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Das Traumgeschehen greift Kälte und Frost auf.

       Der Träumer schwitzt. Ihm ist es heiß. Die Nacht ist schwül. Die Temperatur ist hoch. Die Hitze kann in den Traum einfließen.

       Der Träumer nimmt Gerüche wahr. Sie können beißend oder lieblich, unangenehm oder angenehm sein. Unter Umständen finden sie im Traum ihren Niederschlag.

       Der Träumer nimmt Geräusche wahr. Der Wecker rasselt, die Glocken läuten, ein Feuerwehrauto jagt durch die Nacht, oder ein Polizeiauto hat die Sirenen eingestellt.

       Der Träumer hat Schmerzen. Krankheiten oder Verdauungsbeschwerden, Zahnschmerzen oder Herzschmerzen können den Traum beeinflussen.

      Insgesamt: Die Reize können von außen oder von innen kommen. Herz und Eingeweide, Hunger und Durst können den Traum beeinflussen, aber selten das Traumgeschehen einschneidend bestimmen.

      Selbstverständlich können auch die letzten Ereignisse vor dem Schlafengehen den Traum berühren. Tagesreste aus einem interessanten Kriminalfilm, einem eindrücklichen Gespräch oder einem Streit mit dem Partner, mit Eltern oder Kindern können den Traum anregen.

      Es besteht auch kein Zweifel, dass Krankheiten, die den Menschen heimsuchen, wilde Träume oder Fieberträume hervorrufen können. Die Veränderung der Bluttemperatur und die Blutzusammensetzung erklären Fieberträume und sind Beweise, dass zwischen körperlichem Befinden und Traum Beziehungen bestehen.

      Träume haben die Aufgabe, das menschliche Gemüt nach seelischen Verwundungen und bedrückenden Erlebnissen wieder heilen zu helfen. Konflikte und Spannungen werden im Traum bearbeitet. Der Mensch soll sich wieder wohl fühlen können. Eric Berne, Psychiater und Begründer der Transaktionsanalyse, schreibt:

      »Wird einem Menschen die Möglichkeit zu träumen genommen, so kann das zu starker geistiger Verwirrung führen. Vielen Psychosen geht eine längere Periode der Schlaflosigkeit und damit der mangelnden Gelegenheit zu träumen voraus. Es könnte sein, dass die so entstehende Anhäufung unverarbeiteter Emotionen einen gewissen Einfluss auf das Entstehen der Psychose hat.«1

      Diese Überlegungen aus den Siebzigerjahren werden durch die neuesten Ergebnisse der Traumforschung bestätigt. Der Nobelpreisträger Francis Crieck, der die rasanten Fortschritte auf dem Sektor der Gehirnforschung und Bio-Technologie beschreibt, geht davon aus, dass die Träume ein lebenswichtiger Bestandteil des Schlafes sind. Sie bewahren uns davor,

       Zwangsvorstellungen zu entwickeln,

       Halluzinationen zu bekommen und

       pathologische Zustände zu produzieren, die in die Schizophrenie führen.

      Die amerikanische Psychiaterin Rosalind Cartwright schilderte auf einem Kongress 1992 überraschende Erfahrungen mit ihren Patienten. Die eine Gruppe steckte in einer tiefen Lebenskrise. Alle hatten gerade eine Scheidung hinter sich oder lebten von ihrem Partner getrennt. Ihre Verlusterlebnisse waren begleitet von schweren Depressionen.

      Die Ärztin beobachtete, dass die schlechte Gemütsverfassung einen großen Einfluss auf den Traumschlaf hatte. Die REM-Phasen waren länger, häufiger und ungewöhnlich intensiv. Sie beobachtete regelrechte »Stürme von Augenbewegungen«. Die Träume waren heftig, schrecklich und auch dramatisch.

      Eine andere Gruppe in ähnlicher Lebenssituation (Scheidung und Trennung) schlief und träumte normal. Am Ende der Therapien stellte sich heraus:

       Die Patienten mit den veränderten REM-Phasen und den schrecklichen Träumen waren über Depression und Scheidung besser hinweggekommen als die Patientengruppe mit den normalen Träumen;

       die Patienten mit den bedrückenden Träumen hatten eine positive Lebenseinstellung gewonnen, die andere Gruppe zeigte geringere Heilungsanzeichen;

       die Patienten mit den schweren Traumbelästigungen hatten zum Teil sogar neue Partner gefunden.

      Deutlich wird:

       Träume sind heilsam,

       sie sind lebensnotwendig,

       sie dienen der Verarbeitung schwerer seelischer Probleme.

      Die Psychiaterin warnt davor, die REM-Schlaf-Aktivität durch Beruhigungsmittel zu bremsen. Sie ist fest davon überzeugt, dass diese das Leiden der Patienten nur verlängern würden.

      Empfindungen lassen sich nicht leicht und direkt bildlich wiedergeben:

       Es gibt kein Bild für die Angst an sich,

       es gibt kein Bild für die Liebe an sich,

       es gibt kein Bild für den Hass an sich.

      Aber der Handlungsakt, der für Empfindungen kennzeichnend ist, lässt sich darstellen. Emotionen können in Handlungen charakterisiert werden. Angst kann sich äußern im Weglaufen, nicht von der Stelle kommen, einen Verfolger im Nacken haben. Schuldgefühle kommen zur »Sprache«, wenn ein Mensch, ein Kind im Traum bestraft wird und diese Strafe als gerecht empfindet.

      Hass offenbart sich in Handlungen, die zerstören, verletzen und verstoßen:

       Eine Frau träumt, dass sie ihren Lieblingshund an der Autobahn aussetzt und in rasanter Fahrt davonfährt. Die leidenden Augen des Hundes verfolgen sie. Im Rückspiegel erkennt sie das Gesicht des Hundes, der ihr nachjagt. Sie fährt schneller und schneller, aber sie kann den Hund nicht abschütteln. Am eindrücklichsten sind ihr die Augen des Hundes. Mit einem zwiespältigen Gefühl wacht sie auf.

      Im Gespräch wird ihr bewusst: Sie liebt und hasst. Der Hass hat die Oberhand gewonnen. Sie erkennt in dem Hund ihren Mann. Er hat sie zwei Jahre mit ihrer besten Freundin betrogen. Sie will ihn loswerden. Aber er will trotz Ehebruchs an ihr festhalten. Der Traum komprimiert die Gefühle der Frau. Sie muss sich losreißen, aber der Hund klebt ihr im Nacken. Sie will den Mann bestrafen; gleichzeitig sieht sie das leidende Gesicht im Rückspiegel. Die Zweifel, Schuldgefühle und Fragen der Frau, die der Traum auf den Punkt gebracht hat, können im Beratungsgespräch abgeklärt werden.

       Will sie, dass der Ehemann ihr nachrennt?

       Wünscht sie sich, gebraucht zu werden?

       Sind es Wunschvorstellungen, oder

       spiegelt der Traum die Realität ihrer Beziehung wider?

      Der Traum bringt unsere tiefsten Empfindungen bildhaft zur Sprache.

      Obwohl Träume für die seelische Gesundheit eine so große Rolle spielen, wurden sie in der Theologie lange Zeit nicht ernst genommen. Zum ganzen Menschen, zum ganzheitlichen Denken sowie zur ganzheitlichen Medizin gehört aber ein ganzheitlicher Realismus. Wer den Menschen aufspaltet und Teile seines Lebens ausblendet, kritisiert den Schöpfer, der diese wunderbare Ganzheit geschaffen hat.

      Dieser Versuchung ist die Kirche in ihrer Geschichte immer wieder erlegen. Der Körper wurde nur als Hülle für die kostbare Seele gesehen. Er hatte für das Glaubensleben keine Bedeutung. Im Mittelpunkt des christlichen Glaubens stand die Seele: »Rette deine Seele!« Dass die Seele nahtlos mit dem Körper verbunden ist, wurde übersehen.

      Heute entdeckt die Kirche wieder den Satz aus dem Neuen Testament: »Der Leib (ist) ein Tempel des heiligen Geistes« (l. Korinther 6,19).

      Die Sexualität wurde jahrhundertelang tabuisiert oder als notwendiges Übel in Kauf genommen. Dass Ehe, Liebe und das Fortbestehen der Menschheit ohne Sexualität nicht möglich und denkbar sind, wurde zwar theoretisch

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