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rief beim Reisebüro an. Wir hatten Glück!

      Der Mitarbeiter hatte noch zwei freie Plätze für den Hin- und Rückflug und zwar genau in der Woche, in der mein Mann noch Urlaub hatte. Ich reservierte sie sofort.

      Aus unserer Träumerei am Frühstückstisch war plötzlich Wirklichkeit geworden.

      Kaum hatte ich das Telefonat beendet, kamen wir ins hektische Tun: Hund und Kaninchen mussten zur Ferienpflege in die nahe Schweiz gebracht werden. Die Nachbarn wurden gebeten, die Pflanzen zu gießen, wir mussten auf die Sparkasse, Flugtickets im Reisebüro abholen und so weiter.

      Da unsere Reise am nächsten Morgen um fünf Uhr in der Frühe begann, verbrachten wir den Abend ruhig und voller Vorfreude zuhause.

      Nach dreistündigem Flug war ich endlich wieder auf der Insel Korfu.

      Ich fühlte mich sofort wieder daheim, trotz der sechzehn Jahre, die seit meinem letzten Besuch vergangen waren. Auf den ersten Blick hatte sich fast nichts verändert. Der unverkennbare Geruch von Thymian, Oregano und Minze stieg mir in die Nase, das Meer glitzerte in der Sonne und die Wärme hüllte mich ein. Ich fühlte mich glücklich.

      Wir wohnten in einem typisch griechischen Häuschen mit verwitterten, blauen Fensterläden und blau gestrichener Holztür. In dem kleinen Garten wuchsen Geranien in alten Tontöpfen, blühten Kakteen in kleinen, verrosteten Ölfässchen und ein schief gewachsener Feigenbaum lehnte an der Hausmauer. Unter seinem Schattendach nahmen wir an einem wackeligen Holztisch unsere Mahlzeiten ein. Es war einfach wunderschön.

      Der erste Tag war ausgefüllt mit Wiederentdecken von Altem und Kennenlernen von Neuem, denn natürlich hatte sich auf der Insel einiges verändert. Die alten Freunde jedoch waren dieselben geblieben. Älter zwar, nicht mehr in der Jugend von damals, doch ohne Fremdheit.

      Voller Freude und Gastfreundschaft wurden wir wieder von der Familie aufgenommen. Die Mama grillte auf einem alten Grill frischen Fisch, den wir mit Weißbrot und griechischem Landwein genossen.

      Haus und Garten hatten sich auch nicht verändert, sogar der alte Holztisch mit der bunten Plastikdecke war noch derselbe. Die Zeit schien hier stehengeblieben zu sein.

      In den darauffolgenden Tagen eroberten wir die Insel:

      Wir besuchten das Schloss der Kaiserin Sissi, verweilten in einem alten Kloster, bestaunten dort die Ikonen, beteten in der kleinen Kapelle im matten Licht der glänzenden, kunstvoll verzierten Öllampen und erfreuten uns an der üppigen Blumenpracht des Klostergartens.

      Mit einem kleinen Schiff fuhren wir zu den Nachbarinseln Paxos und Antipaxos und badeten dort im türkisfarbenen Meer. Wir trafen Freunde und lagen faul, die Sonne und das Meer genießend, am Strand.

      Es waren schöne und erfüllte Tage und doch fehlte mir die Magie, das besondere Erleben aus meiner Jugendzeit. Mir war bewusst, dass ich die Zeit nicht zurückdrehen konnte und doch, ein wenig davon wollte ich zurückbekommen.

      Und meine geliebte Insel enttäuschte mich nicht!

      Sie zeigte uns ihr wahres Gesicht an einem Abend, der mir und meinem Mann bis heute unvergesslich geblieben ist. Bouzoukispieler kamen in die Taverne, dazu Sirtakitänzer.

      Eine warme Nacht unter einem weiten Sternenhimmel, leises Rauschen und Plätschern des Meeres und dazu die Klänge der Bouzouki.

      Mal klagend, melancholisch, dann wieder freudig klingend, mitreißend im Tempo. Sie trug uns in die höchsten Höhen. Sehnsucht, Traurigkeit, Freude und Glück, alles lag an diesem Abend so nahe beieinander. Die Musiker entführten uns in die Sphären der Klänge. Sie offenbarten uns die wahre, griechische Seele.

      Noch heute klingt diese Musik in meinem Herzen und ich spüre die darin enthaltene Sehnsucht.

      Meinem Mann musste ich nach diesem Erlebnis meine Liebe zu Griechenland nicht mehr erklären. Er hatte sie selbst erfahren dürfen.

      Am letzten Abend machte uns die Insel ein ganz besonderes Geschenk.

      Das Abendessen in unserer Lieblingstaverne und der Abschied von den Freunden lagen bereits hinter uns.

      Wir unternahmen einen letzten Spaziergang in das Nachbardorf. Unser Weg führte uns erst am Strand entlang, dann mussten wir einen kleinen Weg passieren, der zwischen Häusern und Gärten entlangführte.

      Wir kamen zu einer Wiese, auf der ein kleines, halbverfallenes Haus stand. An seiner Vorderseite lehnte ein krumm gewachsener Feigenbaum.

      Irgendetwas zog unsere Aufmerksamkeit an und so blieben wir vor den Resten eines alten Holzzaunes stehen. Wir kannten das Haus, waren einige Male bei Sonnenschein daran vorbeigegangen, doch heute erschien es uns geheimnisvoll. Etwas Magisches lag in der warmen Dunkelheit.

      Mit einem Mal umkreisten uns viele kleine Leuchtkäfer. Kleine, schwirrende Lichtchen in der Nachtdunkelheit. Plötzlich unterbrachen sie ihren Flug, blieben leuchtend, in einigem Abstand zu uns in der Luft stehen und beobachteten uns. Gegenseitiges Staunen!

      Wir trauten uns kaum zu atmen, aus Angst, sie durch irgendein Geräusch oder durch eine Bewegung zu erschrecken, und damit zu vertreiben. Es war ein geheimnisvolles Bild.

      Kurz darauf löste sich ein Käfer aus der Gruppe, kam auf uns zugeflogen und blieb in geringem Abstand vor uns in der Luft stehen. Ein kleines zitterndes Licht.

      Ein flüchtiger Moment der Begegnung und der Zusammengehörigkeit. Wir Menschen als Teil dieser geheimnisvollen Schöpfung.

      Ich kann mit Worten kaum beschreiben, wie es uns um das Herz war. Freude, Rührung und Verbundenheit mit diesen Wesen. Es war einfach wunderschön.

      Dann kehrte dieser einzelne Käfer wieder zu seinen Gefährten zurück. Alle zusammen flogen in unsere Richtung, blieben noch einmal einen kurzen Augenblick in der Luft stehen, um anschließend in der Dunkelheit zu verschwinden.

      Wir blieben zurück, noch ganz im Banne des Erlebten, starrten ihnen nach, hofften auf ihr Zurückkommen wohl wissend, dass dieses Erlebnis einmalig war.

      Ein Geschenk.

      Wir sind sehr dankbar, dass wir so etwas Schönes erleben durften und die Erinnerung daran, berührt heute noch unsere Herzen.

      Erfüllt kehrten wir in unser griechisches Häuschen zurück und ließen den Abend in der Geborgenheit des kleinen Gartens bei einem Glas griechischem Landwein ausklingen.

      Am nächsten Tag verließen wir die Insel.

      Allerdings war unser Abschiedsschmerz nicht allzu groß, denn wir hatten uns vorgenommen, nächstes Jahr unseren Urlaub wieder hier zu verbringen.

      Die schönsten und wertvollsten Souvenirs, die wir nach Hause brachten, waren die Erinnerungen an die Sirtaki Nacht und an die Begegnung mit den Leuchtkäfern.

      Sie sind darum so kostbar, weil sie nicht im Laden gekauft werden können.

      Diese Erlebnisse sind Geschenke, die wir erhalten, wenn wir unsere Seele für die zarten, feinen Schwingungen öffnen.

      Der Wolkengarten

      Einst schlenderte ich, in dunklen Gedanken versunken, über die Insel Mainau.

      Ich wusste, dass ich mich in einem kleinen Paradies befand, doch mein Blick hatte sich auf den Weg gesenkt und so sah ich die Schönheit der Blumen, das Blühen der Sträucher und die majestätischen, alten Bäume nicht. Sorgen und Traurigkeit hatten mein Herz in dunkle Tücher gehüllt. Nichts Schönes und Leichtes konnte die Tür meiner Seele öffnen, auch nicht das fröhliche Singen der Vögel.

      Grübelnd wandelte ich über die Insel und wäre beinahe über etwas Funkelndes gestolpert, das direkt vor meinen Füßen lag.

      Achtlos wollte ich mit einem großen Schritt darüber hinwegsteigen, als mich ein leises Stimmchen aufforderte, das Silberding aufzuheben. Erstaunt blickte ich mich um. Es war niemand zu sehen.

      Ich bückte mich und sah, dass es sich um einen großen, silbernen Schlüssel handelte. Ich hob ihn

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