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zusammengezogen haben.«

      Albrecht rief Hancz von Crüchern, Eberlin von Mölz und Ottin von Strenznau zu sich, um deren Meinung einzuholen. Nach längerer Beratung hielt man es für das Beste, Jaxa aus der Burg Cöpenick herauszulocken und ihm in offener Feldschlacht gegenüberzutreten.

      »Gut.« Albrecht bedankte sich bei seinen Männern. »Die letzte Entscheidung kann ich aber erst treffen, wenn Ulric von Huysburg aus Cöpenick zurück ist und uns sagen kann, welches Jaxas Pläne sind.«

      Damit saßen sie auf und ritten weiter Richtung Brandenburg. Sie freuten sich schon auf einen kühlen Trunk und ein deftiges Mahl, aber auch ein weiches Lager. Doch als sie am Fuße der Burg angekommen waren, empfing sie kein Jubel, sondern ein Hagel von Pfeilen, und oben auf dem Wall erschien der Sprewanenfürst.

      »Albrecht, geh nach Braunschweig und werde Vasall Heinrichs des Löwen«, höhnte er. »Die Nordmark gehört nun mir.«

      Ulric von Huysburg ritt an der Seite Mertin von Frecklebens in Richtung der Brandenburg. Er war zufrieden, dass er seine Mission glücklich zu Ende gebracht hatte. Seine Gedanken waren bei Miluša. In Gefahr sah er sie nicht. Wenn die Askanier die Burg Cöpenick stürmten, war sie mit ihrem Vater längst weitergezogen.

      Bogdan-Otto saß noch immer hinter ihm auf dem Pferd und fühlte sich zunehmend unwohler. »Wenn uns ansehen Leute von Burrrg, sie werrrden sich lachen aus überrr mirrr, möcht ich lieberrr ab von Pferrrd.«

      Ulric schmunzelte. »Gut.« Er zügelte sein Pferd, damit sein Knappe abspringen konnte, und ritt dann so langsam weiter, dass Bogdan-Otto ihnen nicht hinterherhecheln musste.

      »Wir haben es ja gleich geschafft«, sagte Mertin von Freckleben.

      »Was gibt’s denn Neues bei euch?«, fragte Ulric. »Was macht zum Beispiel der wackere Lynhardt von Schleibnitz?«

      »Der? Der ist mit seiner Adelhayt in sein Dorf zurückgekehrt, weil … seine Bauern da nicht richtig parieren wollen.«

      Ulric grinste. »Und weil er da nicht fürchten muss, dass Adelhayt andauernd in Versuchung gerät.«

      »Ach ja …« Mertin von Freckleben stöhnte genüsslich.

      »Und was macht mein alter Freund Hayntz von Helsungen?«, wollte Ulric weiter wissen.

      Mertin von Freckleben lachte. »Der? Der genießt die letzten Stunden seines Lebens.«

      Ulric stutzte. »Wieso denn das, ist er krank?«

      »Krank … äh … Ja, ja, der Schlagfluss hat ihn erwischt.«

      Ulric fand das verwunderlich, denn Hayntz von Helsungen war für ihn stets ein Ausbund an Lebenskraft gewesen und hatte nie kränklich gewirkt. Merkwürdig also … Aber es kam ja immer wieder vor, dass Eichen mit einem herrlichen Stamm innen hohl waren.

      Sie ritten weiter. Als die ersten Hütten Brandenburgs schon in Sichtweite waren, kam ihnen ein Mann entgegen, der sie freundlich grüßte.

      Mertin von Freckleben winkte zurück. »Wie geht es dir, Bohuměr?«

      Ulric schloss für einen Moment die Augen, um besser nachdenken zu können und ein ganz bestimmtes Bild vor sich zu haben: Wo hatte er den Namen Bohuměr schon einmal gehört? Wo hatte er diesen Mann mit der Hasenscharte schon einmal gesehen? Plötzlich war es ihm klar: Er war ihm auf der Burg Cöpenick begegnet, als er in seiner Rolle als Obotrite über die Brücke gekommen war und die Posten ihn aufgehalten hatten. Es begann in ihm zu arbeiten: Wie kam dieser Bohuměr nach Brandenburg? Und wie konnte es sein, dass Mertin von Freckleben ihn freundschaftlich begrüßte? Darauf gab es logischerweise nur eine Antwort: Jaxa hatte die Brandenburg schon in Besitz genommen, und Mertin von Freckleben war zu ihm übergelaufen. Und nun war er im Begriff, ihn, den askanischen Ritter Ulric von Huysburg, in die Falle zu locken.

      Was tun? Ulric überlegte. Hatten sie erst einmal die Burg erreicht, waren er und sein Knappe verloren. Also musste er die Entscheidung vorher fällen. Doch wie? Bogdan-Otto und er verfügten über keinerlei Waffen, und beim Kampf Mann gegen Mann waren sie unterlegen. War es Selbstmord, mit bloßen Händen gegen drei Männer anzutreten, die Schwerter und Lanzen zur Verfügung hatten?

      »Geht’s nicht etwas schneller?«, rief Mertin von Freckleben. Er schien Verdacht geschöpft zu haben.

      Ulric von Huysburg musste handeln.

      Fünf

      Albrecht der Bär, der Graf der Nordmark, lagerte mit seiner Schar auf dem westlichen Zipfel der Dominsel. Für ihn, seinen Sohn Otto und die Ritter waren Zelte aufgeschlagen worden, das gemeine Fußvolk hatte sich Hütten aus Ästen, Stroh und Buschwerk gebaut. Man hatte die Burg unmittelbar vor sich, war aber vor den Pfeilen und Lanzen Jaxas sicher, denn so weit trugen diese Waffen nicht. Andererseits war es unmöglich, die Brandenburg zu stürmen, obwohl sie keine hohen steinernen Mauern aufwies wie etwa die Festungen in Italien oder Palästina, sondern nichts anderes war als eine Ringwallanlage aus mächtigen Palisaden und einigen Gebäuden aus Holz und Lehm in ihrer Mitte. Albrecht lief mit seinen Getreuen in sicherer Entfernung um die Burg herum und suchte nach Möglichkeiten, Jaxa beizukommen.

      »Die Naturgesetze sind gegen uns«, klagte Eberlin von Mölz. »Wer etwas von oben nach unten wirft, ist immer im Vorteil gegenüber dem, der etwas von unten nach oben werfen muss. Sie können uns zum Beispiel heißes Öl auf die Köpfe kippen, wenn wir zum Sturm ansetzen.«

      »Es bleibt uns nur, sie auszuhungern«, schlug Ottin von Strenznau vor und verwies auf König Heinrich I., der im strengen Winter 928/​29 die Brandenburg durch Aushungern erobert hatte.

      Otto schüttelte den Kopf. »Das geht nicht, wir haben erst Anfang Juni, und bis es Winter wird, können wir hier nicht ausharren, dazu fehlen uns die Mittel. Und wenn wir alle unsere Kräfte hier an der Brandenburg binden, wird Heinrich der Löwe das ausnutzen und uns das wegnehmen, was wir schon lange haben.«

      Sein Vater gab ihm recht. »So ist es, innerhalb der nächsten drei Wochen muss hier an der Havel die Entscheidung gefallen sein.«

      »Aber wie sollen wir Jaxa besiegen?«, stellte Hancz von Crüchern die entscheidende Frage. »Ich sehe keine Möglichkeit, die Burg zu stürmen, ohne so viele Männer zu verlieren, dass es ein Pyrrhussieg wird.«

      »Ein was?«, fragte Ottin von Strenznau.

      »Ein Sieg, bei dem wir letztendlich die Verlierer sind, denn er wird uns so viele Männer kosten, dass wir zu schwach sind, den Feinden standzuhalten, von denen wir ringsum umgeben sind. Der Ausdruck geht auf König Pyrrhus von Epirus zurück, der 279 vor Christus in der Schlacht bei Asculum die Römer geschlagen hat und nachher ausgerufen haben soll: Noch so ein Sieg, und wir sind verloren! Nun, die Geschichte wiederholt sich zwar nie, aber …«

      Weiter kam er nicht, denn drüben am anderen Ufer der Havel wurden Rufe laut, und zwei Männer winkten herüber.

      »Hier steht Ulric von Huysburg mit seinem Knappen und einem Gefangenen, einem Verräter! Kommt, und holt uns mit Booten und Flößen zu euch ins Lager!«

      Eine halbe Stunde später saß Ulric von Huysburg dem Fürsten der Nordmark gegenüber und erstattete Albrecht Bericht über das, was er in Cöpenick und auf seinem Ritt zur Brandenburg erlebt hatte.

      »Bei der Begegnung mit Mertin von Freckleben sind mir dann einige Ungereimtheiten aufgefallen«, schloss er. »Und mir ist es plötzlich wie Schuppen von den Augen gefallen: Jaxa musste die Burg erobert haben und er zu ihm übergelaufen sein. Als ich ihn zur Rede stellte, ist es zum Kampf gekommen. Bogdan-Otto hat seine Knappen in die Flucht geschlagen, und ich habe ihn selbst überwältigen können.«

      Mertin von Freckleben wurde verhört und bestätigte, was Ulric vermutet hatte. Um sein Leben zu retten, plauderte er alles aus, was er über Jaxa, die Sprewanen und die Polen wusste, auch, dass Hayntz von Helsungen Widerstand geleistet hatte, nun im Verlies steckte und irgendwann geköpft werden sollte.

      »Schafft mir diesen Mann aus den Augen!«,

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