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      In Fuchs (2003) von Margaret Wild und Ron Brooks finden wir collagierte Texte, die statt in der Vertikalen (wie normalerweise erwartet werden kann), in der Horizontalen stehen. Zwischen diese Textblöcke sind die Illustrationen der Figuren und des Settings gestellt. Aufgrund der Textanordnung ist die Betrachterin also gezwungen, auf manchen Doppelseiten das Buch um 90 Grad zu drehen. Sie gewinnt auf diese Weise eine neue Perspektive auf das Bild. Eine solche atypische Anordnung der Textinformation kann wiederum gedeutet werden als Grenze oder Barriere zwischen den drei Protagonisten, einem Fuchs, einer Elster und einem Hund, zwischen denen ein spannungsgeladenes Dreiecksverhältnis existiert (vgl. Kümmerling-Meibauer/Meibauer 2015).

      Wie diese Bilderbuchbeispiele zeigen, können auch Bilder markiert sein, indem sie gegen Normalerwartungen verstoßen.2 Sie laden daher zu besonderen Interpretationen ein. Dabei, so unsere Hypothese, könnten bildbezogene Versionen der Maxime der Art und Weise bzw. des M-Prinzips eine wichtige Rolle spielen, denn durch die Markiertheit der Bilder wird die Betrachterin darauf hingewiesen, dass diese offensichtlich ungewöhnliche, normalerweise nicht erwartbare Situationen, Settings und Konstellationen darstellen. Auch hier wird von der Betrachterin erwartet, dass sie ein Vorwissen über Standardsituationen und prototypische bildliche Darstellungen hat, um überhaupt in der Lage zu sein, die markierten Bilder zu erkennen und im Kontext der Narration zu deuten.

      3.3 Markiertheit in Text-Bild-Kombinationen

      Die Erforschung des Text-Bild-Verhältnisses steht im Zentrum der Bilderbuchtheorie (Kümmerling-Meibauer 2018). Normalerweise, so kann man annehmen, unterstützen und ergänzen sich Bilder und Texte in einem Bilderbuch gegenseitig. Man kann auch sagen, dass das Bild einen Kontext für den Text darstellt und der Text einen Kontext für das Bild. Die gelegentlich anzutreffende Meinung, dass bei Bilderbüchern die Bilder das „Entscheidende“ seien, ist unbegründet. Selbst bei textlosen Bilderbüchern muss es einen mentalen Text geben. Texte und Bilder können aber auch in einem konfliktären, markierten Verhältnis zueinander stehen. Die Betrachterin mag erkennen, dass beide nicht zueinander passen. Ihr Verhältnis zueinander ist folglich gestört.

      Ironie und Metapher im Bilderbuch sind einschlägige Fälle. Beide Redefiguren werden im Grice’schen System zwar als Ausbeutungen der Maxime der Qualität betrachtet (Grice 1989). Aber die Beobachtung, dass wir ein markiertes Text-Bild-Verhältnis haben, könnte ihren Ursprung in der Maxime der Art und Weise bzw. dem M-Prinzip haben. Dieser Kontrast würde dann zur Ableitung einer ironischen oder metaphorischen Interpretation führen.

      So beklagt sich ein auf der Bordsteinkante sitzender Junge in Ellen Raskins Nothing Ever Happens on My Block (1966) darüber, dass in seiner Nachbarschaft nichts passiert. Während er gelangweilt in Richtung des Betrachters schaut, passieren hinter seinem Rücken aufregende Dinge, wie ein Banküberfall, ein Hausbrand, ein Unfall, usw. Das Setting ist in Schwarzweiß gehalten, aber die neuen Ereignisse sind farblich markiert (Rot, Blau, Grün und Gelb). Der Junge geht in seinem Lamento überhaupt nicht auf die Veränderungen in seiner Umgebung ein, selbst als diese sich nicht nur hinter seinem Rücken, sondern sogar vor seinen Augen abspielen. Dieser Gegensatz könnte nun einer ironischen Interpretation Auftrieb geben, wie Kümmerling-Meibauer (1999) argumentiert hat. Vor lauter empfundener Langeweile und Selbstbedauern hat der Junge verlernt, seine Umgebung genau zu beobachten.

      Noch komplizierter ist das Text-Bild-Verhältnis in Karoline Kehrs Schwi-schwa-Schweinehund. Der Schweinehund ist offenbar ein Charakter, der eine schädliche Neigung verkörpert. Als Hintergrundwissen sollte man den Phraseologismus den inneren Schweinehund überwinden heranziehen. Der Witz dieses Bilderbuchs besteht nun darin, den Schweinehund als eine Mischung aus Hund und Schwein zu visualisieren. Er hat auch eine eigene Stimme (er spricht in der 1. Person), er kann sein Verhältnis zu dem Mädchen artikulieren, dessen schlechtes Benehmen er beeinflusst. Als das Mädchen sich gegen den Schweinehund zu wehren beginnt, ist dieser beleidigt und sinnt auf Rache. Zum Schluss des Buches hat sich die Protagonistin wieder mit dem Schweinehund versöhnt. Die antiautoritäre, liberale Botschaft ist, dass die allzu strenge Bekämpfung des Schweinehunds nicht weiterhilft. Aber ist der Schweinehund in der Welt der Geschichte eine reale Figur? Oder ist er eine bloße Projektion, eine visuelle Metapher der kindlichen Gefühlswelt? Dies bleibt letzten Endes offen.

      Ähnlich komplex stellt sich das Text-Bild-Verhältnis in Stian Holes Annas Himmel dar. Anna und ihr Vater sind in Trauer und müssen eigentlich zur Beerdigung von Annas Mutter. Anna hängt kopfüber an einer Schaukel im Garten und denkt über den Tod nach, ob Gott eine Bibliothek hat, ob sich ihre Mutter im Himmel um den Garten kümmert, ob es hinter dem Spiegel eine andere Seite gibt, usw. Auf ihre Fragen und Ideen antwortet ihr Vater zunächst eher verhalten, aber im Verlauf des Gesprächs öffnet er sich für die phantasievollen Vorstellungen Annas. Die begleitenden Bilder greifen die Motive ihrer Unterhaltung auf, allerdings in einer eher freien Weise. Wenn Anna z. B. fragt, ob Gott alles, was auf der Erde geschieht, im Auge behalten kann, zeigt die Doppelseite einen Pfau, auf dessen Rad hunderte von Augen (von Menschen und von Tieren) zu sehen sind. Die collagierten Bilder evozieren eine Traum- und Phantasiewelt, die gleichsam als Metapher für die im Text angesprochenen offenen Fragen zu deuten sind. Hier haben wir den Fall, dass ein Bilderbuch auf der Textebene und auf der Bildebene markiert ist und dass sich erst durch das Zusammenspiel von Text und Bild die komplexe Bedeutung der Narration enthüllt. Die vielfachen Markierungen tragen dazu bei, den Lese- und Betrachtungsprozess zu verlangsamen.

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