompetenzordnung dienenden Verfahrensarten dürften dagegen, auch wenn sie teilweise zum Traditionsbestand deutscher Staatsgerichtsbarkeit zählen, keinen Bestandsschutz genießen. Politisch durchsetzbar wäre die Abschaffung des BVerfG allerdings wohl kaum, nicht nur, aber auch, weil das BVerfG – in einem abstrakten Normenkontrollverfahren angerufen – die darauf zielende Verfassungsänderung selbst überprüfen könnte und müsste und dabei – ebenso unvermeidlich wie das Parlament bei der gesetzlichen Festlegung der Abgeordnetendiäten – zum iudex in causa sua würde. Kann man sich wirklich vorstellen, dass es seiner eigenen Entmachtung den letzten verfassungsgerichtlichen Segen gibt?

      § 1 Die Stellung des Bundesverfassungsgerichts im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland › VII. Die Autorität des Bundesverfassungsgerichts

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      Literatur:

      H.P. Aust/F. Meinel, Entscheidungsmöglichkeiten des BVerfG. Tenor, Systematik und Wirkungen. JuS 2014, 25–30 (Teil I); 113–117 (Teil II); P. Austermann, Die rechtlichen Grenzen des Bundesverfassungsgerichts im Verhältnis zum Gesetzgeber, DÖV 64 (2011), 267; W. Brohm, Die Funktion des BVerfG – Oligarchie in der Demokratie?, NJW 2001, 1; I. Ebsen, Das BVerfG als Element gesellschaftlicher Selbstregulierung, 1985; C. Hillgruber, Dispositives Verfassungsrecht, zwingendes Völkerrecht: Verkehrte juristische Welt?, in: JöR 54 (2006), 57; ders., Ohne rechtes Maß? Eine Kritik der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nach 60 Jahren, JZ 2011, 861; M. Jestaedt, Phänomen Bundesverfassungsgericht. Was das Gericht zu dem macht, was es ist, in: Jestaedt/Lepsius/Möllers/Schönberger, Das entgrenzte Gericht, 77; ders., Verfassungsgerichtspositivismus. Die Ohnmacht des Verfassungsgesetzgebers im verfassungsgerichtlichen Jurisdiktionsstaat, in: FS Isensee, 183; E. Klein, Verfahrensgestaltung durch Gesetz und Richterspruch: Das „Prozessrecht“ des Bundesverfassungsgerichts, in: Badura/Dreier (Hrsg.), FS 50 Jahre BVerfG I (2001), 507; S. Korioth, Bundesverfassungsgericht und Rechtsprechung („Fachgerichte“), ebd., 55; K. Lange, Rechtskraft, Bindungswirkung und Gesetzeskraft der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, JuS 1978, 1; O. Lepsius, Die maßstabsetzende Gewalt, in: Jestaedt/Lepsius/Möllers/Schönberger, Das entgrenzte Gericht, 159; J. Limbach, Das BVerfG als politischer Machtfaktor, Speyerer Vorträge H. 30 (1995), 13; dies., Integrationskraft des BVerfG (1999); C. Möllers, Legalität, Legitimität und Legitimation des Bundesverfassungsgerichts, in: Jestaedt/Lepsius/Möllers/Schönberger, Das entgrenzte Gericht, 281. F. Ossenbühl, Bundesverfassungsgericht und Gesetzgebung, ebd., 33; H. Sauer, Demokratische Legitimation zwischen Staatsorganisationsrecht und grundrechtlichem Teilhabeanspruch, in: Der Staat 58 (2019), 7; B. Schlink, Die Entthronung der Staatsrechtswissenschaft durch die Verfassungsgerichtsbarkeit, Der Staat 28 (1989), 161; C. Schönberger, Anmerkungen zu Karlsruhe, in: Jestaedt/Lepsius/Möllers/Schönberger, Das entgrenzte Gericht, 9; C. Starck, Das Bundesverfassungsgericht in der Verfassungsordnung und im politischen Prozeß, ebd., 1; R. Wahl, Der Vorrang der Verfassung, in: Der Staat 20 (1981), 485; H.A. Wolff, Der Vergleichsvorschlag des Bundesverfassungsgerichts in den Verfahren um das Brandenburgische Schulgesetz (LER) – Verfahrensfortbildung contra legem, EuGRZ 2003, 463; J. Ziekow, Die Bindungswirkung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Jura 1995, 522.

      Anmerkungen

       [1]

      Nur ausnahmsweise wird die Entscheidungszuständigkeit des BVerfG über den durch den Antrag bestimmten Streitgegenstand hinaus erstreckt; vgl §§ 78 S. 2, 82 Abs. 1 BVerfGG; zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 78 S. 2 BVerfGG im Verfassungsbeschwerdeverfahren vgl BVerfGE 18, 288, 300; 98, 365, 401. Zu den Voraussetzungen und Grenzen der Ausweitung des Prüfungsgegenstandes und der Erstreckung der Nichtigerklärung gemäß § 78 S. 2 BVerfGG vgl BVerfGE 91, 1, 39–42 – SV Graßhof.

       [2]

      Kritisch auch F. Schoch, in: FS 50 Jahre BVerfG I, 695, 719.

       [3]

      Zustimmend H. Lang, DÖV 1999, 624 ff; M. Cornils, NJW 1998, 3624 ff; mit Blick auf das Verfassungsbeschwerdeverfahren ablehnend V. Wagner, NJW 1998, 2638 ff.

       [4]

      S. dazu H.A. Wolff, EuGRZ 2003, 463; C. Hillgruber, JöR 54 (2006), 57 ff.

       [5]

      Richter sollten sich mit öffentlichen Äußerungen zu politischen (und damit in aller Regel zugleich verfassungsrechtlichen) Streitfragen, über die möglicherweise das BVerfG zu entscheiden haben wird, wieder stärker zurückhalten, als dies gegenwärtig der Fall ist. Auch wenn ihnen das freie Wort zu politischen Vorgängen nicht abgesprochen werden kann und bei Anlegung eines strengen Maßstabs (vgl dazu BVerfGE 73, 330, 335–337) noch keine Befangenheit in einem anhängigen Verfahren zu besorgen wäre, schickt sich für sie allein Schweigen: Ein Richter spricht nur durch die Entscheidungen, an denen er mitwirkt. Vgl dazu auch W.

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