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       4.4.2 ­Goethe, Schiller und Hölderlin

       4.5 Heine und ­Goethe

       5 Die Literatur der ­Goethezeit und die Gefahren der Moderne

       5.1 Moderne, Aufklärung und Gegenaufklärung

       5.2 Die Gefahren der Moderne

       5.3 Blicke in den Abgrund

       5.3.1 ­Goethes „Werther“

       5.3.2 Schillers „Räuber“

       5.3.3 Hölderlins „Hyperion“

       5.3.4 Jean Pauls „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab“

       5.3.5 Novalis’ „Die Lehrlinge zu Sais“ und „Die Christenheit oder Europa“

       5.3.6 Kleists Briefe aus Paris

       5.3.7 „Nachtwachen von Bonaventura“

       6 ­Goethes „Faust“

       6.1 Entstehung, Handlung und Aufbau des „Faust“

       6.2 „Faust“ als Spiegel der ­Goethezeit

       6.3 Mephisto und die Gefahren der Moderne

       6.4 Der Mensch in der Moderne

       Anhang

       Siglen

       Literaturhinweise

       Personenverzeichnis

       Rückumschlag

      Klassik, Romantik, ­Goethezeit

      Seitdem es in Deutschland ein Interesse an der Geschichte der deutschen Literatur gibt, ist die Zeit von 1770 bis 1830 meist als ein einziger, mehr oder weniger fest umrissener epochaler Zusammenhang gesehen worden, als eine Epoche überdies, die für die deutsche Kultur von besonderer Bedeutung wäre. Denn die Jahre, in denen ­Goethe und Schiller, Klopstock, Herder und Lenz, Novalis und Tieck, Hölderlin und Kleist, E. T. A. Hoffmann und Eichendorff schrieben, galten und gelten vielfach noch immer als die große Glanz- und Blütezeit der deutschen Literatur, als eine Periode, in der mehr Autoren von Rang hervorgetreten und mehr große Kunstwerke entstanden wären als in den Jahrhunderten zuvor und danach – mit einem Wort: sie galten als der klassische Höhepunkt ihrer Geschichte, und so hat man sich mit ihrer Literatur seit jeher besonders intensiv beschäftigt und alles dafür getan, um sie in Erinnerung zu halten.

      Die Jahreszahlen 1770 und 1830 sind also als Epochengrenzen bestens eingeführt, aber warum gerade diese beiden Daten? Nicht nur daß sie zu der Einteilung in Jahrhunderte quer liegen, derer sich die Geschichtsschreibung ansonsten so gerne bedient – sie stimmen auch mit keiner der Jahreszahlen überein, an denen in anderen Bereichen der Kultur die epochalen Einschnitte und Umbrüche der geschichtlich-gesellschaftlichen Entwicklung festgemacht werden, wie sie übrigens auch in der Geschichte anderer europäischer Literaturen keine Rolle spielen. Das letzte große politische Drama, der Siebenjährige Krieg (1756–1763), liegt 1770 bereits sieben Jahre zurück, und das ­nächste, die Französische Revolution (1788–1794), wird noch achtzehn Jahre auf sich warten lassen. Und das Jahr 1830 ist fast gleich weit von den epochemachenden Umbruchsphasen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, von der Zeit der sogenannten Befreiungskriege und des Wiener Kongresses (1813–1815) und von der Revolution von 1848 entfernt. Warum also gerade 1770 und 1830?

      [<< 7] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe

      Dafür scheint es nur einen einzigen Grund zu geben, einen Grund, der niemandem gefallen kann, der sich mit der Maxime „Männer machen Geschichte“ schwertut – und die moderne Geschichtsschreibung ist nicht müde geworden zu zeigen, wie problematisch sie sei – sie bezeichnen die Jahre, in denen ­Goethe als Autor aktiv war. Schon für die Zeitgenossen war ­Goethe die alles überragende Gestalt des literarischen Lebens, und erst recht für die Nachgeborenen. So hat man bereits in ­Goethes letzten Lebensjahren begonnen, von der Zeit seit seinem ersten Auftreten als der „­Goetheschen Kunstperiode“ zu sprechen, eine Formulierung, die sich bei keinem geringeren als Heinrich Heine findet, und in einer Arbeit, die als ein erster Versuch zu einer umfassenden Darstellung der Epoche gelten kann, in seiner „Romantischen Schule“ von 1836 (HS 5, 360). Das Konzept der „­Goethezeit“ lag also schon in den zwanziger, dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts in der Luft. Daß sich die Literaturgeschichtsschreibung bei ihren ersten Versuchen, die Konturen der Epoche herauszuarbeiten, weithin an den entsprechenden Kapiteln von ­Goethes Autobiographie „Dichtung und Wahrheit“ orientierte, tat ein übriges, um die Fokussierung auf ­­Goethe und die Eckdaten seines Schriftstellerlebens weiter zu befestigen.

      Es dauerte allerdings noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, bis zu Hermann August Korff und seiner fünfbändigen Epochenmonographie „Der Geist der ­Goethezeit“ (1929–1957), bis der Begriff der „­Goethezeit“ als Name für die Epoche in Gebrauch kam. Bis dahin hatte man sich vor allem an die Begriffe „Klassik“ und „Romantik“ gehalten. Verwirrenderweise hat man sich dieser sowohl bedient, um die gesamte Epoche zu benennen, als auch um vom Neben-, Gegen- und Nacheinander ihrer beiden wichtigsten literarischen Gruppierungen, der „Weimarer Klassik“ und der verschiedenen Zirkel von Romantikern zu handeln.

      Daß die Begriffe der „Klassik“ und „Romantik“ nicht nur gebraucht worden sind, um unterschiedliche Bestrebungen innerhalb der Groß­epoche kenntlich zu machen, sondern auch, um dieser als ganzer einen Namen zu geben, ist zunächst kaum zu verstehen. Auch wer sich mit der Literatur der ­Goethezeit nur wenig auskennt, wird im allgemeinen mitbekommen haben, daß sie in sehr unterschiedliche, ja geradezu diametral entgegengesetzte Richtungen weisen. „Klassik“ läßt an eine Kunst denken, die sich um klare, strenge Formen, um letzten Ernst und höchste Verbindlichkeit bemüht, „Romantik“

      [<< 8]

      hingegen an eine verspielte und verträumte, sich ganz der Phantasie überlassende Kunst; wie sollen sie sich da auf das gleiche Korpus von Texten anwenden lassen! Aber in Deutschland war und ist es durchaus üblich, von „Deutscher Klassik“ zu sprechen, wenn man nicht nur die „Weimarer Klassik“ – ­Goethe und seinen Kreis – sondern auch die „Klassiker der Romantik“ – Novalis, Tieck, Arnim, Brentano, ­Hoffmann, Eichendorff – meint. Und außerhalb Deutschlands, etwa in Frankreich und England, wird die gesamte Epoche bis

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