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schon die Nächsten ungeduldig warten würden. Was Josef, da man nun schon für zwei gezahlt hatte und da sich die Alte weigerte, den einen Pfennig wieder rauszurücken, mit einem Achselzucken kommentierte und sich noch einmal auf die welke Baba legte. Mit der alten Baba zog Josef seitdem Hans bei jeder Gelegenheit auf. Hans hatte eine Zeitlang versucht, Josef klarzumachen, dass er ihm noch einen Pfennig schulde, doch Josef ließ das nicht gelten, denn zweimal sei mit der alten Baba ausgemacht gewesen und Punkt.

      Während sie hinter dem Felsen die Frauen beobachteten, hielt sich Josef nicht zurück, selbst für sein Vergnügen zu sorgen. Hans, eher in Sorge, dass sie entdeckt würden, wusste aus der Erfahrung mit der alten Baba, dass es nicht lange dauern würde. Ein Rascheln schreckte ihn auf. Er drehte sich in der Hocke um. Nur wenige Schritte neben ihnen tauchte eine junge Frau aus dem Gebüsch auf und richtete sich die Röcke. Sie war besser gekleidet als die meisten Wäscherinnen. Hans starrte sie an, sie starrte Hans an. Sie zog die Augenbrauen kraus, ihr Blick verfinsterte sich, Ekel umspielte ihren Mund, und ihre Wangen färbten sich puterrot. Trotzdem war sie das schönste Mädchen, das Hans jemals gesehen hatte. Er schüttelte leicht den Kopf und sah sie flehend an. Bitte, schrei nicht! Sie wischte sich die Hände am Rock und drehte sich zu Seite. Mit schnellen Schritten verschwand sie wieder hinter den Büschen.

      »Puh«, signalisierte Josef, dass er fertig war.

      »Hast du das Mädchen gesehen?«, flüsterte Hans aufgeregt.

      »Ein Mädchen?«, gluckste Josef. »Mach die Augen auf, da sind eine Menge.«

      »Nein, die hier war. Die eben hier im Busch neben uns gebieselt hat.« Er spähte über den Felsen. Das Mädchen schlenderte eben zu den Frauen am Fluss. Sie setzte sich auf einen Felsen und machte keine Anstalten, sich mit der Wäsche zu befassen. Sie drehte den Kopf und sah herauf, lachte kurz, dachte aber offensichtlich nicht daran, die Burschen zu verpfeifen. »Die da, meine ich.«

      »Die?« Josef schnalzte mit der Zunge. »Alle Achtung. Die hast du dir ausgesucht. Du stellst sie dir also beim Bieseln vor, soso. Hans, du bist doch ein ganz Versauter.«

      »Und du bist ein blöder Idiot«, brummte Hans und machte sich auf den Rückweg.

      Als Hans und Josef ins Lager zurückkamen, war plötzlich alles anders. Zwei Wochen Belagerung bedeutete für die Kreuzritter zwei Wochen exzessiven Plünderns des Umlands – irgendwie musste man sich ja verpflegen und auch bei Laune halten. Manch stolzer Ritter versank tagelang in einem Rausch aus Alkohol und Sex. Nur Sigismund, der feige Ungar, verdarb regelmäßig die gute Laune, denn seine Späher hatten schon vor Tagen ein gewaltiges türkisches Heer ausgemacht. Tatsächlich zog Bayezid I., nicht umsonst mit dem Beinamen ›der Blitz‹ gesegnet, mit einer riesigen Armee in einem Gewaltmarsch von Adrianopel über den Schipkapass gen Nikopolis. Serbische Ritter unter Bayezids Verbündetem Stefan Lazarewitsch hatten sich angeschlossen. Auch die Bewohner von Nikopolis hatten die für sie gute Nachricht erhalten und feierten mit lauter Musik. Marschall Boucicaut hingegen hatte langsam die Faxen dicke von der Schwarzmalerei der Ungarn. Die Musik in der Stadt, ließ er verkünden, sei eindeutig ein Zeichen für die baldige Kapitulation. Und überhaupt würde er sofort jedem die Ohren abschneiden lassen, der mit den unhaltbaren Gerüchten von nahenden Türken die Moral der Kreuzfahrer zu untergraben wage.

      Die Moral zu untergraben hatte Enguerrand de Coucy zwar nicht im Sinn, er dachte sich aber, dass die Späher des Ungarnkönigs vielleicht doch nicht völlig unnütze Lügenbolde waren, und nahm einige Hundert Ritter sowie Bogenschützen mit sich auf eine Erkundungstour. Sie mussten nicht weit reiten, da stießen sie auf eine Vorhut der großen Armee. In mehreren Scharmützeln töteten Coucys Leute so viele Feinde wie möglich und zogen sich schnell nach Nikopolis zurück. Marschall Boucicaut sah ein, dass Ohrenabschneiden nun nicht mehr weiterhelfen würde. Das ganze Lager war in hellsten Aufruhr versetzt.

      Die Knappen beschlossen, ein wenig für den Ernstfall zu trainieren. Ausgerüstet mit Schild, Eisenhut, Kurzschwert und Streitkolben stellten sie sich einander. Hans hielt sich gut gegen Josef, der nie taktisch überlegt vorging. Sie markierten ihre Schläge zwar nur, doch Verletzungen passierten häufig. Hans hatte den Sieg so gut wie sicher, da wurde er etwas unachtsam, und Josef stellte ihm ein Bein. Hans landete mit dem Gesicht voran im Matsch. Josef vollführte einen Siegestanz, und Hans erntete das spöttische Gelächter der Umstehenden.

      »Du kämpfst gut«, sagte jemand zu Hans, als der sich den Weg durch die Zuschauer bahnte, um seine Waffen irgendwo abzulegen und sich zu säubern.

      »Danke. Hat nur nichts gebracht.« Hans drehte sich um. Vor ihm stand der sehr blonde Franzose, der ihm beim Baden zugenickt hatte. »Oh, du? Du sprichst meine Sprache?«

      »Ja, ein wenig.« Der Blonde hatte unglaublich blaue Augen und einen harten Akzent, der nach allem möglichen, aber nicht nach Französisch klang. »Ich bin Yorick, Yorick van Nazareth aus Flandern, das liegt an der Nordsee.«

      »Hans, Johannes Schiltberger aus München, das liegt in Bayern.« Die Nordsee sagte ihm nichts, wohl aber Nazareth. »Nazareth? Das ist doch im Heiligen Land!«

      Yorick lachte. »Ja, aber bei uns in Flandern gibt es auch ein Nazareth. Da kommen ich und mein Herr her. Mein Herr ist Arjen van Nazareth.«

      »Kenn ich nicht. Mein Herr ist Leinhart Richartinger.«

      »Kenn ich nicht«, antwortete Yorick. Die beiden lachten. Hans wusste schon da, dass er einen neuen Freund gefunden hatte. Sie mochten sich, wenn auch die Konversation sich durchaus mühsam gestaltete. Sie merkten jedoch schnell, dass sie sich passabel unterhalten konnten, wenn sie langsam und deutlich sprachen. Mehr als einmal stellte Hans fest, dass er flämische Worte, die Yorick unbewusst einflocht, durchaus verstand. Sie verabredeten sich für den Abend. Josef reagierte zwar zunächst ablehnend auf den Neuzugang, doch Max war schnell angetan von Yorick, denn der konnte gut singen und lobte Max für seine Fingerfertigkeit auf der Laute. Gemeinsam zogen sie los und suchten ein Zelt oder Lagerfeuer, an dem was los war, egal, ob Bayern, Schweizer, Franzosen oder Flamen, irgendwann stellte Sprache keine Barriere mehr dar. Wenn Max mit der Laute zu spielen begann, setzten schnell Trommeln, Drehleiern oder Sackpfeifen mit ein. Es wurde gelacht und getanzt. Schließlich sollte es der letzte Abend vor dem großen Tag sein.

      Am großen Tag, dem 24. September 1396, berief König Sigismund den Kriegsrat ein. Seiner Strategie nach sollten die Walachen unter Mircea dem Alten den ersten Angriff führen, weil sie neben den Ungarn die Einzigen waren, die bereits Kampferfahrung mit den Türken gemacht hatten und außerdem schnell und wendig waren. Dank Mirceas Guerillataktik hatten die Walachen den Osmanen schon manche Niederlage beschert. Unsinn, brauste da der Graf d’Eu wütend auf, und fand dabei den Applaus von Marschall Boucicaut: Nur seine Männer seien in der Lage, einen vernünftigen Angriff zu führen. Ihm gebühre die Ehre, als Erster in die Schlacht zu reiten. Absoluter Unsinn, mischte sich nun Johann Ohnefurcht ein, klein und mager wie er war, hätte man ihn in Bayern ein Krischperl genannt. Es gäbe nur einen, der für den Angriff geeignet sei, und zwar ihn mit seinen Burgundern und Flamen! Er, und nur er allein, habe das Vorkampfrecht.

      Nein, so hatte sich König Sigismund das nicht vorgestellt.

      Ein absurdes Streitgespräch später fanden es die Franzosen dann letztlich besser, sich zusammenzutun und gemeinsam gegen den Ungarn und seine zusammengewürfelte Truppe aus Walachen, Siebenbürgen, Deutschen, Dänen, Schotten, Kastiliern und sonstigen Front zu machen. Johann Ohnefurcht stellte sich hinter den Grafen d’Eu.

      König Sigismund fügte sich seufzend. Er gab Befehl, dass sich seine Truppen sofort kampfbereit machen sollten. Die Kreuzritter, völlig überrascht und meist ebenso betrunken, krabbelten aus den Huren- und Spielzelten und suchten einen ersten Adrenalinkick, indem sie unter den Gefangenen, die sie bisher gemacht hatten, ein Massaker anrichteten.

      Sigismund zog sich mehr verzweifelt denn wütend von allen zurück. Es war ganz und gar nicht der große Tag geworden. An diesem Abend feierte niemand mehr.

      2 Das Schlachten

      Bei Tagesanbruch am 25. September im Jahre des Herrn 1396 schickte Sigismund seinen Marschall zu Johann Ohnefurcht mit der Bitte, ihm noch zwei Stunden Zeit zu gewähren. Er wolle seine Späher ausschicken, um möglichst viele Informationen über

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