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bedeutet eigentlich „gerechte Ausbildung?“ Ich verstehe im überlieferten Sinn darunter die artgerechte Führung eines Hundes, der intensiv als Jagdhund eingesetzt wird. Ein guter Jagdhund ist einer, der gesund ernährt wird, einer, der „sportlich“ topfit ist, einer, der auch mal in einer Winternacht nicht vor dem Ofen liegt, einer, der seinem Instinkt folgen kann, einer, der einen ausgeprägten Beutetrieb und Finderwillen hat, und einer, der scharf und anhaltend stellt. Vieles bringt er bereits bei seiner Geburt mit, das muss ich nur aus ihm herauslocken und fördern. Für das Übrige, wie Gesundheit, Sport und Vertrauen zueinander, bin ich verantwortlich.

       Das erwartet Sie als Nachsuchenführer

      Wenn Wild von einem Jäger angeschossen wird, so ist dieser verpflichtet, eine Nachsuche zu veranlassen, d. h. das Wild im Idealfall mithilfe eines Hundeführers mit einem gut ausgebildeten Nachsuchenhund zu verfolgen, zu finden und zur Strecke zu bringen. Ziel ist es, das verletzte Wild vor langem Leiden zu bewahren und möglichst rasch zu erlösen. Es geht aber auch um die Bergung von bereits verendetem Wild. Jagdgesetze sind zwar Ländersache und variieren von Bundesland zu Bundesland (egal ob in Deutschland oder Österreich), die Verpflichtung (bzw. das Gebot) für den Jäger zur Nachsuche ist jedoch überall enthalten.

      In Deutschland gibt es den Begriff „anerkannter Nachsuchenführer“, in Österreich sind es die „Jagdgebrauchshundeführer“, die im Ehrenamt mit ihren ausgebildeten und vom jeweiligen Jagdhundeverband geprüften Hunden verletztes Wild suchen und tierschutzgerecht von seinem Leid erlösen. Und wie das so bei Ehrenämtern ist: Ohne Ihre absolute Begeisterung für die Sache brauchen Sie erst gar nicht mit dem Gedanken spielen, Nachsuchenführer zu werden.

      Nachsuche – dieses Wort ist ein recht allgemeiner Begriff, der jedoch verschiedenste Facetten haben kann. Die Nachsuchen, die ich durchführe und in diesem Buch beschreibe, sind meistens solche auf Wildschweine und auf Rotwild. Manche Nachsuchen sind einfach, und das verwundete Wild ist bald gefunden. Es gibt aber auch immer wieder erschwerte Nachsuchen, und zwar meist, wenn es um Sauen geht. Diese sind das einzige wirklich wehrhafte Wild in Europa, und zwar besonders dann, wenn sie verletzt sind! Das kann nicht nur für Ihren Hund gefährlich werden, sondern auch für Sie!

      Extrem lange dauernde Nachsuchen durch Dickicht und Dornengestrüpp können Sie als Nachsuchenführer schon mal an die Grenzen Ihrer physischen Leistungsfähigkeit bringen! Und vergessen Sie nicht, selbst nach solchen physischen Anstrengungen müssen Sie psychisch noch in der Lage sein, das leidende Tier zu erlösen bzw. im schlimmsten Fall mit einer annehmenden Sau zu kämpfen!

      Als Nachsuchenführer bzw. Jagdgebrauchshundeführer in einer Gebirgsregion werden Sie zwar nicht das Problem mit Sauen haben (zumindest nicht häufig), bei Ihnen können jedoch andere Umstände zu erschwerten Nachsuchen führen: Kilometerlange Märsche bergauf und bergab, steiles oder gar felsiges Gelände oder auch extreme Wetterverhältnisse wie meterhoher Schnee oder plötzlich einsetzender Nebel u. Ä. sind für Gebirgsjäger Herausforderungen, die eine Nachsuche enorm erschweren können.

      Wo Sie auch leben und jagen: Auf keinen Fall dürfen Sie sich diese zukünftige Aufgabe zu leicht vorstellen. Nachsuche bedeutet meistens nicht nur schnell 100 Meter im Wald für einen Freund ein angeschossenes Stück Wild zu suchen, um mehr oder weniger Bergehilfe zu leisten. Nachsuche kann auch oft totale Erschöpfung bedeuten. Kilometerlanges Durchschlagen in unwegsamem Gelände, durchgeschwitzte Klamotten, zerfetzte Jacken sind keine Seltenheit. Manchmal ist Ihr Gesicht wochenlang dornenzerkratzt, und Ihre Frau schämt sich, wenn sie mit Ihnen irgendwo hingehen will. Manchmal müssen Sie sogar mit Verletzungen oder Blutergüssen am ganzen Körper rechnen, weil Sie in steilem Gelände gestürzt sind oder ein Wildschwein Sie überrascht und durch die Büsche geworfen hat.

      Nachsuchenführer zu sein kann Streit und Ärger mit Ihrer Frau bedeuten, weil Sie nie sagen können, wann Sie wieder nach Hause kommen. Und bedenken Sie bitte: Ein guter Nachsuchenführer wird zu vielen Nachsuchen gerufen werden!

      Als guter Nachsuchenführer werden Sie dieser Sucht total verfallen, nach spätestens fünf erschwerten Nachsuchen werden Sie diesen Urinstinkt aufgesogen haben und sich danach sehnen, dass Ihr Handy klingelt und Sie zur Nachsuche gerufen werden.

      Keiner, mit dem Sie darüber sprechen, wird Sie verstehen, jeder wird sagen, dass es keinen Spaß machen kann, mit einer angeschossenen Wildsau irgendwo in einer Dickung zu raufen oder über Stock und Stein eine angeschossene Gämse zu verfolgen.

      Und ob das Spaß machen kann, wenn Sie es wollen! Nicht nur ein bisschen, nein, ein bisschen Nachsuchenführer zu sein, das gibt es nicht.

      Deshalb rate ich Ihnen eindringlich: Bevor Sie mit Ihrer Familie die Entscheidung treffen, sich einen Nachsuchenhund zuzulegen und Nachsuchenführer zu werden, müssen Sie bereit sein, das alles auf sich zu nehmen.

      Wenn nicht, holen Sie sich einen kleinen süßen Welpen, der einfach nur Ihr Jagdbegleiter wird. Daran ist nichts Negatives, nicht jeder Mensch kann und will das auf sich nehmen. Für ein angeschossenes Wildschwein in einer Dickung geht es um Leben und Tod. Es kostet schon Überwindung, auf allen Vieren in eine Brombeerhecke zu kriechen, in der Ihr Hund eine 60 Kilogramm schwere Sau stellt. Mut ist das sicher nicht, es ist das Wollen, es ist der uralte Trieb, Beute zu machen. Es geht um Gemeinsamkeit, es geht darum, Gefährten zu sein, miteinander zu jagen und miteinander Beute zu machen. Ihr Hund wird alles für Sie tun, wenn er weiß, dass Sie sein Gefährte sind.

      Worte zu lesen, die spannend geschrieben sind, ist einfach. Aber können Sie sich auch vorstellen, in diese Dickung hineinzukriechen? Ja? Na, dann kann es losgehen, werden Sie Nachsuchenführer!

       Welche Rasse?

      Grundsätzlich ist es völlig egal, welche Hunderasse Sie führen! Mit Ihrer Leidenschaft und Ihrem unbedingten Willen bringen Sie jeden Welpen dazu, nach einer langen Ausbildung eine erschwerte Nachsuche zu meistern.

      Ich schreibe bewusst nicht über den Schweißhund, sondern über Nachsuchenhunde, ich schreibe über Nachsuchenführer, nicht über Schweißhundeführer. Ganz bewusst stelle ich mich nicht hin und halte, wie Sie es so oft lesen oder hören, das Fähnlein der etablierten Schweißhundefraktion hoch, obwohl ich überzeugter Hannoverscher Schweißhundemann im Verein Hirschmann bin.

      Ob Sie einen Dackel oder einen Wachtelhund, einen Deutsch Drahthaar oder Retriever führen, ist völlig egal. Wichtig ist, er muss gültige Papiere haben!

      Ohne diese elementare Voraussetzung können Sie nie ein anerkannter Nachsuchenführer (bzw. Gebrauchshundeführer in Österreich, diese sind dann regionsweise sogenannten Bereichshundestationen zugeteilt) werden. Sie werden nie die Möglichkeit haben, Ihrem Hund die Anzahl an Suchen zu bieten, die er braucht, um firm zu werden und zu bleiben. In den meisten Bundesländern können Sie mit einer „Schwarzzucht“ nicht einmal die Brauchbarkeitsprüfung (Anlagenprüfung in Österreich) ablegen, geschweige denn eine Verbands-Schweißprüfung.

      Das ist leider so, in Deutschland braucht man unbedingt einen „Zettel“, auch wenn dieser an und für sich noch nichts über die zukünftige Qualität des Nachsuchenhundes aussagt. In Österreich ist es ähnlich, zwar können auch Hunde ohne Papiere zu hervorragenden Nachsuchenhunden ausgebildet werden, eine Gebrauchshunde-Prüfung oder gar die Zucht für den Verband, also damit man Papiere für die Welpen bekommt, ist allerdings auch nur „mit Zettel“ möglich.

      Ein gutes Beispiel sind die sogenannten „Heideterrier“, diese sind von keinem Jagdhundeverband anerkannt, sind aber gefragte Meute- und Stöberhunde bei Jägern, die viel auf Wildschweine jagen.

      Wie auch immer, manche Dinge darf man nicht hinterfragen, sie sind nicht änderbar, hier und jetzt zumindest nicht. Da das Jagdhundewesen bzw. der Einsatz von Jagdgebrauchshunden im jeweiligen Landesjagdgesetz festgelegt ist und es beinahe für jede Jagdhunderasse eigene Vereine gibt, die Prüfungs- und andere Bestimmungen für die jeweilige Rasse festlegen, informieren Sie sich am besten im jeweiligen Landesjagdverband über die zuständigen Stellen. Einen

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