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wird eine deutsche Festung werden!“, hatte Ludwig Orthmann gestern in einer Radioansprache verkündet. Nun versuchten Tschistokjow Soldaten und die deutschen Milizionäre die Großstadt so gut es ging zu einem Bollwerk auszubauen. Doch ihre Mittel waren begrenzt. Es mangelte an Nachschub und Munition, ebenso wie an wichtigem Kriegsgerät und Geschützen. Vor einigen Tagen hatte die GCF-Luftwaffe eine große Anzahl von Gleisen und Zufahrtsstraßen zerstört, um der Volksarmee die Versorgung zu erschweren. War Frank noch vor kurzem mit dem Zug bis nach Litauen gefahren, so war dies mittlerweile kaum noch möglich.

      Der Angriff auf die Nachschubwege der Volksarmee war erfolgreich gewesen, obwohl sich die Luftwaffe des Nationenbundes bemüht hatte, die feindlichen Kampfflugzeuge zurückzuschlagen.

      Frank sah sich um. Bis zum Horizont erstreckte sich der graue Heereszug aus Volksarmisten und Warägern. Es war fast alles „Frischfleisch“, wie es Frank immer formulierte. Neu rekrutierte, junge Männer aus Russland, der Ukraine oder dem Baltikum. Hastig ausgebildet und mit Durchhaltepropaganda vollgepumpt.

      „Sie werden uns ein paar neue Transportflugzeuge schicken“, erklärte Kohlhaas einem seiner Offiziere. Er sah den Russen mit ausdrucksloser Miene an.

      „Für Luftlandeangriffe?“, fragte dieser.

      „Ja, das fordere ich seit Monaten, nur das Oberkommando hat mal wieder gepennt. Damit werden wir bei Sturmangriffen wesentlich mobiler sein“, meinte Frank.

      „Dann können sie uns direkt hinter den feindlichen Linien absetzen und wir kommen noch schneller ins Gefecht. Ist doch auch schön“, erwiderte der Offizier zynisch grinsend.

      „So wird es wohl sein. Ich werde aber weiterhin die Transportpanzertruppe und meine Jungs befehligen. Damit habe ich die meiste Erfahrung. Dieses Luftlandezeug können andere übernehmen“, brummte der General.

      „Was halten Sie eigentlich von Ihren Landsleuten, den Kriegsfreiwilligen?“, wollte der Russe wissen.

      Frank lächelte gequält. „Sie bemühen sich, uns nach Möglichkeit zu helfen. Toll ausgebildet sind sie nicht, aber sie haben trotzdem einen guten Kampfgeist. Das ist nicht nichts. Aber es ist ja bei allen Freiwilligen so. Sie sind euphorisch, weil sie jetzt endlich für die Freiheit ihres Volkes kämpfen können, allerdings merken auch sie nach einigen Gefechten, dass Krieg kein Abenteuerurlaub ist.“

      „Sehe ich auch so!“, gab der Russe zurück. „Ich bin bereits seit Jahren dabei. Früher bei den Rus, in den ersten Tagen der Freiheitsbewegung, dann der russische Bürgerkrieg und so weiter. Ich habe auch schon genug Schrecken erlebt.“

      „Ach, dann sind Sie auch ein alter Kämpfer?“, freute sich Frank und lächelte anerkennend.

      „Sozusagen, Herr General. Ich habe die erste Demonstration der Rus in Smolensk mitgemacht. Das war was, nicht wahr?“

      „Allerdings!“, stieß Kohlhaas aus.

      „Sie waren ja sogar beim Kampf um Weißrussland mit dabei, Herr General. Was soll ich Ihnen also erzählen? Das „Blutopfer von Gomel“ und die ganzen anderen Höhepunkte der Revolution“, meinte der Russe.

      „Es waren keine Höhepunkte. Es war einfach nur schrecklich. Ich wäre damals in Gomel beinahe draufgegangen. Auch wenn man es heute überall verherrlicht und verklärt. Es war schlichtweg grauenhaft. Eigentlich ist es ein Wunder, dass ich überhaupt noch lebe“, antwortete Frank nachdenklich.

      „Sie sind ja auch unverwundbar, Herr Achilles!“, sagte der Offizier mit einem lauten Lachen und klopfte Frank auf den Schulterpanzer seiner Ferroplastinrüstung.

      „Dann würde ich diese Rüstung wohl nicht brauchen, oder?“, erwiderte der General. Dann lachte er ebenfalls.

      Alfred Bäumer war vom Oberkommando der Volksarmee nach Braila, an der Westküste des Schwarzen Meeres, geschickt worden, um dort einige Warägerverbände zu befehligen. Die oberste Heeresleitung des Nationenbundes hatte in den letzten Wochen alles dafür getan, einen Gegenangriff in Richtung Rumänien und Bulgarien zu unternehmen und an einigen Stellen war es der Volksarmee tatsächlich gelungen, die gegnerische Frontlinie zu durchbrechen. Inzwischen hatten sich mehrere Zehntausend rumänische und bulgarische Freiwillige gemeldet, um Tschistokjow zu unterstützen, doch die unerfahrenen Milizionäre waren bereits in den ersten Tagen der Gegenoffensive in Massen gefallen.

      In der Ägäis und im Schwarzen Meer tobten derweil schwere Seegefechte mit der Kriegsflotte des Weltverbundes. Die U-Boote des Nationenbundes hatten mit Hilfe neuartiger Torpedos zwei schwere GCF-Flugzeugträger und mehrere Zerstörer versenken können, was aber nichts an den hohen eigenen Verlusten änderte und den Kriegsverlauf zunächst kaum beeinflusste.

      „Sie werden morgen oder sogar noch heute angreifen!“, erklärte Alf einem Unteroffizier. Er spähte zum Horizont.

      Hinter ihm waren die Volksarmisten und Waräger wieder einmal dabei, sich rund um Braila einzugraben und Panzersperren zu errichten. Sie hatten nur noch wenige Geschütze aufzubieten, allmählich mangelte es an allem.

      „Dort vorne, zwischen den Bäumen, könnt ihr noch weitere Stacheldrahtbarrieren hinstellen!“, befahl Alf und ein paar grau uniformierte Soldaten begannen mit der Arbeit.

      Der Deutsche stöhnte leise, er verdrehte die Augen. Jetzt war er hier gelandet, im trostlosen Bulgarien. Vielleicht würden sie bald von einer Übermacht der inzwischen weit nach Nordosten vorgestoßenen Feinde umzingelt sein. Diese Gegenoffensive hatte lediglich die Aufgabe, den Feind zu binden, damit der Nationenbund die wichtigsten Fronten in Russland weiter absichern und befestigen konnte – und sie hatte etwas von einer verzweifelten Kamikazeaktion.

      „Wäre ich doch mit dem Arsch zu Hause geblieben …“, murmelte Alf leise auf Deutsch und legte seine Ferroplastinrüstung an.

      „Die GCF ist nur noch zwei Stunden von hier entfernt. Außerdem hat die Flotte neue Truppen bei Constanta ausgeladen“, schallte es aus dem kleinen Sprechgerät an Bäumers Kragen.

      „Dann wissen wir ja jetzt Bescheid“, knurrte dieser.

      Nervös marschierte Alf entlang des Schützengrabens, den seine Männer ausgehoben hatten. Sie würden hier nicht lange aushalten können, da war er sich sicher. Wenige Stunden später griffen die Feinde an.

      Unterirdische Waffenfabriken, weit draußen in der russischen Einöde gelegen, hatten derweil mit der Produktion von EMP-Geschützen begonnen, um dem Nationenbund einen größeren Schutz vor feindlichem Atomraketenbeschuss zu gewährleisten.

      Prof. Hammer und Hunderte weitere Wissenschaftler hatten in einem monatelangen Forschungsmarathon die fortschrittlichen Geräte entwickelt. Die Aufgabe der EMP-Geschütze sollte es nun sein, heranfliegende Atomraketen zu orten und mit Hilfe elektromagnetischer Impulse unschädlich zu machen. Da die modernen Atombomben alle über elektronische Mikrochips gezündet wurden, sollten die neuartigen Sonden diesen Zündmechanismus im Vorfeld unterbrechen und zerstören.

      Artur Tschistokjow hatte angeordnet, dass die Geschütze zunächst rund um die wichtigsten russischen Städte postiert werden sollten. Er wartete fieberhaft auf die Fertigstellung der ersten Serie. Ob diese Wunderwaffen wirklich einen wirksamen Schutz gegen Atomwaffen darstellten, sollte sich allerdings erst noch zeigen. Aber wenn sie es waren, dann konnte diese Tatsache den Krieg auf Dauer entscheiden, denn die Weltregierung verfügte offenbar nicht über ähnliche Schutzvorrichtungen.

      „Wir können diesen Kampf auf lange Sicht nur durch eine überlegene Waffentechnologie gewinnen!“, hatte der russische Staatschef seinen Wissenschaftlern in den letzten Jahren immer wieder eingeschärft.

      Es war ohne Zweifel eine Tatsache, dass die technologische Entwicklung in den Ländern des Weltverbundes seit vielen Jahren stagnierte oder gar zurückging. Die von der Weltregierung eingesetzte Militärtechnologie, die meist auf den deutschen Erfindungen des letzten Jahrhunderts basierte, war in den letzten Jahrzehnten kaum weiterentwickelt oder gar durch neue, bahnbrechende Erfindungen ergänzt worden.

      Da die Logenbrüder die von ihnen beherrschten Länder kulturell und geistig verkümmern ließen, hatte auch

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