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Schloß, und die Bilder versickerten in meinem Hirn. Ich fühlte ein schwereloses Fallen, und gleichzeitig nahm ich ein anderes unglaubliches Phänomen wahr. Mein Körper saß am Tisch, meine Hand kritzelte wie wild meine Gedanken auf ein Stück Papier, die mir durch den Kopf blitzten, und doch schien ich gleichzeitig an anderen Orten zu sein. Ich stürzte durch einen langen Korridor, an dessen Ende sich eine Tür befand, und vor mir öffnete sich der Raum. Mein Ebenbild stand vor mir und schaute mich an. Seine Augen leuchteten wie zwei blitzende Perlen am Himmel, und in der Tiefe seines Blicks glühte mein eigenes Gesicht. Langsam wurden meine Augen unscharf, und er verschwand. Ich sah direkt in die Krone des Schöpferbaumes. Nur der Wind, die Vögel und das Knarren der alter Zeder waren zu hören. Ganz langsam löste ich mich auf, und genauso langsam öffnete sich eine Glaskuppel, die aussah wie eine Hirnschale. Ich glitt in sie hinein und fühlte, wie sich in meinen Gedanken eine Vorstellung formte, die sich in der räumlichen Sphäre manifestierte. «Komm mit!» hörte ich hinter mir eine vertraute Stimme. Akron war von hinten auf mich zugekommen und legte mir seine Hand auf die Schulter: «Ich führe dich zur Tür!»

      Ich öffnete die Augen. «Wo ist der Kerl?» fragte ich vorsichtig.

      «Du weißt, wo er ist», entgegnete er sanft. «Er wartet auf dich – hinter der Tür!»

      Dann gingen wir hinein.

      Sonne in Widder

       Hölle

      Die Hölle der maskulinen Aggression und der ewigen Flucht nach vorn

       Sünder

      Triebhafte Aggressoren, unüberlegte Hitzköpfe, primitive Draufgänger, rücksichtslose Egoisten sowie Feiglinge, schwache Männer und aggressionsgehemmte Verdränger (Sex- und Muskelprotze)

       Disposition

      Der Schattenbereich von Sonne im Widder und Sonne im 1. Haus sowie disharmonische Sonne/​Mars-Aspekte

       Schuld

      Permanentes Durchsetzungsstreben, Ellenbogenegoismus, Voreiligkeit, Willkür, Selbstüberschätzung, Aktivität als aggressiver Selbstzweck, übertriebene Ich-Bezogenheit (uneinsichtig, naiv, geltungssüchtig, angeberisch)

       Strafe

      Von der Zerstörung aller Widerstände getrieben, bist du vom Gedanken besessen, alles Beeinträchtigende zu zerschmettern, denn du benötigst äußere Hindernisse, um sie mit der ganzen Lust deiner heldischen Impulsivität überwinden zu können. Deshalb bist du in dieser Hölle unaufhörlich mit dir selbst im Krieg. Vom Wunsch nach Überwindung irdischer Bindungen beseelt, bist du bestrebt, alles Behindernde zu vernichten, ohne zu bemerken, daß du gerade das, was du zu verhindern suchst, in seinen Wirkungen noch mehr bestärkst. Deshalb fühlst du dich wie von einer Horde innerer Dämonen getrieben, ständig um des Reagierens willen über dich und andere herzufallen, und bleibst trotz aller Aggressionen im Inneren ein Kind, ohne Geduld, langfristige Ziele gegen äußere Widerstände erfolgreich durchzuboxen. Wirst du in deiner Aggression gehindert, führt dies zu großer Frustration und Zorn, denn deine Absicht charakterisiert sich durch das Erstürmen deiner Ziele mittels der Tollkühnheit einer gebündelten und in den Brennpunkt der Aggression gebrachten Handlungsabsicht. Entziehst du dich den Konflikten aber umgekehrt durch Flucht, dann wirst du durch den Fleischwolf der Angstgefühle deiner verhinderten Aggressionen gedreht, was zeigt, daß du die ungelösten Probleme ungefiltert in dich hineinzuziehen versuchst, um dem Konflikt auf der inneren Ebene zu begegnen. Die Auseinandersetzung findet dann innerhalb deines eigenen Körpers statt, indem du die eingedrungenen Dämonen besiegen und wieder ausscheiden mußt.

       Lösung

      Deshalb steht diese Hölle auch für Wut und Übermut, die als verdrängte Angst wiederum ein Teil der Aggressionen sind. Dieser Teil ist es, der immer wieder nachwächst, weil es ja der unerlöste Teil in dir selbst ist, den du nicht besiegen, sondern nur akzeptieren und dadurch zurücknehmen kannst. Zwar symbolisiert er einerseits den Widerstand der Umwelt, den es zu vernichten gilt, andererseits ist er aber auch der Spiegel deiner inneren verdrängten Kraft, die dir so von außen ständig Angst einjagt, solange du nicht erkennst, daß die Voraussetzungen dazu in dir selbst liegen. Denn die Voraussetzung zur Verarbeitung eines solchen Konfliktes ist oftmals die Erkenntnis, daß die Schwierigkeiten in den verfehlten Zielansprüchen selbst liegen.

      Los, auf die Knie!» Neben der Tür stand ein Mann mit einem Widderkopf und schlug mit seinem Gummiknüppel wütend auf mich ein. Ich sank zu Boden; fiel in das Schreckensgewölbe der Seele. Ein Panoptikum von Angst und Aggressionen brach auf: Alte Erinnerungen wurden wie von einem Blitz jäh aus der Dunkelheit gerissen, setzten ihre Ladung in der Realität meines Erlebens ab und versanken wieder im Seelendunkel.

      «Wo kommst du her?» Ich drehte den Kopf. Der Mann stand hinter mir. Seine Lippen waren dünn und hart, seine Stimme bebte vor unterdrückter Wut.

      «Durch das Tor», sagte ich.

      «Und was willst du hier?»

      «Den Feuerwächter sehen!» entgegnete ich unerschrocken.

      «Weißt du nicht», sagte er und riß sich die Widdermaske vom Gesicht, «wer ich bin?» Es war der Odem meines alten Widersachers, der mich umfing: «Ich bin der unerlöste Schatten deines aggressiven Selbst und werde dich vernichten, wenn du mir nicht zu Willen bist.» Das mußte die lächerliche Welt männlicher Ur-Aggressionen sein, schoß es mir durch den Kopf, in der der unbekümmerte Gott des Zwistes sich ohne Rücksicht auf Gefühle durchsetzt. Seine Stimme bebte vor unterdrückter Wut: «Los, auf die Knie, oder ich schlag dir den Schädel ein!»

      «Ich bin nur aus Versehen hier …», stotterte ich unangenehm berührt.

      «Dann hast du keine Ahnung, wer ich bin», sagte er, und ich spürte plötzlich, wie der Atem der Zwietracht seiner Brust entwich. «Ich bin das unerlöste Opfer deines aggressiven Selbst und wünsche mir geköpft, kastriert, zermalmt, zerteilt, zerschmettert, verflüssigt oder sonstwie erlöst zu werden, um mich in der totalen Hingabe an die äußere Gewalt spüren zu können und nicht immer nur die anderen in ihren eigenen Spiegelbildern zerstören zu müssen …»

      «Verlang nicht so etwas von mir», stammelte ich verwirrt. «Ich bin nur ein isolierter Gedanke in deinem Hirn, der sich, aus deiner Zukunft betrachtet, in seiner eigenen Vergangenheit verfangen hat. Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich dir deinen Wunsch sicher gern erfüllen, doch bis dahin betrachte mich bitte nur als erstes Anklopfen deiner inneren Sehnsucht nach einer möglichen Manifestation.»

      «Tue’s jetzt», brüllte er und hielt mir den Knüppel hin, «oder ich schlag dir dein verflixtes Hirn zu Brei!»

      «Ich kann es nicht», stöhnte ich erschöpft. Da wurde mir mit einem Male klar, was Akron meinte, als er sagte, daß sich die Seelen in der Widder-Hölle der Aggressionen ihrer Gedanken nicht bewußt wären. Sie fielen mir spontan zu, ohne daß ich mir darüber Gedanken zu machen brauchte. Ich sank zu Boden. Dann merkte ich, wie er mich an den Haaren nach hinten zog, mir die Arme auf den Rücken drehte und wie wild auf mich einschlug. Ich fühlte mich von brutalen Armen durch die Menge geschoben, die Leiter zu einem hölzernen Podest hinaufgestoßen und unter eine Guillotine gezerrt. Die Glut der Flammen ergoß sich dunkelrot über den blutroten Korridor meiner Seele, und eine erstickende Ausdünstung trug noch dazu bei, die Ausbrüche meiner Seele zu vermehren. Ich hörte das schneidende Geräusch des Fallbeils, spürte einen stechenden Schmerz … Doch es war keine Guillotine, denn ich fühlte mich an den Beinen wie ein Schlachtvieh zu einem in den Boden eingelassenen Trichter geschleift und anschließend in den Mörser gestoßen, in dem rotierende Messer die hineingeworfenen Leiber zerstückelten und die zuckenden Glieder scheibchenweise wieder aus sich herausspuckten. Es war wie

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