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Schlaich, Der Öffentlichkeitsauftrag der Kirche, Gesammelte Aufsätze, S. 480.

      1.Bedeutung

      Die Religionsfreiheit genießt in unserer Rechtsordnung eine besondere Stellung. Dies wird schon dadurch deutlich, dass sie in den Verfassungen (Art. 4 GG – RS 100; Art. 107 BV – RS 105) in den Grundrechtsteil aufgenommen ist, während sie beispielsweise in der Weimarer Reichsverfassung noch an der Spitze des Abschnittes „Religion und Religionsgesellschaften“ stand (Art. 135), also im Zusammenhang mit den Religionsartikeln. Dies wird weiter dadurch deutlich, dass es sich bei ihr um ein Menschenrecht handelt, das nicht nur den deutschen Staatsbürgern, sondern allen Menschen gewährleistet ist, welches ferner – wenigstens formal – ohne Vorbehalt gilt und auch nicht nach Art. 18 GG verwirkt werden kann. Die Religionsfreiheit steht in engem Zusammenhang mit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), zu der der Bezug zur Transzendenz und damit auch die Frage nach dem Lebenssinn gehört. Sie gehört damit zu den fundamentalen Normen nicht nur des Religionsverfassungsrechts, sondern unserer Rechtsordnung überhaupt: Durch die Gewährleistung der Religionsfreiheit erkennt der Staat das Bedürfnis des Menschen nach religiöser oder weltanschaulicher Orientierung als grundlegendes menschliches Bedürfnis an. Dadurch ist er auch gehindert, sich gegenüber denjenigen Gemeinschaften, die der Befriedigung dieses Grundbedürfnisses dienen, indifferent oder gar ablehnend zu verhalten.

      Ergänzt und in bestimmten Teilbereichen konkretisiert wird Art. 4 durch weitere Vorschriften im GG, nämlich

      –Art. 3 Abs. 3 (keine Bevorzugung oder Benachteiligung wegen des Glaubens oder religiöser Anschauungen),

      –Art. 33 Abs. 3 (staatsbürgerliche Rechte und Zulassung zu öffentlichen Ämtern unabhängig von religiösem oder weltanschaulichem Bekenntnis),

      –Art. 140 i. V. m. Art. 136 WRV (staatsbürgerliche Rechte und Zulassung zu öffentlichen Ämtern unabhängig von religiösem oder weltanschaulichem Bekenntnis; grundsätzlich kein Zwang zur Offenbarung religiöser Überzeugungen; kein Zwang zur Teilnahme an kirchlichen oder religiösen Handlungen); sowie

      –Art. 7 Abs. 2 und 3 (Religionsunterricht in der Schule als Ausfluss der Religionsfreiheit).

      a)Im Einzelnen sind durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützt:

      –die Glaubens- und Gewissensfreiheit, d.h. die Freiheit des Denkens, das sog. forum internum,

      –die Bekenntnisfreiheit, d.h. die Freiheit des Redens, die Freiheit, seinen Glauben oder Unglauben zu äußern oder auch zu verschweigen, aber auch die Freiheit, seinem Glauben gemäß zu leben,

      –die Religionsausübungsfreiheit, d. h. die Freiheit des Handelns, die Freiheit zur Vornahme aller denkbaren kultischen Handlungen und der Beachtung religiöser Gebräuche,

      –die religiöse Vereinigungsfreiheit, d.h. die Freiheit, aus gemeinsamem Glauben sich zu einer Religionsgemeinschaft zusammenzuschließen, einschließlich der Teilnahme am allgemeinen Rechtsverkehr.

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