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Zivilcourage. Petra Paulsen
Читать онлайн.Название Zivilcourage
Год выпуска 0
isbn 9783945780787
Автор произведения Petra Paulsen
Издательство Автор
Bereits seit den 1960er-Jahren bestehen enge Verbindungen zwischen den Bankendynastien der Rockefellers und der Rothschilds. Diese beiden, über die monetäre Kohle herrschenden Häuser warfen ihren Zaster sozusagen auf einen Haufen, indem sich die Investmentgesellschaft des Lord Jacob Rothschild mit 37 Prozent an der Finanzgruppe des Rockefeller-Clans seit 2012, also nach der Finanz- oder besser gesagt nach der Bankenkrise von 2008 beteiligte.39 Während die alten Rockefellers mit der Standard Oil Company, dem ersten multinationalen Konzern, und dessen Nachfolge-Unternehmen Exxon über Jahrzehnte milliardenweise US-Dollar scheffelten, sind ihre Nachfahren grün geworden. Also nicht wirklich grün natürlich, sondern im Sinne von umweltfreundlich und ökologisch. Ob die das aus reiner Liebe zur Natur machen? Oder ist damit möglicherweise jede Menge Geld zu verdienen? Die Rockefellers sollen ein Gesamtvermögen laut Forbes von 11 Milliarden US-Dollar haben. Dabei kommt auf jeden heute noch lebenden Rockefeller des rund 200 Mitglieder umfassenden Clans ein Privatvermögen von schätzungsweise „nur noch“ 50 Millionen US-Dollar, wie die FAZ am 25. Mai 2016 schrieb. Ob tatsächlich sämtliche Immobilien, Kunstgegenstände, Firmenbeteiligungen usw. in die Schätzungen mit eingerechnet wurden? Mit welchem Spruch würden Kinder und Jugendliche, von denen in Deutschland fast 2 Millionen auf Hartz IV angewiesen sind, diese fast schon ärmlichen Verhältnisse der Vielfachmillionäre kommentieren?40 Wahrscheinlich mit „LOL“, „Voll krass, ey!“ oder „Oooh – eine Tüte Mitleid!“
Hamburg-Amerika-Connection
Einer der vermeintlichen Entenjäger auf Jekyll Island war bekanntlich der in Hamburg geborene und nach Amerika ausgewanderte Paul Warburg, der dort 1895 die Tochter Nina von Salomon Loeb, dem Mitbegründer und Inhaber des New Yorker Bankhauses Kuhn, Loeb & Co., heiratete.41 Der gemeinsame Sohn James wurde nach seinem Studium an der Harvard-Universität u. a. Mitglied der Denkfabrik Council on Foreign Relations, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Bank der Manhattan Company und während dieser Zeit der Finanzberater von Präsident Roosevelt. Darüber hinaus half er nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Organisation der Gesellschaft zur Verhütung des Dritten Weltkriegs zwecks Unterstützung des Morgenthau-Plans.42
Machen wir nun einen Sprung über den großen Teich aus den Vereinigten Staaten von Amerika in die schöne Freie und Hansestadt Hamburg. Dort sitzt seit 2014 Max M. Warburg, Enkel von Max Warburg und Großneffe von Paul Warburg, im Aufsichtsrat der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co. in der Innenstadt der Metropole an der Elbe.43 Hundert Jahre zuvor hatte sich sein weltweit vernetzter Großvater, damals als „König von Hamburg“ bezeichnet, mit Kaiser Wilhelm II., den er auch in Finanzangelegenheiten beriet, zum Lunch getroffen. Sein Ziel war es, den Kaiser von einem Präventivkrieg gegen Russland in der bereits 1914 herrschenden Vorkriegsstimmung abzuhalten.44, 45 Einen Weltkrieg und vierzehn Jahre später hatten sämtliche Teilhaber dieses Bankhauses insgesamt 87 Mandate in Aufsichtsräten inne.46 Max Warburg selbst, der Ende August 1938 in die USA emigrierte und durch den Novemberpogrom nach Deutschland nicht wieder zurückkam, saß u. a. von 1926 bis ca. 1935 im Aufsichtsrat der 1925 gegründeten IG Farben, an der die Hamburger Bankiersdynastie selbst große Aktienpakete besaß.47, 48 Sein Bruder Paul saß unterdessen im Vorstand der amerikanischen IG Farben, eine der IG Farben vollständig gehörende US-Tochterfirma.49 Die IG Farben war ein Zusammenschluss von acht deutschen Unternehmen wie beispielsweise Bayer, BASF, Hoechst und Cassella. Dabei war diese Interessengemeinschaft auf ihrem Höhepunkt das größte Unternehmen in Europa und das größte Chemie- und Pharmaunternehmen der Welt, dessen Abwicklungsverfahren rund 60 Jahre dauerte und mit der Löschung im Handelsregister im Jahr 2012 endete.50
In einem äußerst lesenswerten Artikel in der ZEIT vom 6. September 2017 ist die Rede davon, dass man in Verbindung mit dem Hamburger Bankhaus, welches zur Warburg-Gruppe mit u. a. Kommanditgesellschaften gehört, inmitten der Hansestadt von einer globalen Dynastie sprechen könne. Diese einst als seriös hanseatisch geltende Privatbank ist jedoch in der Neuzeit mit Cum-Ex-Geschäften und auch hinsichtlich roter Zahlen aus dem Jahr 2015 in die Schlagzeilen geraten.51 Bei den Cum-Ex-Geschäften täuschten Banken, Börsenhändler wie auch Aktienfonds trickreich die Finanzämter und ließen sich die auf Dividendenerlöse fällige, einmal gezahlte Kapitalertragsteuer gleich mehrmals erstatten. Im Herbst 2018 war die Rede von einem Schaden in Höhe von insgesamt 330 Millionen Euro.52 Das Privatbankhaus, dem vorgeworfen wird, 146 Millionen Euro beim Fiskus abgegriffen zu haben, hat zwischenzeitlich selbst Klage mit Datum vom 21. Dezember 2018 gegen die Deutsche Bank eingereicht. Diese soll bei den Aktiengeschäften in der Rolle des Dienstleisters agiert haben, weswegen man gegen sie nunmehr die gesamte Steuerlast geltend macht und darüber hinaus auch noch den Schaden, der durch die Vorwürfe gegenüber dem Hamburger Bankinstitut entstanden ist.53 Das Ergebnis des größten deutschen Steuerskandals ist also noch offen. Und nur nebenbei sei erwähnt, dass auf schwere Steuerhinterziehung bis zu zehn Jahren Haft stehen.
Der 1990 verstorbene Vater von Max M. Warburg und Neffe von Paul Warburg, Eric Warburg, machte eine Lehre als Bankkaufmann. Darüber hinaus sammelte er u. a. im Bankhaus N. M. Rothschild & Sons in London seine Erfahrungen und gründete 1938 die New Yorker Investmentbank Warburg Pincus. 1952 wurde von ihm, dem späteren Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und anderen in Hamburg die Atlantik-Brücke, ein politisches Netzwerk und privates Politikberatungsinstitut, ins Leben gerufen. Die Atlantik-Brücke e. V. unter dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Friedrich Merz (CDU) und seinem Nachfolger seit 2019, Sigmar Gabriel (SPD), mit Kai Diekmann von der BILD-Zeitung aus dem Hause Springer im Vorstand, hat viele Mitglieder aus Politik, Wirtschaft und Finanzen, aber auch aus dem Staatsfunk und den Meinungsmachermedien. Hierzu gehören beispielsweise Angela Merkel (CDU), Christian Lindner (FDP), Martin Winterkorn (ehemaliger VW-Manager), der eingangs erwähnte Claus Kleber vom ZDF-heute-journal, SPIEGEL-Redakteur Jan Fleischhauer und Max M. Warburg von M. M. Warburg & Co.54
Dieser Think Tank hat heute seinen Sitz unter der Berliner Adresse Am Kupfergraben 7, während Angela Merkel zusammen mit ihrem Mann Joachim Sauer privat in einem gelb gestrichenen Altbau Am Kupfergraben mit der Hausnummer 6