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nimmt diesen Vorschlag erstaunlich gelassen zur Kenntnis und willigt ein. So beginnen, als er im Dezember 1933 nach Hause kommt, die Hochzeitsvorbereitungen; die Eltern sorgen für ein großes Fest: Am 7. Jänner 1934 heiraten in der Karlskirche Mony und Olga Leopoldine Janauschek. Trauzeugen sind die Väter Amon Franz Göth und der 1878 in Graz geborene „Lohnfuhrwerker“ und Autobusunternehmer Rudolf Janauschek aus Waidhofen an der Thaya.

      Göth hat seinen Eltern nachgegeben; rasch zeigt sich aber, dass er sich mit Olga nicht versteht. Dazu kommt, dass es ihn wieder zu seinen Kameraden bei der SS zieht – von einer harmonischen Partnerschaft kann also keine Rede sein; bald steht die Scheidung zur Diskussion. Das Frühjahr 1936 wird zur kritischen Phase, dies umso mehr, als am 5. März 1936 Mutter Bertha Göth an Brustkrebs stirbt. Für Vater und Sohn Göth ist das ein schwerer Schlag – beide sind nun gefordert: Es gilt den persönlichen Verlust zu verarbeiten und es gilt den Verlag und die Buchhandelsgeschäfte weiterhin wirtschaftlich erfolgreich zu führen. Mony zeigt Entschlossenheit und will dem Vater demonstrieren, wie man das Bücherverkaufen richtig anpackt: Mit den neu erschienenen Bücher unter dem Arm marschiert er in Cafés und Bars, wo er sie vom Tisch weg an Gäste verhökert. Eine kleine Anekdote aus diesen Tagen weiß Tochter Monika zu erzählen: Göth sitzt wieder einmal im Kaffeehaus und will Bücher verkaufen. Da kommt er mit einer attraktiven rothaarigen Dame ins Gespräch, beide unterhalten sich bestens – bis ihm ein Freund an die Schulter tippt und zuflüstert, dass die Frau Jüdin sei. Göth dreht sich sofort wortlos um und lässt die Frau einfach stehen – mit Juden darf er nicht verkehren.

      

      Ein charmanter Wiener Gentleman mit besten Manieren: Amon Göth in den dreißiger Jahren

      Am 6. Juli 1936 wird am Amtsgericht Margareten ein „Versöhnungsversuch“ unternommen. Der Versuch bleibt „fruchtlos“; beide Ehepartner akzeptieren, dass für 15. Juli neuerlich eine Tagsatzung im Bezirksgericht Margareten anberaumt wird, bei der die Scheidung ausgesprochen werden soll. Vor Ort ist auch ein zu diesem Zeitpunkt noch wenig bekannter Jurist namens Arthur Seyß-Inquart, er hat die Rechtsvertretung von Olga Göth übernommen. Interessant ein Vermerk im Protokoll zu diesem Versöhnungsversuch: In der Rubrik „Beruf“ hat man zu Göth „Autohändler“ vermerkt, bei Religion steht das vertraute „rk.“ Als Adresse wird die Schelleingasse 12 im IV. Bezirk genannt – unter dieser Adresse war Göth jedoch nie offiziell gemeldet; als Wohnsitz nennt das Wiener Melderegister für die Zeit vom 25. Jänner bis zum 3. Oktober 1936 die Kettenbrückengasse 18.

      Am 15. Juli 1936 erfolgt die Scheidung von „Tisch und Bett“ von Olga Janauschek, die später einen Anton Wreßnig heiraten und 1943 nach Leoben in der Steiermark übersiedeln wird. Rechtskräftig wird der Beschluss des Amtsgerichts erst am 17. September 1938, also nach dem „Anschluss“. Wohl auf Drängen der Eltern hat Göth auch eine kirchliche Scheidung beantragt; nun macht er vermutlich geltend, keinen ausreichenden „Ehewillen“ besessen zu haben. Mit Urteil des Erzbischöflichen Diözesangerichtes vom 12. Dezember 1940, Zahl 2886/​54, wird die Ehe „im Sinne des Can. 1086, § 2 CIC defectus consensus im kirchlichen Bereich für ungültig erklärt“; am 12. September 1941 bestätigt schließlich auch das Metropolitangericht Salzburg diesen Spruch mit der Begründung: „Can. 1987 kommt zur Anwendung.“

      Das Verkaufen von Büchern bietet wenig Abenteuerliches und so macht sich Göth bald wieder auf den Weg nach Westen, auf in Richtung „Drittes Reich“. Am 3. Oktober 1936 meldet er sich von der Kettenbrückengasse 18 nach „Vorarlberg“ ab und bleibt unbekannten Aufenthalts. Im Sommer 1937 taucht er in München bei seinem alten Kameraden Stehberger auf, die Meldekarte im Stadtarchiv München, datiert vom 16. Juli 1937, nennt als Aufenthaltszweck „beruflich“; tatsächlich scheint er wieder als SS-Funktionär aktiv zu sein, denn erstmals bekommt er nun Probleme mit einem Vorgesetzten von der SS: SS-Oberführer Alfred Bigler, Chef des SS-Abschnitts VIII Linz, stellt ihn auf Grund „ernster Differenzen“, wie Göth in seinem „Lebenslauf“ einräumt, sogar außer Dienst. Bigler, um zehn Jahre alter als Göth, verlässt die SS auf eigenen Antrag mit Ende Oktober 1936; Göths Beschwerden, die er gegen seine Entlassung einbringt, sind damit gegenstandslos.

      GESCHÄFTE MIT DEM VATER

      Der „Anschluss“ im März 1938 bringt endlich die ersehnte Wende: Göth kehrt nach Wien zurück. Am 15. Juni 1938 füllt er den „Personal-Fragebogen zum Antragschein auf Ausstellung einer vorläufigen Mitgliedskarte und zur Feststellung der Mitgliedschaft im Lande Österreich“ aus. Darin gibt er an, dass sein Parteimitgliedsbuch bei der Ortsgruppe Thalkirchen-München „erliege“; sowohl an die Ortsgruppe in Thalkirchen als auch an die Ortsgruppe Mariahilf habe er regelmäßig die Parteibeiträge bezahlt. Und immerhin kann er darauf verweisen, wegen „illegaler nationalsozialistischer Betätigung“ bestraft worden zu sein: mit „Untersuchungshaft, die nach ergebnislosem Verfahren als Haft verlängert wurde (Staatspolizei & Sicherheitsbüro)“.

      Am 13. Oktober 1938 probiert es Mony, begünstigt durch das nun geltende deutsche Eherecht, noch einmal. Er schließt vor der Bezirkshauptmannschaft Mariahilf mit Anna (Anny) Geiger die Ehe. Anny ist Tirolerin, geboren am 19. September 1913 in Innsbruck, und eine Frau so ganz nach dem Geschmack Göths: keine langweilige Stubenhockerin, sondern eine echte Sportskanone, die im Sattel eines Motorrads ebenso zu Hause ist wie am Volant eines BMWs. Mony hat sie bei einem Motorradrennen kennen gelernt; glaubt man den Angaben Göths in einem Fragebogen der SS, so erfolgte die Verlobung bereits am 7. März 1936 – also noch vor der Scheidung von Olga Janauschek und zwei Tage nach dem Tod der Mutter. Anny Geiger erfüllt ohne Zweifel die strengen Normen, die die SS den Frauen ihrer auserwählten Recken vorschreibt – ein perfektes Paar der nun angebrochenen „neuen Zeit“.

      Wie es von einem Angehörigen der SS erwartet wird, tritt Göth im Herbst 1939 aus der römisch-katholischen Kirche aus und bezeichnet sich von nun an mit der im Kameradenkreis gängigen Worthülse als „gottgläubig“.

      Gleich nach der Hochzeit ist die Familie darum bemüht, auch die wirtschaftlichen Grundlagen für das junge Paar neu zu ordnen. Am 2. Juli 1937 hat Franz Amon Göth seinen Verlag als Einzelunternehmen in das Handelsregister eingetragen; nun wandelt man den Verlag in eine Offene Handelsgesellschaft um, in die Mony am 1. Jänner 1939 als Gesellschafter eintritt. „Betriebsgegenstand“ ist zu diesem Zeitpunkt erstaunlicherweise noch immer der Buch- und Kunsthandel, der sich „auf den Versand von Büchern religiösen Inhaltes und von solchen, die patriotische Themata behandeln, ferner von Heiligenbildern (…), sowie von patriotischen Bildern unter Ausschluss des Ladengeschäftes“ konzentriert.

      Die Ereignisse des Jahres 1939, vor allem der Ausbruch des Krieges, führen rasch zu einem Umdenken: Religion ist in den Tagen des Blitzkriegs nicht mehr opportun; jetzt haben Jubelschriften über die glorreichen Siege der Wehrmacht Konjunktur. Vater und Sohn Göth entschließen sich daher zu einer Auflösung des Handels mit religiösen Produkten und konzentrieren sich nun wieder auf die Verlagstätigkeit und den Verkauf von aktuellen Militaria, wobei man auf das altbewährte Vertriebsmodell setzt: Direktverkauf durch Vertreter gegen Ratenzahlung. Im Herbst 1941 sind es bereits an die 100 Vertreter, die für die Göths tätig sind: 25 in der „Ostmark“, 23 in den Sudetengebieten und 55 im „Altreich“, wobei letztere der „Verkaufsorganisation“ des in Berlin-Charlottenburg ansässigen „Generalvertreters“ Paul Gerhard Engelbert angehören.

      Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass Mony zwar nicht an den Vermögenswerten, dafür aber an Gewinn und Verlust zu je 50 Prozent beteiligt sein soll; Vater Göth legt die alte Konzession zurück und erwirbt eine neue für die Verlagstätigkeit und den Vertrieb ohne Ladengeschäft; das Unternehmen firmiert nun als „Verlag für Militär- und Fachliteratur A. Franz Göth & Sohn“. Als Mitgesellschafter in der väterlichen Firma kann sich Mony mit einem gewissen Recht nun tatsächlich als „Verleger“ bezeichnen. Mit dem noch schnell für das Weihnachtsgeschäft 1939 produzierten Prachtband Der große deutsche Feldzug gegen

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