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      Mars in Fische

       Vorhölle

      Die Vorhölle der Durchsetzungsschwäche an der Schwelle zur Aggression aus sexueller Unterdrückung

       Sünder

      Asoziale, Süchtige, Suizidenten, Penner, unberechenbare Trinker (Gewalttäter unter Drogen- oder Alkoholeinfluß), Spiegelfechter, Falschmünzer, Ränkeschmiede und alle Feiglinge unter dem Schlüsselbegriff «der besiegte Held»

       Disposition

      Der Schattenbereich von Mars in den Fischen und Mars im 12. Haus sowie disharmonische Mars/​Neptun-Aspekte

       Schuld

      Durchsetzungs- und Antriebsschwäche, Zersetzung der Kräfte (Selbstauflösung), Aggressionslähmung (Reizbarkeit, Schwäche), Chaos, Verwirrungen, Triebverirrungen, Versagensängste, Haltlosigkeit, Intrigen, Lüge, Lust und Sucht (das Abgleiten in den Sumpf falschen Vergnügens), Gleichgültigkeit, Unentschlossenheit, Apathie

       Strafe

      In dieser Hölle bist du dazu verurteilt, deine unterdrückten Aggressionen gegen dich selbst zu richten, denn deine flammende Triebnatur wird durch das Eintauchen in die ozeanischen Tiefengründe ihrer kreativen Feurigkeit beraubt und damit gezwungen, ihre persönlichen Ziele loszulassen und als körperloses, lebendiges Wassergespenst zu sühnen, das sich nur in den Visionen der Träumer und in den Räuschen der Süchtigen manifestieren kann. Durch die durch die innere Versagensangst potenzierte Aggressions- und Willensschwäche wird deine Aggressivität in den unbewußten Fische-Meeren gelähmt. Dadurch findest du Lust am Untergang, denn dieser Ort repräsentiert die vollständige Zerstäubung deiner Aggressionen und die innere Auflösung deiner libidinösen Instinktnatur. Als Symbol der Unterwerfung trägst du die Nabelschnur um den Hals, zum Zeichen, daß du die Gefühle der Hilflosigkeit und Schwäche jetzt annehmen kannst, denn diese Buße fordert dich zur inneren Hingabe auf, da die Zeit gekommen ist, die Aggressionen der Vergangenheit hinwegzuschwemmen und den Ich-Kern aufzulösen. Mit der Aufweichung des Ich verlierst du alle schützenden materiellen Hüllen: Du versinkst im bodenlosen Raum des Selbst und läßt dein Ego als Opfergabe auf dem Altar des Ewigen zurück.

       Lösung

      Noch bist du von den sexuellen Lockrufen der Sirenen besessen, die für die unerlösten Sehnsüchte stehen und dich wieder zu den Urquellen hinunterziehen wollen, gleichzeitig bist du aber schon auf dem Weg zum Großen Geist, denn der höhere Wille zieht dich aus den Wassern des Unbewußten zu den Visionen des himmlischen Erkennens hinauf. Das entspricht der Überwindung der eigensinnigen Autorität des Ich und der Bereitschaft, dich von einer höheren Kraft führen zu lassen. Vielleicht hast du dich aber auch an deine innere Schwäche gewöhnt, aus der heraus du dich selbst bedauerst, ohne zu merken, daß sich in dieser Haltung ja gerade dein innerer Wille erfüllt: keine Kriege zu führen, keine Kreaturen zu töten und dich nicht um jeden Preis durchsetzen zu wollen, eben kein brutaler Held, keine aggressive Amazone zu sein. Jetzt kannst du dir die Strafe verdienen – aber nicht, indem du die Aggressionen unterdrückst und damit für ihr sicheres Eintreffen sorgst, sondern indem du dich öffnest und die Aggressionen losläßt!

      Einen Moment war ich mir nicht sicher, ob ich wachte oder träumte, und ich rief nach Akron und fragte ihn, was mir widerfahren sei, denn ich fühlte mich von meinen inneren Gespenstern und Liebesdämonen umfangen und in die Tiefe gezogen.

      «Was ist mit mir geschehen?» fragte ich.

      «Du hast dich deiner infantilen Sehnsucht, dieser irisierenden und opalisierenden, aber unerreichbaren inneren Dämonin ausgeliefert. Vielleicht solltest du mir sagen, wie sie ausgesehen hat?»

      «Sie hatte grüne Haare und eine unverschämt erotische Ausstrahlung …» Als ich ihm gerade zu schildern begann, wie sie mich durchdrang, meinte er nur, dies sei ohnehin belanglos. Ich solle ihm lieber erzählen, ob sie mich angesehen habe.

      Ich sagte ihm, daß sie smaragdene Augen hatte, doch er sprach von der Leiche, die eine entfernte Ähnlichkeit mit mir aufwies und die er vergeblich ins Boot zu ziehen versuchte: «Hat sie dich angeschaut?»

      Ich konnte mich an diesen Vorfall nur sehr dunkel erinnern; ich wußte nur noch, daß Akron versuchte, eine Leiche ins Boot zu ziehen und ich ihn in dem Moment, wo er sich gerade anschickte, sie über die Kante an Bord zu hieven, umstieß, weil mir genau an dieser Stelle die Wassernixe erschien. «Ist das wichtig?» erwiderte ich.

      «Natürlich ist das wichtig», entgegnete er, «denn die Leiche ist ein Fragment deiner selbst, die Materialisation deiner negativen und aggressiven Gefühle. Hätte sie dich angeblickt, hättest du sterben müssen!»

      «Das paßt doch gut. Die Wassernixe hat mich angeschaut, die ich anstelle der Leiche sah», bestätigte ich.

      «Die Leiche wurde von der dynamischen Kraft deiner destruktiven Energien geformt. Während du sie bewußt hinter dem Gesicht der Nixe getarnt hast, kanntest du sie unbewußt sehr gut. Du hast die Maske der Sehnsucht auf das Gesicht der Verwesung gepfropft», sagte er nachdenklich, «und damit den Tod vorderhand unschädlich gemacht.»

      «Was bedeutet das?» Ich wollte wissen, was der Umstand zu bedeuten hatte, daß mich die Nixe genau an jener Stelle anlächelte, an der er die Leiche aus dem Wasser zog.

      «Das bedeutet, daß die schreckliche Veränderung nicht stattfinden konnte, weil du dein Bild nicht auf die Leiche übertragen hast. Hättest du die Leiche erblickt, hätte das nichts anderes besagt, als daß du in jenem Augenblick ertrunken wärst …»

      Ich erschrak. Die Welt vor meinen Augen wurde schwarz, und ich stand erstarrt – erstarrt über die ungeheuren Ahnungen, die in mir erwachten, über die Gewalt der psychischen Zusammenhänge, die plötzlich aus der Dämmerung des Unbewußten machtvoll zu mir aufstiegen: «Dann wäre die Leiche ja eine mögliche Materialisation dessen, was sich auch hätte verwirklichen können?»

      Akron lachte und ahmte mich nach, wie ich ihn daran hinderte, die Leiche an Bord zu ziehen: «Das war eine erneute Bestätigung, daß der Tod dich noch nicht will», sagte er, «und das gibt uns die Gewißheit, daß wir unsere Reise fortsetzen können. Der Tod ist noch nicht endgültig!»

      «Welcher Tod, Akron?» platzte ich heraus.

      «Der Tod ist für dich eine smaragdäugige Hexe mit algengrünem Haar. Mit glänzenden Augen schaut sie dich an, bis dir die Tränen kommen, und dann wird sie sich in die Woge deiner strömenden Sehnsucht stürzen, die dir aus dem Auge quillt, und in deinem Inneren verschwinden, nur noch ein blinder Fleck in deiner Pupille. Die Jahre vergehen, und die Zeit zerrinnt; aber am Ende des Lebens kommt sie zurück. Im Augenblick des Todes taucht sie vor dir auf, ihre Nägel graben sich in deinen Leib und ihre süße Nähe verwandelt deinen Schmerz ins Ungeheure, und jetzt erfährst du es: Es ist dein unerreichtes Mutterbild, das du gleichermaßen haßt wie liebst! Denn sie ist das Tor, das dich ins Leben entläßt; hier tragen dich die Wasser der Lethe in die Nacht der Finsternis zurück.»

      Ich war von seinen Worten sehr ergriffen, denn auf eine solche Antwort war ich nicht gefaßt. Lange Zeit konnte ich nichts sagen, und als mir endlich eine Frage einfiel, spürte ich die Wogen alter Erinnerungen über meinen Gedanken zusammenschlagen.

      «Los, schau’s dir an! Der Tod ist nicht der Zerstörer des Lebens, sondern die Voraussetzung zur Geburt …» Er gab mir von hinten einen Stoß, und ich fiel über die Bootskante ins Wasser. Dort verwandelte ich mich in eine Eizelle, die in den Tempel des Lebens hineinschoß, und gleichzeitig fühlte ich, wie sich die Gebärmutter mit Lebenswasser füllte. Aber als ich in den Geburtskanal eintrat, da sah ich eine neblige Gestalt.

      «Wo bin ich hier?»

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