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das Wort Wolkengarten entziffern.

      Was hatte das zu bedeuten? Was war ein Wolkengarten? Wer hatte den Schlüssel verloren und welche Tür würde er wohl öffnen?

      Als ich ihn so fragend betrachtete, begann es wieder hinter mir zu flüstern: „Komm und folge mir.“

      „Wer bist du?“, fragte ich und drehte mich um mich selbst. Doch ich konnte auch dieses Mal niemanden entdecken.

      „Ich bin die Hüterin des Wolkengartens. Komm mit mir. Ich möchte dich dorthin führen.“

      Eine unsichtbare Gestalt ergriff meine Hand und zog mich sanft mit sich.

      Die Hüterin des Wolkengartens! Ich hatte schon von Elfen, Feen und Blumenköniginnen gehört, aber eine Hüterin des Wolkengartens kannte ich nicht.

      Wir verließen den Hauptweg, überquerten eine kleine, hölzerne Brücke und gelangten schließlich zu den Geheimen Gärten.

      Sieben Gärten verbargen sich hinter hohen Hecken und altem Gemäuer und konnten nur durch schwere, hölzerne Tore betreten werden. Über jedem Tor war auf einer Steintafel eine Inschrift eingraviert.

      Auf einer Tafel las ich Glücksgarten, auf einer anderen stand Garten der Wahrheit und wieder auf einer anderen Garten der Tränen.

      Die Hüterin zog mich weiter zu einer alten, von Efeu und rosa blühender Clematis überwachsenen Steinmauer.

      Ich sah eine schwere Holztür mit einem silbernen Schloss. Darüber stand in silbernen Lettern Wolkengarten geschrieben.

      Das Stimmchen forderte mich nun auf, den Schlüssel in das Schlüsselloch zu stecken. Ich tat, wie mir geheißen, steckte ihn in das Loch, drehte ihn herum und die Tür sprang mit einem lauten Quietschen auf.

      Neugierig trat ich ein und sah mich um. Ein wenig enttäuscht stellte ich fest, dass es nicht viel zu bewundern gab. Er war nicht so wie andere, üppig blühende Gärten. Keine Blumen, keine Bäume und Sträucher, nur sich leise im lauen Wind wiegende hellgrüne und rote Gräser. Sonst nichts.

      Fragend blieb ich auf dem weiß gekiesten Weg stehen. „Und nun?“

      „Setz dich auf die Bank und betrachte“, sagte das leise Stimmchen hinter mir.

      Ich blickte mich um und entdeckte eine kleine, blaue Holzbank.

      Ich nahm Platz und sah dem sanften Wiegen der Gräser zu. Der innige Gesang einer Amsel drang an mein Ohr, der Wind streichelte sanft mein Gesicht und mit einem Mal überkam mich eine große Ruhe und Gelassenheit.

      Nun hörte ich wieder die leise Stimme.

      „Sieh nach oben“, forderte sie mich auf.

      Ich legte den Kopf in den Nacken und schaute in den Himmel.

      Ich sah viele Schäfchenwolken ziehen. Sie leuchteten weiß, rosarot, violett und segelten mit Leichtigkeit über die Weite des Himmels. Über den Bergen formierten sich graue, hochaufgetürmte, mächtige Wolkengebilde, die rasch den freien Raum für sich in Anspruch nahmen. Als ich sie genauer betrachtete, konnte ich in ihnen pausbackige Kobolde und Tiergesichter erkennen. Eine Wolke sah aus wie eine dicke, schlafende Frau, eine andere baute sich zu einem weißen Schloss mit Türmchen und Zinnen auf.

      Der Himmel malte geheimnisvolle Wolkenbilder.

      Es war faszinierend, ihnen zuzusehen.

      Bewundernd und voller Freude betrachtete ich diese feinen Traumgebilde und spürte, wie die Sorgen und Nöte mein Herz verließen und in den Himmel flogen. Die Wolken nahmen sie auf und trugen sie mit sich in die unendliche, blaue Weite.

      Je länger ich nach oben blickte, desto freier und leichter wurde meine Seele.

      Ich schloss die Augen und gab mich dem neuen inneren Frieden hin.

      Als ich sie nach einer Weile wieder öffnete, waren die Wolken verschwunden und die Sonne schien heiß in mein Gesicht.

      Es wurde Zeit, den Garten zu verlassen.

      Voller Dankbarkeit stand ich auf und trat hinaus auf den Weg.

      Die Tür fiel hinter mir ins Schloss.

      Der silberne Schlüssel aber war plötzlich verschwunden.

      Die Hüterin des Wolkengartens hatte ihn mitgenommen.

      Jedem steht die Tür zum Wolkengarten offen. Die Hüterin wird sie gerne aufschließen, denn sie freut sich über jeden Besucher, der seine Sorgen und Nöte hinter sich lassen möchte.

      Sollten die Sorgen meine Seele mal wieder zu sehr bedrängen, werde ich den Wolkengarten aufsuchen. Das habe ich mir fest vorgenommen.

      Firlefanz

      Firlefanz, ein Glitzertanz von Talmi und Klimbim.

      Ein Sirren und Flirren.

      Glitter und Flitter.

      Venedig im Glanz auf des Karnevals Tanz.

      Firlefanz und Trallala,

      Brimborium und Trivia,

      Nippes, Schwippes und so weiter

      machen unser Leben heiter.

      Firlefanz, ich muss es sagen,

      liebe ich an allen Tagen!

      Kinkerlitzchen groß und klein

      bereiten mir ein leichtes Sein.

      Firlefanz, mein Lieblingswort,

      trage ich an diesen Ort,

      dass es flittrig, glitzernd schwebe

      und uns aus dem Alltag hebe.

      Das Mädchen mit dem Kaleidoskop

      Es war einmal eine große, graue Stadt, die aus vielen schmalen Gassen und langen Straßen bestand. Die Häuser standen eng und hoch nebeneinander und machten es der Sonne schwer, ihr Licht und ihre Wärme zu verschenken.

      So gab es hier keine Bäume und die wenigen Blumen, die am Straßenrand wuchsen, waren mickrige Wesen mit geringer Strahlkraft.

      Die Menschen, die in dieser Stadt lebten, verließen des Morgens das Haus und eilten geduckt, die Köpfe zwischen hochgezogenen Schultern und aufgestellten Mantelkragen versteckt, zur Arbeit in die große Fabrik. Abends geschah dasselbe, nur in die andere Richtung. Selten bemerkte man ein Lächeln oder hörte ein lustiges Grüßen.

      Die Fabrik hatte die Freude und die Lebendigkeit der Menschen mit ihrem Ruß dunkelgrau übermalt.

      Doch eines Tages geschah etwas Außergewöhnliches, etwas, das die Menschen aus ihrem Alltagstrott aufrütteln sollte!

      Ein kleines Mädchen zog in eine der dunklen Gassen. Seine Eltern hatten hier endlich Arbeit gefunden. Während nun Vater und Mutter jeden Morgen in die Fabrik eilten, war das Kind auf sich allein gestellt. Da es sich zuhause langweilte, lief es durch die Straßen und erkundete die neue Umgebung.

      Das kleine Sonnenkind bemerkte sehr schnell, dass hier die Liebe und die Leichtigkeit unter den Menschen verloren gegangen waren. Es spürte ihre Traurigkeit und nahm sich vor, dieser Stadt wieder Freude zu bringen.

      So ging es nun jeden Tag durch die dunklen Gassen und sang mit seiner hellen und reinen Stimme Lieder von der Liebe, vom Blühen der Bäume und vom Rauschen der Bäche.

      Die Menschen reagierten sehr verschieden auf diese neuen Töne.

      Einige waren irritiert, andere bekamen regelrecht Angst und schlugen schnell ihre Fenster zu. Sie versuchten, das Kind zu vertreiben und warfen sogar mit Steinen nach ihm.

      Doch das kleine Mädchen ließ sich nicht beirren. Es sang mit solch einer Liebe und Innigkeit, dass sich die Herzen

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