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hatte sich zu früher Morgenstunde im Dienstzimmer des Präsidenten die gesamte Mordkommission und weitere vom Präsidenten berufene Mitarbeiter eingefunden. Der Polizeipräsident schaute sich in der Runde der Anwesenden um und war überzeugt, dass er das richtige Personal für diese schwierige anstehende Aufgabe ausgewählt hatte. Er war sich bewusst, dass von seinen Mitarbeitern in den kommenden Tagen viel abverlangt würde und sie ihre persönlichen und familiären Belange in den Hintergrund stellen müssten, aber er war sich sicher, dass sie es auf Grund der Bedeutung der Aufgabe tun würden.

      „Bevor ich zu den bevorstehenden Aufgaben komme, muss ich sie nochmals auf ein Abkommen hinweisen“, begann er seine Ausführungen. „Seit ungefähr einem Jahr besteht zwischen den Ländern Mecklenburg/​Vorpommern und Brandenburg ein Abkommen zur gegenseitigen Unterstützung bei der Bewältigung von Tätigkeiten zur Aufklärung von Gewaltverbrechen. Dieses Abkommen beinhaltet die Abstellung von Mitarbeitern in den beiden Ländern bei möglicherweise landesübergreifenden Ermittlungen. Im Zuge dieser Festlegung wurden von beiden Ländern bereits vor Monaten verschiedene Einsatzgruppen namentlich festgelegt. Insgesamt handelt es sich um sechs Einsatzgruppen, die kurzfristig abgestellt werden müssen. Die Einberufung dieser Einsatzgruppen ist nur durch die jeweiligen Polizeipräsidenten, in Abstimmung mit den anderen Polizeipräsidenten möglich. Die nominierten Einsatzgruppenmitarbeiter wurden über ihre Benennung informiert. Heute Morgen erhielt ich einen Anruf meines Kollegen aus Mecklenburg/​Vorpommern mit der Bitte um Amtshilfe und den Einsatz einer Einsatzgruppe aus meinem Zuständigkeitsbereich. Nach Darlegung der bekannten Fakten und Schilderung der Ereignisse und der gegenwärtigen Personalsituation in Mecklenburg/​Vorpommern sowie der fachlichen Kompetenz habe ich seinem Ersuchen stattgegeben und der Bereitschaft einer Einsatzgruppe aus meinen Zuständigkeitsbereich zugestimmt. Ich bin mir bewusst, dass sie über diesen kurzfristigen Einsatz wenig erfreut sind, aber nach meinen Darlegungen zur Situation des Verbrechens bin ich überzeugt, dass sie die Notwendigkeit meiner Maßnahme verstehen werden. Nach den bisherigen Erkenntnissen habe ich diese benannte Einsatzgruppe um einige Mitarbeiter erweitert, um eine reibungslose Arbeit und das Zusammenfügen der erforderlichen Tätigkeitsbereiche zu gewährleisten. Zusätzlich zur Mordkommission unter Leitung des 1. Hauptkommissars Klaus Ullmann habe ich Kommissar Heinz Schlosser, Heinz Müller, Chef der Spurensicherung, und Frau Kesser, Leiterin der Gerichtsmedizin, sowie Torsten Fleischer, Leiter der Sonderermittlung, in diese Aufgabe eingebunden. Sie werden mit sofortiger Wirkung von ihren gegenwärtigen Aufgaben entbunden und sind vom jetzigen Augenblick an nur für die neue Aufgabe, in die ich sie anschließend einweise, zuständig. Sie besitzen mein vollstes Vertrauen und ich bin überzeugt, dass sie die scheußlichen Verbrechen aufklären und den oder die Täter ihrer gerechten Strafe zuführen werden. Selbstverständlich unterliegt diese Aufgabe der höchsten Sicherheitsstufe. Ich werde nun die bisher bekannten Fakten zu den Verbrechen kurz darlegen, alles weitere können sie der ihnen vorliegenden Akte entnehmen.

      1. Getötete Person Ulf Sorge

      2. Getötete Person Detlef Schmidt

      3. Fundort Ulf Sorge Wohnhaus in Röbel

      4. Fundort Detlef Schmidt Wohnhaus in Vipperow

      5. Todesursache in beiden Fällen wahrscheinlich Strangulation

      6. Erkennbare Spuren in beiden Fällen nicht vorhanden

      7. Tatzeitpunkt, wahrscheinlich am Samstag, einige Stunden getrennt.

      8. In beiden Fällen ist davon auszugehen, dass der Fundort der Tatort ist.

      Zu Punkt eins: Ulf Sorge war Anwalt und Inhaber einer Kanzlei, die ihren Sitz in Waren/​Müritz hat. Die Geschäftslage kann, ohne konkrete Sichtung der Unterlagen, als gut eingeschätzt werden. In der Kanzlei angestellt sind zwei weitere Anwälte und zwei Sekretärinnen. Ulf Sorge ist verheiratet und hat mit seiner Frau eine gemeinsame Tochter, die mit ihrem in Mann Australien lebt. Diese Tochter gab von Australien aus die Vermisstenanzeige ihres Vaters auf. Seine Frau hält sich gegenwärtig zur Betreuung ihrer kranken Eltern in deren Haus in Berlin auf.

      Punkt zwei: Detlef Schmidt war Immobilienmakler und besaß einen guten Ruf, obwohl er bei seinen Geschäften kaum zu Zugeständnissen bereit war. Er ist geschieden und hat einen Sohn, der zurzeit an der Ostsee lebt. Sein Sohn gab die Vermisstenanzeige seines Vaters am Samstag auf.

      Die beiden getöteten Personen waren miteinander bekannt und wahrscheinlich befreundet. Die Möglichkeit des Zusammenhanges beider Straftaten ist gegeben, aber nicht bewiesen. Wie bereits erwähnt, finden sie weitere Details zu den Personen und der Geschehnisse, die bisher bekannt sind, in ihren Unterlagen. Als Leiter der Einsatzgruppe ist Hauptkommissar Ullmann eingesetzt und von den Landesdirektionen bestätigt. Sie haben volle Entscheidungsbefugnisse und sind berechtigt, alle erforderlichen Kräfte für ihre Tätigkeit einzusetzen, wobei eine Abstimmung mit den örtlichen Organen ratsam erscheint. Bei Problemen oder notwendigen Entscheidungen, die nach ihrer Ansicht ihre Kompetenz überschreiten, bin ich sofort zu informieren. Ich stehe ihnen jederzeit zur Verfügung und bitte um täglichen Bericht, gegebenenfalls auch öfter. Zur Ausübung ihrer Tätigkeit haben wir für sie im ‚Schloss Klink‘ in der neben dem eigentlichen Schloss errichteten Orangerie die obere Etage reserviert. Aus Sicherheitsgründen ist diese Etage nur für sie zugänglich und wurde am heutigen Vormittag mit einem entsprechenden Sicherheitssystem ausgerichtet. Nähere Auskünfte dazu erhalten sie vor Ort vom Hoteldirektor. Die einzelne Belegung beziehungsweise weitere Nutzung der anderen Räume wird ihnen, in Abstimmung mit der Hoteldirektion, überlassen. Ein Zimmer wird separat für benötigte Computertechnik vorbereitet. Von einer weiteren Vergrößerung der Einsatzgruppe oder dem Einsatz einer Sonderkommission habe ich abgesehen, sollte sich dies jedoch erforderlich machen, bitte ich um Benachrichtigung. Ich wünsche ihnen für die Erfüllung ihrer Aufgabe vollen Erfolg und eine schnelle Ergreifung des oder der Täter“, beendete der Präsident seine Ausführungen. Im Raum herrschte eine beklemmende Stille und die Anwesenden mussten diese Nachricht erst aufnehmen.

      Nach einiger Zeit des Schweigens sagte Ullmann: „Ich würde euch anschließend zu einer ersten kurzen Abstimmung in mein Dienstzimmer bitten.“

      Die Anwesenden nickten und erhoben sich langsam von ihren Stühlen und nickten dem Präsidenten kurz zu und verabschiedeten sich Richtung Mordkommission. Die Hauptkommissare Ullmann und Schlosser gingen gemeinsam zum Dienstzimmer von Ullmann und Schlosser sagte: „Bei dem Anruf heute früh habe ich so etwas geahnt.“

      „Mir ging es ebenso“, erwiderte Ullmann.

      „Kannst du mir erklären, warum es immer uns trifft?“

      „Das scheint unser Los zu sein.“

      „Diesmal muss aber ein gehöriger Sonderurlaub herausspringen“, lächelte Schlosser.

      „Wir müssen alle erst noch zu Hause vorbeifahren.“

      „Du gehst von einem längeren Einsatz aus?“

      „Nach den vorliegenden Fakten bin ich dessen sicher, zumal wir erst zwei Tage nach den Ereignissen vor Ort sind. Am liebsten ist es mir immer, wenn ich den Tatort so schnell als möglich besichtigen kann. Mir liegt viel an dem Aufspüren der Atmosphäre am Tatort nach der Tat, aber wenn die Tat bereits Tage zurückliegt ist davon nichts mehr zu spüren. Ich denke, es wird eine komplizierte Aufgabe.“

      „Dieses Gefühl habe ich auch“, sagte Schlosser und betrat mit seinem Freund dessen Dienstzimmer.

      Seine Mitarbeiter der Mordkommission und die festgelegten weiteren Mitglieder der Gruppe waren bereits im Dienstzimmer von Hauptkommissar Klaus Ullmann versammelt, als er mit Heinz Schlosser den Raum betrat. Er nahm an seinem Schreibtisch Platz und schaute in die Runde.

      „Ihr seid sicher alle, wie ich auch, von unserer neuen Aufgabe überrascht und ich bitte euch diese Aufgabe mit ganzer Hingabe wahrzunehmen. Was wir bis jetzt wissen, ist sehr wenig und bedarf zunächst einer genaueren Durchleuchtung der Tatumstände und der Zeitpunkte der Verbrechen. Aus meiner Sicht und dem jetzigen Erkenntnisstand besteht die Möglichkeit eines Zusammenhanges der beiden Taten. Es ist jetzt 13 Uhr und ich bitte euch die entsprechenden Vorkehrungen für einen längeren Einsatz mit euren Angehörigen abzustimmen und persönliche Dinge einzupacken. Die Zimmeraufteilung und Aufgabenverteilung werde ich

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