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Die Forsyte-Saga. John Galsworthy
Читать онлайн.Название Die Forsyte-Saga
Год выпуска 0
isbn 4064066499952
Автор произведения John Galsworthy
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Wer hat ihn dir geschenkt?« fragte er.
»Soames.«
Nichts veränderte sich in ihrem Gesicht, aber Swithins Augen traten hervor, als wäre plötzlich eine Erleuchtung über ihn gekommen.
»Du langweilst dich wohl zu Haus,« sagte er. »Wann immer du Lust hast zu Tisch zu mir zu kommen, will ich dir eine Flasche so guten Wein vorsetzen, wie er in London irgend zu haben ist.«
»Miß June Forsyte – Mr. Jolyon Forsyte! ... Mr. Bo–swainey! ...«
Swithin machte eine Bewegung mit dem Arm und sagte mit knurriger Stimme:
»Zu Tisch, jetzt – zu Tisch!«
Er führte Irene unter dem Vorwand, daß er sie seit ihrer Brautzeit nicht bewirtet habe. June erhielt Bosinney zum Tischnachbarn, der zwischen Irene und seine Braut gesetzt wurde. An der andern Seite neben June saß James mit Nicholas' Frau, dann der alte Jolyon mit James' Frau, Nicholas mit Hatty Cheßman, und Soames mit Mrs. Small, die den Kreis schloß, wieder neben Swithin.
Bei Familientafeln der Forsytes wurden gewisse Traditionen beobachtet. Es gab zum Beispiel keine Hors d'oeuvre. Der Grund hierfür ist unbekannt.
Nach Anschauung der jüngeren Generation war es auf den unerhörten Preis der Austern zurückzuführen; wahrscheinlicher ist der Wunsch schuld daran, zur Hauptsache zu kommen und mit gutem praktischen Sinn zu erklären, daß Hors d'oeuvre nichts als Notbehelf sind. Nur bei James, wo man einem in Park Lane fast allgemeinen Brauch nicht widerstehen konnte, wich man zuweilen davon ab.
Eine schweigende, fast verdrießliche Unaufmerksamkeit gegen einander folgte dem Einnehmen der Plätze und währte beinah über den ersten Gang hinaus, wenn auch einzelne Bemerkungen fielen, wie: »Tommy geht's wieder schlecht, ich weiß nicht, was ihm fehlt!« – »Ann kommt morgens wohl gar nicht mehr herunter?« – »Wie heißt euer Arzt, Fanny? Stubbs? Er ist ein Quacksalber!« – »Winifred? Sie hat zu viele Kinder. Vier, nicht wahr? Sie ist dünn wie eine Latte!« – »Was zahlst du für diesen Sherry, Swithin? Mir zu trocken!«
Beim zweiten Glas Champagner vernahm man ein Gemurmel, das von gelegentlichen Nebengeräuschen befreit und in seine ursprünglichen Bestandteile zerlegt, als James' Erzählung einer Geschichte zu erkennen war, und da diese längere Zeit in Anspruch nahm, beeinträchtigte es zeitweise sogar den Genuß des allgemein als Höhepunkt eines Forsyteschen Gastmahls angesehenen ›Hammelrückens‹. Kein Forsyte gab je ein Mittagessen ohne für einen Hammelrücken zu sorgen. In seiner saftigen Solidität liegt etwas, das Leuten von einer gewissen Position zusagt. Er ist nahrhaft und – schmackhaft, darauf wird von jedermann Wert gelegt. Er hat eine Vergangenheit und eine Zukunft, wie ein bei der Bank eingezahltes Depot; und es läßt sich darüber disputieren.
Jeder Zweig der Familie hielt hartnäckig an einer bestimmten Bezugsquelle fest – der alte Jolyon schwor auf Dartmoor, James auf Wales, Swithin auf Southdown und Nicholas behauptete, wenn die Leute auch die Nase rümpften, daß nichts mit Neuseeland zu vergleichen sei. Aber Roger, das ›Original‹ unter den Brüdern, sah sich genötigt, eine Quelle für sich allein zu finden, und mit einem Scharfsinn, wie er eines Mannes würdig war, dem es gelungen, einen neuen Beruf für seine Söhne zu ersinnen, hatte er einen Laden entdeckt, wo deutsche Hammel zu haben waren. Als Einwendungen gemacht wurden, hatte er seine Behauptung durch Vorzeigen einer Metzgerrechnung bestätigt, aus der zu ersehen war, daß er mehr bezahlte als einer der andern. Bei dieser Gelegenheit hatte der alte Jolyon in einer seiner philosophischen Anwandlungen zu June gesagt:
»Die Forsytes sind eine verschrobene Gesellschaft, darauf kannst du dich verlassen – du wirst schon noch dahinter kommen, wenn du älter wirst!«
Nur Timothy machte eine Ausnahme, denn obwohl er Hammelrücken sehr gern aß, fürchtete er sich doch davor, wie er sagte.
Für jeden, der ein psychologisches Interesse für die Forsytes hat, ist dieser Hammelrückenzug von größter Bedeutung. Er illustriert nicht nur ihre Hartnäckigkeit im allgemeinen und als Individuen, sondern ist ein Zeichen dafür, daß sie mit Leib und Seele jener großen Klasse von Menschen angehören, die an Nahrhaftigkeit und Geschmack glauben, und keinem sentimentalen Verlangen nach Schönheit nachgeben.
Die jüngeren Familienmitglieder hätten wohl gern ganz auf einen Braten verzichtet und Geflügel oder eine Hummermayonnaise vorgezogen – etwas das auf die Phantasie wirkte und weniger nahrhaft war – aber die waren weibisch, oder wenn nicht das, doch von ihren Frauen oder Müttern verdorben, die ihr ganzes Eheleben hindurch gezwungen waren, Hammelrücken zu essen und ihren Söhnen eine gewisse Feindseligkeit dagegen eingeimpft hatten.
Nach Erledigung der großen Hammelrückenfrage kam ein Tewkesbury-Schinken mit einem Tropfen des Westindischen an die Reihe – Swithin hielt sich bei diesem Gang so lange auf, daß er eine Stockung im Fortgang des Diners verursachte. Um sich ihm von ganzem Herzen widmen zu können, unterbrach er seine Unterhaltung.
Von seinem Platz neben Mrs. Small machte Soames seine Wahrnehmungen. Er hatte seine eigenen, mit einem Lieblingsplan in Verbindung stehenden Gründe, Bosinney zu beobachten. Der Architekt konnte seinen Zwecken dienlich sein, er sah klug aus, wie er da zurückgelehnt in seinem Stuhl saß und nachdenklich kleine Wälle von Brotkrumen machte. Soames bemerkte, daß seine Sachen einen guten Schnitt hatten, aber zu eng waren, als wären sie vor Jahren angefertigt.
Er sah, wie er sich Irene zuwandte und etwas sagte und sah ihr Gesicht strahlen, wie er es andern Leuten gegenüber oft strahlen sah – aber niemals ihm gegenüber. Er versuchte aufzufangen, was sie sagten, aber Tante Juley unterhielt sich gerade mit ihm.
Ob es ihm nicht auch immer ganz merkwürdig vorgekommen sei, fragte sie. Erst am letzten Sonntag wieder war der liebe Pastor Scoles so geistreich in seiner Predigt, so sarkastisch. »Denn,« hatte er gesagt, »was nützt es, sein Seelenheil zu gewinnen, wenn man all sein Gut dabei verliert?« Das sei der Leitspruch des Mittelstandes; aber was hatte er nur damit gemeint? Es könnte ja natürlich sein, daß der Mittelstand so dachte – sie wisse es nicht; was war seine Ansicht darüber?
Er antwortete zerstreut: »Wie kann ich das wissen? Scoles ist ein Schwätzer, nicht?« Denn Bosinney sah sich am Tisch um, als mache er auf die Eigenheiten der Gäste aufmerksam, und Soames hätte gern gewußt, was er sagte. Ihrem Lächeln nach stimmte Irene seinen Bemerkungen offenbar zu. Sie schien mit andern Leuten immer übereinzustimmen.
Ihre Augen waren auf ihn selbst gerichtet; Soames senkte sofort seinen Blick. Das Lächeln auf ihren Lippen war erloschen.
Ein Schwätzer? Was wollte er damit sagen? Wenn Mr. Scoles ein Schwätzer war, er, ein Pastor – dann konnte ja jeder – es war schrecklich!
»Jawohl – das sind sie auch!« sagte Soames.
Während Tante Juleys momentanem entsetzten Schweigen fing er einige Worte Irenens auf, die klangen wie: »Laßt die Hoffnung draußen, alle, die ihr hier eintretet!«
Aber Swithin war nun mit seinem Schinken fertig.
»Wo kaufst du deine Champignons?« fragte er Irene mit der Stimme eines Liebhabers; »du solltest zu Snileybob gehen – da bekommst du sie frisch. Diese kleinen Leute geben sich nicht die Mühe!«
Irene wandte sich um, ihm zu antworten, und Soames sah, wie Bosinney sie lächelnd beobachtete. Ein sonderbares Lächeln hatte der Mensch; halb einfältig wie ein Kind, das lächelt, wenn es sich freut. An Georges Spitznamen – der Bukanier – dachte er gar nicht mehr. Und als er sah, wie Bosinney sich zu June wandte, lächelte Soames ebenfalls, aber spöttisch – er mochte June nicht, die nicht allzu froh aussah.
Kein Wunder übrigens, denn sie hatte eben folgende Unterhaltung mit James gehabt:
»Auf meinem Rückweg sah ich vom Fluß aus eine schöne Baustelle für ein Haus, Onkel James.«
James, ein langsamer und gründlicher Esser, hielt im Kauen inne.
»Wie?« sagte er. »Wo war es denn?«
»Dicht