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Mensch und Tier«. Es waren auch Berichte über Menschen dabei, die mit ihren Hunden Seniorenheime und Schulen besuchten, alte Menschen glücklich machten und Kinder mit ihren Tieren aufmunterten. Die Rolle der Tiere bei der Genesung von Menschen und der Verbesserung ihrer Lebensqualität war ein durchgehendes Thema. Die Delta Society hatte das Motto »Tiere, die Menschen helfen, und Menschen, die Tieren helfen«. Das Hauptanliegen von Therapy Dogs International war, »Trost und Gesellschaft zu schenken, indem der Hund mit Patienten in Krankenhäusern, Pflegeheimen und weiteren Institutionen geteilt wird ...«.

      Die Mission einer anderen Therapiehundeorganisation namens The Good Dog Foundation war, »professionell ausgebildete und angeleitete Mensch-Tier-Teams einzusetzen ... um den Heilungsprozess von Menschen zu fördern und ihre Lebensqualität zu verbessern«. Ihr Motto lautete »Weil gute Hunde eine gute Medizin sind«. Doch die Worte, die mich wachrüttelten, standen auf der Webseite von Delta: »Menschen mit psychischen Krankheiten oder geringem Selbstwert konzentrieren sich auf sich selbst; Tiere können ihnen helfen, sich stattdessen auf ihre Umwelt zu konzentrieren. Statt über sich selbst und ihre eigenen Probleme nachzudenken und zu reden, beobachten sie die Tiere und reden mit ihnen und über sie.«

      »Das sagt doch eigentlich alles, oder?«, fragte ich Nancy. »Vielleicht sind die Ärzte doch nicht so blöd.« Aber nur weil ich jetzt herausgefunden hatte, was sie mit mir im Sinn hatten, bedeutete das noch lange nicht, dass es mir auch gefallen musste. Trotzig und stur zu sein, Nancy zu quälen und meinen Selbstmord zu planen war schließlich anstrengend genug. Ein Hund würde die Sache nur komplizieren.

      Doch meine Frau machte schon konkrete Pläne. Wie in den meisten Geschichten über kleine Jungs und ihre Hunde war ihr klar, dass die meisten Pflichten wie das Füttern, Waschen und Spazierengehen wahrscheinlich an ihr hängen bleiben würden. »Ich glaube, wir sollten uns einen zweiten Golden Retriever zulegen«, schlug sie vor. »Dann hat Abbey auch einen Spielkameraden.«

      »Die Sache ist noch längst nicht entschieden«, widersprach ich. »Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich einen zweiten Hund will. Ich will nur herausfinden, was sich die Ärzte davon erhoffen.«

      Genau wie Dr. Attar ignorierte auch Nancy mich. »Und ich finde, wir sollten uns einen geretteten Hund zulegen«, fügte sie hinzu.

      Einen geretteten Hund?, dachte ich. Und der soll mich retten?

      Wir waren seit ungefähr einem Jahr Mitglieder des Greater Houston Golden Retriever Club (GHGRC). Wir waren gleich nach unserem Umzug dem Hundeverband beigetreten, weil wir gedacht hatten, wir würden dort Leute kennen lernen, die unser Interesse an der Hunderasse teilten, oder dort »Freunde« für Abbey finden. Aber wie wir festgestellt hatten, lag der Schwerpunkt des Clubs auf Hundeausstellungen und Geländeveranstaltungen, und seine Mitglieder schienen kein großes Interesse an uns oder unserem Hund zu haben. Doch die Rettungsaktivitäten des Verbands interessierten uns. Es gibt auf dieser Welt sehr viele Golden Retriever, und oft enden sie aus den verschiedensten Gründen in Tierheimen: Weil ihre Besitzer umziehen oder sich scheiden lassen, weil ihr Lebensstil sich ändert und sie nicht mehr genug Zeit für den Hund haben oder weil sie den Hund nicht erziehen können, weil er schlecht behandelt wird oder er einfach nicht in ihr gegenwärtiges Umfeld passt.

      In unserer Wegwerfgesellschaft ist es leider gängig, dass Menschen ihren Hund im örtlichen Tierheim entsorgen, um die Belastung los zu sein. In den meisten amerikanischen Tierasylen sind natürlich die Chancen groß, dass der Hund am Ende eingeschläfert wird. Es gibt einfach nicht genug Asyle. Viele Rassehundeverbände haben daher die Initiative ergriffen, die Verantwortung für ihre Hunderasse zu übernehmen. Wenn ein Hund ihrer Rasse in einem der örtlichen Tierasyle auftaucht, ausgesetzt oder misshandelt wird, wird er von den Mitgliedern des Verbands »gerettet«. Der Verband versucht dann, ein neues Zuhause für den Hund zu finden. Da es so viele Golden Retriever gibt, hatte der GHGRC eine Menge zu tun. Und weil wir uns nichts aus Hundeshows oder Geländewettbewerben machten, beteiligten wir (vor allem natürlich Nancy) uns ein bisschen an den Rettungsaktivitäten des Clubs und nahmen auch ein paar der Hunde bei uns auf, bis sie weiter vermittelt werden konnten.

      »Komm, lass uns Karen Costello anrufen«, schlug Nancy vor. Ich wollte Einspruch erheben, doch sie war schon am Wählen.

      Karen war die Leiterin der Rettungsabteilung des Hundeverbands. Ich hörte am anderen Apparat mit, da ich hoffte, Karen könnte uns etwas mehr über Therapiehunde sagen. Meine Frau erklärte Karen, dass meine Ärzte vorgeschlagen hätten, wir sollten uns einen Therapiehund anschaffen, und dass wir gerne einen geretteten Golden Retriever finden würden, der uns helfen könnte.

      Karen kannte sich ein wenig mit Therapiehunden aus und konnte ein paar Lücken in unserem Wissen auffüllen. Wie sie uns sagte, werden Therapiehunde individuell von ihren Haltern ausgebildet. Der Trainingsprozess hängt davon ab, wofür der Hund eingesetzt werden soll. Karen kannte auch die Delta Society und schlug vor, wir sollten uns näher informieren, welche Ratschläge und Unterlagen sie zu dem Thema zu bieten hatte. Doch dann sagte sie auch, dass sie vielleicht schon einen Kandidaten für uns hätte.

      »Ich will euch mehr über einen Hund namens Dakota erzählen.«

      Kapitel Zwei

      Genau wie ich

      Wie kann ein Hund in der glühenden texanischen Hitze an einer Kette im Garten seines Besitzers enden? Hat er vielleicht einen Schuh angenagt oder ein Federkissen zerfetzt? War ihm etwa ein Malheur auf einem teuren neuen Teppich passiert? Oder war er plötzlich einfach zu teuer geworden? Was machte ihn von einem glücklichen, treuen, schwanzwedelnden Familienmitglied zu einem lästigen Nachgedanken?

      Ich persönlich werde es nie begreifen, doch genau in so einer Lage fand Karen Costello den jungen rotgoldenen Hund an einem Frühlingstag im Jahr 1994 in Houston. Er war abgemagert und in schlechtem Zustand, und er sah aus, als wäre er schon eine ganze Weile ziemlich vernachlässigt worden.

      Karen erfuhr durch einen Anruf von dem Hund. Die Anruferin behauptete, der Hund würde ihr nicht gehören und sie wüsste auch nicht, wem er gehörte, doch sie wollte ihn aus ihrem Garten weg haben. Wenn Karen ihn nicht abholen würde, dann müsste sie ihn einschläfern lassen. Es war die klassische »Rettungsgeschichte«, die Karen und andere schon so oft gehört haben - Leute, die jede Verantwortung ablehnten, waren plötzlich nicht mehr die Besitzer des Hundes; sie wussten auch nicht, wem der Hund gehörte, aber sie wollten angeblich nur helfen. Karen war schon lange genug in der Rettungsarbeit tätig, um zu wissen, dass sie oft Geschichten aufgetischt bekam, die nicht hundertprozentig den Tatsachen entsprachen. Auch wenn sie nicht überprüfen konnte, was stimmte und was nicht - ihre Aufgabe war es, den Hund zu retten und nicht, die Leute zu verurteilen.

      Die Rettung eines Hundes muss nicht unbedingt das Happy End einer traurigen Geschichte sein. Manchmal können Hunde aus gesundheitlichen Gründen oder wegen ihres unverträglichen Temperaments nicht mehr gerettet werden. Karen befürchtete, der Hund vor ihr an der Kette könnte auf ein unglückliches Ende zusteuern. Von denen hatte sie über die Jahre genug erlebt. Da draußen waren so viele Hunde, die gerettet werden könnten - aber sie hatte nicht immer die Zeit oder Kraft dazu, und der Verband hatte auch nicht immer das Geld, um jedes Hundeschicksal zum Guten zu wenden.

      Doch als Karen sich dem Hund näherte, erkannte sie etwas in seiner Haltung und seinen Augen. Sie betete im Stillen: »Lieber Gott, bitte hilf mir, hier ein gutes Ende zu erreichen, bei dem alle glücklich werden.« Es war Karen wichtig, jedem geretteten Hund einen neuen Namen zu geben, der symbolisch für einen neuen Anfang stand. Für diesen jungen Hund hatte sie schon einen.

      »Komm, Dakota, lass uns von hier verschwinden«, sagte sie sanft, während sie ihm die Kette abmachte und ihn auf den Arm nahm. Dakota ist das indianische Wort für »Freund«, und der Hund, der jetzt so hieß, wedelte mit dem Schwanz. Karen lächelte. Wenn es darum ging, einen Golden Retriever zu retten, freute sie sich oft schon über kleine Siege.

      Sie setzte Dakota in eine Hundebox, die sie hinten ins Auto stellte, und fuhr mit ihm zu ihrem Tierarzt. Wie sich herausstellte, hatte Dakota einen Herzwurm, der sich durch Mücken ausbreitet. Mücken haben Parasiten, die Dirofilaria Immitis genannt werden und die Arterien und Herzkammern von Hunden befallen. Wenn

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