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       „Sesam-öffne-dich!“ dank Unterstützung der Österreichischen Bundesforste

      Weit und breit keine Menschenseele. Wir halten uns am Pfad rechter Hand mit dem Hinweisschild „Steinberg“ und „Inschriften“. Vom Wanderweg ist nichts zu erkennen, alles ist schneebedeckt. Einen knappen Kilometer gilt es noch zu bewältigen. Teils im Schnee versinkend erreichen wir mühsam eine Weidefläche, Luderalm genannt, die in einem lang gezogenen Bogen zu einer markanten Felswand führt – dem Steinberg. Die letzten hundert Meter müssen wir eine Wasserfassung überwinden und im Zickzackkurs klettern. Trotz Frostwetter kommen wir Sonntagsforscher ordentlich ins Schwitzen. Dann erblicken wir erleichtert die Felsspalte hinter der Gitterabsperrung. Die Schriftzeugnisse sind bereits von außen gut erkennbar, aber nur dank des Türöffners war es uns möglich, selbst Gravuren im finsteren Winkel in Augenschein zu nehmen. Osterwunder sei Dank!

      SIEBENGESTIRN, STIER UND EIN „STRAHLENPFERD“

      Die Schriftzeichen in der kleinen Halbhöhle sind beeindruckend. Daneben erkennen wir Symbole, die uns bereits bekannt sind: sieben punktförmige, im Kreis angeordnete Markierungen. Die gleiche Darstellung findet sich auf der rund 4.000 Jahre alten Himmelscheibe von Nebra! Sie wurde 1999 in einer Steinkammer in Sachsen-Anhalt gefunden. Seit 2002 gehört sie zum Bestand des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Die Bronzeplatte gilt als eine der ältesten konkreten Himmelsdarstellungen. Eine darauf abgebildete Gruppe von sieben kleinen Plättchen wurde als Sternhaufen der Plejaden identifiziert, die zum Sternbild Stier gehören.

      Wissen oder Kult? Die Frage stellt sich ebenso bei den berühmten Felsmalereien in der Höhle von Lascaux im französischen Département Dordogne. Vor 17.000 Jahren wurde das Höhlensystem mit Hunderten Tierdarstellungen in leuchtenden Farben ausgestaltet. Das gewaltigste Deckengemälde zeigt einen 5,5 Meter großen Auerochsen. Oberhalb seines Nackens befinden sich auf der Wand sechs Punkte, denen von Archäologen wenig Beachtung geschenkt worden war. Für den deutschen Astronomen Michael Rappenglück sind diese Flecken keine Verzierungen, sondern der Schlüssel zu einer astronomischen Interpretation der Malerei. Seiner Ansicht nach repräsentieren die Markierungen auch in diesem Fall die Plejaden. Das „Siebengestirn“ hätte hier nur sechs Sterne. Allerdings: In manchen Kulturen und historischen Darstellungen werden nur sechs Sterne zu den Plejaden gerechnet. Der Grund dafür ist der Stern Pleione. Er verändert seine Helligkeit in unregelmäßigen Abständen. In der Lascaux-Höhle ist der Stierkopf zusätzlich mit dunklen Punkten gesprenkelt, wobei ein größerer Punkt das Auge darstellt. Das kann kein Zufall sein, meint Rappenglück, denn auf alten Sternenkarten liegen die in einer klaren Winternacht für jeden Himmelsgucker gut sichtbaren Plejaden auf dem „Schulterblatt“ des Sternbildes Stier. Der Wissenschaftler entdeckte nach genauer Vermessung weitere astronomische Bezugspunkte, die verblüffend mit dem sogenannten „Sommerdreieck“ übereinstimmen. Es wird durch die Sterne Deneb, Vega und Altair gebildet. „Eine Karte des prähistorischen Kosmos“, glaubt Rappenglück. „Möglicherweise dienten die Bilder weniger magischen als ganz prosaischen Zwecken.“

       Das Sternbild der Plejaden erinnert auffällig an eine Gravur im Tiroler Quellheiligtum.

       Beispiele für frühe astronomische Kenntnisse: Konstellation der Plejaden, eingearbeitet in die bronzene Himmelsscheibe von Nebra und als Wandmalerei in der Höhle von Lascaux

      Und am Schneidjoch? Liefern die Gravuren ebenfalls reale Anhaltspunkte dafür, dass der hohe Felsenpunkt als vorgeschichtliches Observatorium diente? Könnten die Gravuren und Inschriften als himmlische Wanderkarte enthüllt werden? Noch ein vertrautes Zeichen springt ins Auge: ein Halbbogen und darüber kurze parallele Striche, die wie ein „Strahlenkranz“ angeordnet sind. Ein göttliches Zeichen? Das Symbol ist weltweit bekannt. Eine fast identische Zeichnung findet sich als Geoglyphe auf einem Berghang in der Wüste von Nazca in Peru. Der „kleine“ Unterschied: Dort ist das „Strahlenmännchen“ zweihundertfach größer im Stein verewigt worden. Die Grafik am Schneidjoch misst gerade einmal zehn Zentimeter.

      Daneben sind noch andere Punkte und Kerben eingraviert, teils überschrieben mit modernen Initialen und Jahreszahlen. Ob sie mit der „Strahlen“-Ritzung ein zusammengehöriges Motiv bilden sollten, ist nicht mehr klar erkennbar. Viele Archäologen deuten die Zeichnung als „Pferd mit Reiter“. Franz Mandl, Gründer des alpinen Forschungsvereins ANISA, zweifelt an dieser Auslegung. 2010 notierte er: „Beinahe alle Linien und Kerben sind in den letzten Jahren im Rahmen von unsachgemäßen Dokumentations- bzw. Forschungsarbeiten mehrfach mit Bürsten und scharfen Gegenständen gereinigt und mit Silikon und anderen Materialien abgezogen worden, was dem Original geschadet bzw. dieses zerstört hat.“ Nach der Einschätzung des Felskunstexperten fehlen der „Reiter-Darstellung“ wichtige Teile: „Weder der Reiter noch das Pferd sind klar zu erkennen.“ Franz Mandl erweitert den Interpretationsreigen und fragt: „Könnte der Bogen mit dem Strahlenkranz nicht ebenso ein Auge, ein Sexualsymbol oder die Sonne symbolisieren?“

       Das „Strahlenpferd“ vom Schneidjoch

       Detail der Rätselschrift aus der Felsspalte am Rofaner Steinberg

      Wäre auch die Hypothese „Himmelsgott“ zulässig? Elvira und ich haben mehr gesehen, als wir uns erträumten. Wir sind fasziniert vom Vermächtnis der Räter und ihrer Vorfahren. Inzwischen ziehen am Horizont dunkle Wolken auf und uns wird schlagartig bewusst, dass wir noch einen langen Abstieg vor uns haben. Wir erreichen im strömenden Regen unsere Fahrräder und radeln geschwind zurück nach Achenkirch. Wir sind tropfnass, erschöpft, aber glücklich wieder in unserer Herberge angelangt. Diese Ostern werden uns unvergessen bleiben!

      Mein Tipp für Nachahmer: Die Wanderschuhe und Mountainbikes erst mit Saisonbeginn im Lenz auspacken! Wem der Tagesausflug zum Schneidjoch zu beschwerlich ist, kann im Kellergeschoß des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum einen Gipsabdruck der rätischen Inschriften besichtigen. Ein Ersatz für Erlebtes und Gesehenes in der Natur ist damit freilich nicht gegeben. Da liegen im wahrsten Sinne des Wortes Welten dazwischen …

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