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      Benjaporn vom Hofe, ursprünglicher Name Bi Jun, wurde 1957 in Beijing geboren. Nach ihrem Germanistikstudium 1982 war sie als Dozentin an einer Fremdsprachenhochschule in Beijing tätig. Im Jahr 1987 wanderte sie nach Thailand aus und arbeitete seit 1988 am Goethe-Institut in Bangkok. Seit 2001 lebt sie in Deutschland und ist als Sprachdozentin tätig.

      Benjaporn vom Hofe

      MAOS EISERNES MÄDCHEN

       Bewährungsprobe in den Wirren der Kulturrevolution in meiner Pekinger Schule

      Engelsdorfer Verlag

      Leipzig

      2014

      Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

       Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

       detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

      Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig

      Alle Rechte beim Autor

      Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

      ISBN 9783957446664

       www.engelsdorfer-verlag.de

       Für Gerhard

      VORWORT

      Eine Objektivierung meiner Erinnerungen an vergangene außergewöhnliche Zeiten meiner Kindheits- und Jugendjahre war eigentlich nicht vorgesehen, geschweige denn in gegenwärtiger Darstellungsform und als eine Publikation. Vielleicht ist dies aufs Konto meiner Identität als Chinesin zu schreiben, wenn ich bedenklich zögere, mich – anders vielleicht als Deutsche – aufs Problem der Vergangenheitsbewältigung einzulassen und mich mit einem wenig rühmlichen Kapitel chinesischer Geschichte auseinanderzusetzen, obwohl es meine eigene Lebensgeschichte unmittelbar betroffen hat.

      Nicht dass wir Chinesen ohne historisches Bewusstsein leben und das kollektive Gedächtnis der Erinnerung an unsere historische Vergangenheit keine Rolle spielen würde! Doch vorwiegend gilt dies für unsere glorreiche Vergangenheit. Wir beschwören gern Zeiten unserer kulturell bedeutenden Epochen wie die der Tang-, Han- oder Ming-Dynastien. Aber wir scheuen uns in die Zeiten dunkler Vergangenheit zurückzublicken, vor allem in die unserer Gegenwart noch nahe Geschichte mit ihren Irrungen und Wirrungen, die uns noch immer verstört, ratlos macht und viele Fragen unbeantwortet gelassen hat.

      Wir Chinesen haben aus solcher Verlegenheit geradezu eine Strategie entwickelt: statt im Zorn kritisch zurückzublicken, appellieren wir vielmehr für ein mutiges Vorausschauen in die Zukunft. Eine typische chinesische Maxime lautet: »Lass das Vergangene vergangen sein!« Wir wollen eine Wunde, die möglicherweise schon einigermaßen geheilt ist, nicht wieder aufreißen und unnötig Salz darauf streuen. Mit Erinnerungen an die Zeiten und Ereignisse, die unserer Nation einmal viel Schmerzen und Qualen bereitet haben, wollen wir uns möglichst nicht belasten. Wir hoffen auf ein gnädiges Vergessen.

      In dieser Hinsicht glaubte auch ich nicht aus dem Schatten meiner chinesischen Identität herausspringen zu können, wenn ich hauptsächlich darauf sah, nur die schöneren Erlebnisse in meinem Leben im Gedächtnis zu bewahren und die belastenden Erinnerungen an die turbulenten und problematischen Jahre meiner frühen Lebenszeit in die letzte Kammer meines Gehirns zu verdrängen, um sie dort dann noch mit einem Schloss unwiederbringlich zu verschließen. Doch musste ich die Erfahrung der Vergeblichkeit solcher Vorsätze machen. Und davon zeugt mein gegenwärtiger Versuch einer Darstellung meiner Erinnerungsgeschichte an meine Pekinger Kindheits- und Jugendjahre, zu dem mich nicht zuletzt vertraute Bezugspersonen angetrieben haben. Immer wieder habe ich mich, seit ich in Deutschland lebe, den Wünschen von Freunden und Bekannten ausgesetzt gesehen, nähere und vor allem authentische Informationen über die Ereignisse der Chinesischen Kulturrevolution von mir zu erhalten. Diesem verständlichen Bedürfnis hatte ich schließlich nachzukommen, zumal meine Gesprächspartner meist nur unzureichende und viel zu allgemeine Kenntnisse über diese problematische Epoche der chinesischen Geschichte hatten. Auf diese Weise also zu einer persönlichen Erinnerungsgeschichte genötigt, lag der Gedanke an eine schriftliche Form nahe, und in Verbindung damit auch an eine persönliche Rechenschaft. Ein weiteres Motiv dazu lieferte mir in den letzten Jahren die Lektüre kritischer Literatur zum Thema der Kulturrevolution. So ließ ich mich schließlich bereitwillig auf einen eigenen Versuch einer gewissenhaften Erinnerungsgeschichte ein, um eine offenkundige Lücke notdürftig zu schließen und meine Erlebnisse der frühen Kulturrevolutionsjahre, die mich eingestandenermaßen innerlich immer noch belasteten, zu klären und in Worte zu fassen.

      Bisher hatte ich meine mit der jüngsten politischen Geschichte Chinas doch unlösbar verknüpfte Erinnerungsgeschichte lediglich für ein subjektives Problem gehalten: als einen Gegenstandsbereich bloß privater und ausschließlich persönlicher Biographie ohne jeglichen Anspruch auf Objektivität und ein allgemeines Interesse. Inzwischen ist mir klar geworden, dass man im Spiegel meiner persönlichen Erlebnisse dieser von Historikern immer noch unterschiedlich beurteilten Zeit vielleicht doch auch ein wenig mehr erkennen könnte.

      Auch wenn ich den Umstand der belastenden Erinnerungen, die mich gelegentlich bis in die Träume verfolgen, erwähnt habe, so möchte ich doch betonen, an die Möglichkeit einer Selbsttherapie durchs Schreiben und an den Versuch einer Selbstbefreiung von den mich noch immer bewegenden Erinnerungen nie gedacht zu haben. Und gänzlich fern liegt mir der Gedanke, meinem Leben durch die unbestreitbaren Einflüsse der Geschichte der Kulturrevolution eine Dimension des Bedeutenden zu verschaffen. Auch das Motiv eines literarischen Ehrgeizes hat beim Versuch sprachlicher Darstellung meiner Erlebnisse keine Rolle gespielt.

      Mir lag daran, meine Erinnerungsgeschichte in anschaulicher Form und in authentischen Bildern des erlebten Geschehens der Kulturrevolution zu vermitteln.

      So habe ich dem sanften Druck meiner wissbegierigen Freunde bereitwillig nachgegeben und versucht, das schriftlich festzuhalten, was ich damals erleben musste, aber natürlich auch das zur Sprache zu bringen, was mir noch heute rätselhaft und unbegreiflich geblieben ist. Daraus ist ein Bilderbogen merkwürdiger und unglaublicher Erinnerungsgeschichten entstanden, der freilich keinen Anspruch auf historische Objektivität und allgemeine Verbindlichkeit erhebt.

      Der subjektive Aspekt meiner Wahrnehmungen soll nicht geleugnet werden wie auch das Fragmentarische meiner persönlichen Erfahrungen. Der Leser möge keine den Ansprüchen eines Historikers genügende chronikalische Darstellung der Kulturrevolutionsperiode, wie sie sich in Peking begeben, erwarten und stets die unlösbare Verbindung der Zeitverhältnisse mit meiner persönlichen Lebensgeschichte in Rechnung stellen.

      Herzlich danken möchte ich Ruth und Klaus Cremer, Annick Halloin, Gertraud Dücker und Werner Rendel für ihre mich ermutigenden Impulse und Anregungen. Sie alle haben mir als die ersten kritischen Leser hilfreiche Hinweise gegeben und zur Verwirklichung meines mir selber fragwürdigen Unternehmens wesentlich beigetragen.

      Danken möchte ich auch meinem Mann, der mich bei diesem Projekt maßgeblich unterstützt hat und mir bei der sprachlichen Gestaltung eine große Hilfe war.

      INHALT

       Cover

       Titel

       Impressum

       Vorwort

       Ruhe vor dem Sturm

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