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in der Eheseelsorge sexuelle Konflikte ohne Sachkenntnisse behandelt wurden, zeigt wiederum, wie gläubige Menschen Gottes wunderbare Schöpfung missverstehen können. Es leuchtet ein, dass die Sexualität auf dem beschriebenen Hintergrund nicht als ein schöpferisches Kleinod, sondern als Nebensächlichkeit eingestuft wurde.

      Dem Traum geht es bis heute nicht anders. Die Floskel »Träume sind Schäume« hat sich tief auch im Bewusstsein der Christen eingenistet. Dass Gott den Menschen über Träume etwas mitteilen kann, wird häufig theologisch bestritten, obschon es nicht einen einzigen stichhaltigen biblischen Hinweis gibt, der dieses Argument erhärten könnte. Der Theologe Werner Jentsch bestätigt, dass Träume im Alten und Neuen Testament eine wichtige Rolle gespielt haben und bis heute als Werkzeug Gottes dienen können.

      »Wann und wo es Jahwe gefällt, macht er Träume gleichsam zu Gefäßen seiner Gnade, zu Wegen für sein Wirken. An solche Träumer, die Geistträger sind, denkt der Prophet Joel, wenn er für das Ende der Tage die Ausgießung des Geistes auf charismatische Personen ankündigt: Das prophetische Charisma ist dann kein Monopol der Propheten mehr, sondern erstreckt sich auf das ganze ›Gottesvolk‹: ›Eure Greise (werden) Träume träumen, eure Jünglinge Gesichte schauen‹, Joel 3,1fr. Mit dem Stichwort ›Geist‹ schlägt sich von selbst die Brücke zum Neuen Testament.«2

      Damit ist gesagt:

       Der Traum kann zum Gefäß der Gnade Gottes werden;

       Gott kann den Traum als einen Weg seines Wirkens benutzen;

       mit der Ausgießung des Heiligen Geistes im Neuen Testament sind die Mitteilungen Gottes in Traumbotschaften nicht beendet;

       am Ende der Tage werden mit der Ausgießung des Geistes Gottes bei Jung und Alt auch Träume verbunden sein. Der Prophet Joel macht ausdrücklich darauf aufmerksam.

      KAPITEL 2

      Die Symbol- und Bildersprache des Traumes

      Bilder und Symbole sind komprimierte Vorstellungen von Welt, Menschen und Situationen, wie wir sie im Traum erleben und einschätzen. Wir müssen die Symbol- und Bildersprache verstehen. Dafür hat es nicht viel Sinn, in einem Lexikon die Bedeutung der Begriffe nachzuschlagen. Die Deutungen können ausnahmsweise stimmen. In der Regel findet jeder Träumer

       seine Sprache,

       seine Bilder,

       seine Symbole, die ihm wichtig sind.

      Wir sind einmalige Menschen und werden in der Regel unseren einmaligen Ausdruck für Dinge finden, die uns bewegen. Probleme, Ängste, Schuld, Versagen und Krisensituationen werden von jedem Menschen anders erlebt und mit unterschiedlichen Empfindungen wahrgenommen. Entsprechend sind auch die Bilder und Symbole von Mensch zu Mensch verschieden. Die meisten Träumer produzieren eindrückliche Bilder von dem, was sie sagen wollen. Da wir Menschen einmalige Originale Gottes sind, entwerfen wir auch einmalige Bilder und Symbole.

      In der Regel sind die Bilder für den Menschen, der sie träumt, stimmig. Der Träumer hat seine Gedanken und Vorstellungen auf den Punkt gebracht. Präzise beschreiben die Bilder die Gefühlslage und die Stimmung:

      »Es ist Winter.«

      »Ich sehe vor mir eine Wüste.«

      »Ich bewege mich in einem bunten Garten.«

      »Mich verfolgt ein großes Raubtier.«

      »Ich sitze in einem fensterlosen Raum.«

      »An der Decke kriechen Spinnen auf mich zu.«

      »Ein bissiger Hund bellt mich an.«

      »Um mich herum Wasser und kein Ufer.«

      »Ich werde unter Wasser gedrückt.«

      Die Bilder fangen atmosphärisch die seelische Verfassung des Träumers ein. Ängste und Gefahren werden in konkrete Bilder verdichtet. Für den einen sind Hunde die treuesten Begleiter des Menschen, für einen anderen sind Hunde böse Individuen. Wir formulieren nicht umsonst »du Hund«. Der eine erlebt Wasser als sein Element, für einen anderen ist Wasser gefährlich und bedrohlich. In den Bildern, Metaphern und Symbolen spiegeln wir unsere konkreten Ängste, aber auch positiven Gefühle und Vorstellungen wider. In den Träumen bringen wir Konfliktherde zur Sprache, die in uns lebendig sind und die bewältigt werden müssen.

      In den Träumen sprechen stärker Herz und Gefühl als Verstand. Gefühle aber sind schwer mit der Logik des Kopfes einzufangen. Gefühle stellen wir in Bildern, Farben und Gleichnissen dar. So verwandeln sich Menschen in Tiere und Gefahren, sie begegnen uns in Raubtieren. Der Mensch kann fliegen, wird tödlich getroffen und lebt weiter. Wenn das Herz verwirrt ist, dann ist der Traum auch verwirrend. Die Kunst des Traumes besteht also darin,

       Verzweiflung oder Freude,

       Stille oder Aufregung,

       Vorahnungen oder Hoffnung,

       Resignation oder Zuversicht,

       Entmutigung oder Mut

      in Bilder zu fassen, die prägnant die Lebensgrundauffassung dieses Menschen in dieser Zeit spiegeln.

      Ein Träumer ist darum ein Maler und Dichter. Aber wir haben verlernt, die Sprache der Gefühle zu entziffern. Von klein auf wurden wir dazu erzogen, unseren Kopf zu benutzen, alles rational und sachlich zu erklären. Wir sind kopflastig geworden. Herz und Gefühl sind auf der Strecke geblieben. Da jeder Mensch seinen Malstil hat, müssen Seelsorger und Berater diesen persönlichen Stil mit dem Ratsuchenden zu entziffern suchen.

      Selbstverständlich gibt es Symbole, die in allen Kulturen, in der Vergangenheit und Gegenwart gleich sind. Es sind Symbole, die uns auch in Märchen und Sagen der Völker begegnen. Sie haben einen ähnlichen Aussagewert, und doch

       jeder Mensch geht anders mit diesen Symbolen um;

       jeder Mensch trägt andere Erwartungen, Befürchtungen und Deutungen an dieses Symbol heran;

       jeder Mensch spricht im Traum ein unverwechselbares Thema an, das Ähnlichkeiten mit vielen Menschen auf der Welt aufweist und doch originär diesen Menschen beschäftigt.

      Hüten wir uns darum, in der therapeutischen Seelsorge

       Ratsuchenden eine Lexikondeutung überzustülpen,

       Ratsuchenden unsere Interpretation einzureden,

       Ratsuchenden unsere Erfahrungen mit bestimmten Symbolen anzubieten.

      Der Träumer selbst hat alle Bilder gestaltet, hat seine Symbole seinem Lebensstil entsprechend gewählt. Nur er allein kann uns Auskunft geben, wie er seine Bilder versteht.

      In der Seelsorge oder Beratung helfen wir ihm, die Bilder,

       die beglücken oder bedrücken,

       die ihm Mut machen oder Angst einjagen,

       in denen er Lösungen anbietet oder vor denen er kapituliert,

      segensreich zu verarbeiten.

      Ein Beispiel mag verdeutlichen, wie irreführend Bilder sind, wenn sie angeblich nur auf eine bestimmte Art gedeutet werden können.

      Ich denke an das Bild der Treppe. Türme und Treppen, die bestiegen werden können, stellen in der psychoanalytischen Literatur ein sexuelles Symbol dar. Ein Tier besteigt ein anderes. Besteigt ein Mensch den anderen? Ist in unseren Köpfen und Herzen dieser Gedanke beheimatet?

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